Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Britische Royals: Partys, Paraden und Pudding: Kann das Thronjubiläum der Queen die Briten aufheitern?

Britische Royals

Partys, Paraden und Pudding: Kann das Thronjubiläum der Queen die Briten aufheitern?

    • |
    Als „Mutter der Nation“ bezeichnet eine Expertin Königin Elizabeth II., die im April 96 Jahre alt wird.
    Als „Mutter der Nation“ bezeichnet eine Expertin Königin Elizabeth II., die im April 96 Jahre alt wird. Foto: Steve Parsons, PA Pool/AP/dpa

    Sie muss es richten. Mal wieder. Wer auch sonst? Wenn eine das kann, dann sie. Eine Mission zur Aufhellung der nationalen Stimmung, wenn man so will. Eure Majestät, übernehmen Sie! Es gibt dafür ja einen schönen Anlass.

    Die Grundstimmung der Briten ist die: Es gibt derzeit wenig zu lachen. Nicht nur, weil die Bürgerinnen und Bürger unter den hohen Preisen von Strom, Gas und Lebensmitteln ächzen, sondern auch, weil die Enthüllungen um Partys mit Wein, Käse und Kuchen in der Downing Street und weiteren Ministerien während des Lockdowns im Jahr 2020 kein Ende nehmen wollen. Sue Gray, eine Beamtin im Kabinett, die passender- oder auch ironischerweise einige Zeit ein Pub in Nordirland betrieb und zu den Sünden der Regierung ermittelte, sprach in ihrem Bericht diese Woche von großen Fehlern in der Führungsebene – und rügte damit vor allem Premier Boris Johnson. Die Partys hätten nicht stattfinden sollen, betonte sie. Erst recht nicht, wenn der Rest des Landes, den Regeln folgend, monatelang auf so vieles verzichten musste.

    Wenn Boris Johnson könnte, würde er vielleicht eine riesige Party für die Bewohnerinnen und Bewohner der Insel ausrichten, um die ganze Sache wieder geradezubiegen und für gute Stimmung zu sorgen. Denn eine Entschuldigung, so räumte der 57-Jährige dieser Tage ein, reiche nicht aus. Aus verständlichen Gründen ist dies jedoch nicht möglich, denn sein Job ist es ja eigentlich, das Land zu regieren.

    70 Jahre Thronjubiläum: Die Krönung kam für Elizabeth II. erst nach 16 Monaten

    Umso besser, dass eine andere wichtige Person, eigentlich die wichtigste Person, dieses Jahr groß mit den Landsleuten feiern darf: die Queen. Am kommenden Sonntag begeht die 95-Jährige ihr 70. Thronjubiläum. Am 6. Februar 1952 – ein ganzes Leben ist das her – wurde Elizabeth unmittelbar nach dem Tod ihres Vaters George VI. zur Königin ausgerufen. Erst 16 Monate später, am 2. Juni 1953, fand dann die Krönung in der Westminster Abbey in London statt.

    Elizabeth als junge Frau an der Seite ihres Vaters König George VI., der am 6. Februar 1952 starb.
    Elizabeth als junge Frau an der Seite ihres Vaters König George VI., der am 6. Februar 1952 starb. Foto: UPI, dpa

    Bei den jetzigen Feierlichkeiten, die das ganze Jahr, vor allem aber Anfang Juni stattfinden sollen, setzt man auf Superlative. Geplant sind imposante Paraden, ein gigantisches Picknick, ausgelassene Straßenfeste sowie ein Aufgebot von Stars vor dem Buckingham-Palast. Immer mit dabei ist der Union Jack – auf Mützen, Tischdecken und Taschen.

    Zuckerbäckerinnen und -bäcker wurden dazu aufgerufen, anlässlich des Thronjubiläums einen neuen Nachtisch zu kreieren. Der offizielle Titel des Wettbewerbs lautet: „Platinum Pudding Competition for the Queen“. Wer jedoch denkt, dass sich die Konditoren nun daranmachen, neue Puddings zu Ehren der Königin zu erfinden, hat sich getäuscht. Denn der Begriff Pudding wird auf der Insel für alle möglichen Formen von Süßspeisen verwendet. Der Fantasie der Teilnehmer sind also kaum Grenzen gesetzt. Fachleute raten den Bäckern jedoch auf jeden Fall dazu, dem Nachtisch ein paar saisonale Früchte hinzuzufügen. Außerdem dürfe Schokolade nicht fehlen, weil nicht nur die Monarchin diese besonders gerne isst. Der Sieger-Pudding soll im Rahmen der Feierlichkeiten neben der Queen schließlich auch dem Rest der Briten munden.

