Es ist eine erschreckende Zahl: Fast zwei Millionen Kinder sind in Deutschland mit ihren Eltern auf Grundsicherung vom Staat angewiesen. Das geht aus einer Auswertung der Bundesagentur für Arbeit hervor, über die die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichteten.
Bürgergeld und Kinderarmut: Was sich in den letzten acht Jahren verändert hat
Auch 2015 haben in Deutschland schon fast zwei Millionen Kinder und Eltern Hartz 4 (heute: Bürgergeld) bezogen. Die Zahl der von armutsbetroffenen Kindern stagniert also in Deutschland.
Allerdings hat die Auswertung der Agentur für Arbeit gezeigt, dass sich das Verhältnis deutscher und ausländischer Kinder im Bürgergeld-Bezug geändert hat. Waren 2015 noch rund 1,57 Millionen Kinder mit deutscher Staatsbürgerschaft auf Sozialleistungen angewiesen, sank die Zahl im März 2023 auf 1,03 Millionen.
Demgegenüber stieg die Zahl der Kinder, die keine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und Bürgergeld beziehen, von 365.000 auf 935.000. Damit haben derzeit knapp 48 Prozent der Kinder im Bürgergeld eine ausländische Staatsangehörigkeit — 2015 waren es rund 19 Prozent.
Dass heute mehr Kinder ohne deutsche Staatsbürgerschaft Grundsicherung beziehen, liegt an den Kriegen und Krisen der vergangenen Jahre: Seit 2015 kamen mehr als 300.000 Kinder aus Syrien, Irak, Afghanistan und anderen Asylherkunftsländern sowie, mit Beginn des russischen Angriffskriegs, etwa 270 000 Kinder aus der Ukraine hinzu.
Übrigens: Für 2024 ist eine Erhöhung des Bürgergelds im Gespräch. Sozialverbände fordern zusätzlich Soforthilfen und eine Erhöhung auf 725 Euro.
Bürgergeld und Kinderarmut: Streit über Kindergrundsicherung
Über die Kindergrundsicherung wird in Deutschland schon seit Jahren gestritten — obwohl laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung heute jedes fünfte Kind in Deutschland armutsgefährdet ist. "Wer als junger Mensch in Armut aufwächst, leidet täglich unter Mangel, Verzicht und Scham und hat zugleich deutlich schlechtere Zukunftsaussichten", hieß es aus der Bertelsmann Stiftung dazu. Das sei sowohl für die Betroffenen selbst als auch für die Gesellschaft als Ganzes untragbar.
Die Kindergrundsicherung „soll aus einem für alle Kinder gleich hohen Garantiebetrag bestehen, der das heutige Kindergeld ablöst, und einem einkommensabhängigen Zusatzbetrag“, heißt es auf der Website des Bundesfamilienministeriums. Mit dem Zusatzbetrag der Kindergrundsicherung sollen Familien mit weniger Einkommen stärker unterstützt werden. Es gehe darum, Armutsrisiken zu verringern und allen Kindern die gleichen Start- und Entwicklungschancen zu eröffnen. Die Bundesregierung will die Kindergrundsicherung noch in dieser Legislaturperiode einführen.
Bürgergeld: So viel Geld bekommen Kinder
Vor allem die Grünen plädieren auch dafür, dass mit der Kindergrundsicherung die Sozialleistungen erhöht werden, um mehr gegen Kinderarmut in Deutschland zu tun. Momentan liegt der Bürgergeld-Regelsatz für Kinder im Alter 14 bis 17 Jahren bei 420 Euro. Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren erhalten 348 Euro und Kinder bis einschließlich fünf Jahre bekommen 318 Euro. Allerdings wird das Kindergeld (250 Euro) auf die Kinder Sätze des Bürgergelds angerechnet. „Das bedeutet, dass sich die Kinder Regelsätze um 250 Euro verringern“, wie der Verein für soziales Leben e. V. auf seiner Website erklärt.
Opposition ist gegen eine Erhöhung der Sozialleistungen
Anders als die Grünen will die Opposition die Sozialleistungen nicht erhöhen. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Stracke (CSU), warnte die Ampel-Koalition in der FAZ: Es bringe die Menschen nicht in den Arbeitsmarkt, sondern mache sie in Wahrheit abhängiger vom Staat.
Auch aus der FDP kommt Kritik. Der FDP-Sozialpolitiker Jens Teutrine sprach sich ebenfalls gegen höhere Geldleistungen für Grundsicherungsbezieher aus. Kinderarmut, sagte er, sei häufig die Folge von Erwerbsarmut der Eltern. „Immer nur die Geldsumme von Sozialleistungen zu erhöhen, löst diese Ursache allerdings nicht.“