    Elizabeth II. ist bei knapp drei Vierteln der Bevölkerung in Großbritannien beliebt

    Doch wieso wird das Jubiläum der Königin eigentlich so groß begangen? Zum einen gibt es den Britinnen und Briten die Möglichkeit, ihre Königin zu feiern. Denn diese erfreut sich in der Bevölkerung nach wie vor großer Beliebtheit. Dies belegen Umfragen des Meinungsforschungsinstituts YouGov. Demnach ist Elizabeth II. bei knapp drei Vierteln der Bevölkerung beliebt.

    „Seit dem Tod ihrer Mutter im Jahr 2002 ist sie die neue Mutter der Nation“, sagt Pauline MacLaran, die sich an der Royal Holloway Universität in London mit dem Bild der königlichen Familie befasst, im Gespräch mit unserer Redaktion. Sie vermittle durch ihr Festhalten an britischen Traditionen ein Gefühl von Sicherheit. „Paraden und Feste spielen dabei eine große Rolle“, ergänzt Jane Ridley, Professorin für moderne Geschichte an der University of Buckingham, die unter anderem ein Buch über Königin Victoria geschrieben hat. Die Monarchie könne so zeigen, welchen Zweck sie in der heutigen Zeit erfüllt. Statt zu regieren, bringe sie die Menschen zusammen und ließe sie an einem Strang ziehen, wie kürzlich während der Pandemie.

    Queen Elizabeth feiert 70 Jahre auf dem Thron: Die Freude über die Monarchie ist jedoch getrübt

    Die Feierlichkeiten anlässlich des Jubiläums geben den Briten außerdem die Gelegenheit, mit dem Königshaus in Kontakt zu treten. Begeisterung entsteht dabei durchaus auf beiden Seiten, wie Ridley zufolge ein Blick in die Geschichte belegt. Victoria beispielsweise, die einem ganzen Zeitalter in Großbritannien ihren Namen gegeben hat, soll bei ihrem 60-jährigen Thronjubiläum 1897 angesichts der jubelnden Untertanen auf Londons Straßen die eine oder andere Träne vergossen haben.

    Die Freude über die Monarchie ist dieses Jahr jedoch getrübt. Denn mit Blick auf den Gesundheitszustand von Elizabeth II. ist noch nicht klar, an welchen Veranstaltungen des Platin-Jubiläums sie tatsächlich teilnehmen kann. Schon im vergangenen Jahr musste die 95-Jährige, die sonst als pflichtbewusster Workaholic gilt, auf Rat ihrer Ärzte viele öffentliche Auftritte absagen, ihre Teilnahme an der Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow zum Beispiel sowie am Volkstrauertag im November – für die Monarchin eigentlich ein Pflichttermin.

    Doch selbst wenn die sonst eher rüstige Queen womöglich nicht überall persönlich mitfeiern kann – sie hat ja noch ihre Familie. Und so wird erwartet, dass sie von Prinz William und Herzogin Catherine tatkräftig unterstützt und vertreten wird – und natürlich von ihrem Sohn Prinz Charles sowie

    Neben der Gesundheit der Queen bereitet noch etwas anderes Sorgen, nämlich die wiederkehrenden Offenbarungen der US-Auswanderer Harry und Meghan. Obwohl diese längst nicht mehr in Großbritannien leben, kommen sie nicht aus den Schlagzeilen. Zum Leidwesen vieler Landsleute, die das Drama um das Paar längst satthaben. Unvergessen ist der Auftritt von Harry und Meghan bei der Talkshow-Ikone Oprah Winfrey im vergangenen Jahr. Damals schossen die Sussexes, wie sie heutzutage genannt werden wollen, verbal in Richtung Königreich, es war von Rassismus die Rede und von Depressionen.

    Besonderes Unbehagen bereitet dem Königshaus der angebliche Lieblingssohn der Queen: Prinz Andrew

    Im Sommer will Prinz Harry außerdem seine Memoiren veröffentlichen. Er selbst ließ sich mit dem Satz zitieren, er schreibe das Werk „nicht als geborener Prinz“, sondern „als Mann, der er wurde“. Hinzu kommen millionenschwere Deals mit den Streaming-Plattformen Netflix und Spotify. Fachleuten zufolge macht das Paar, seinem Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit folgend, mit Interviews, Büchern, Podcasts und Serien nun das zu Geld, was sie haben: ihren royalen Hintergrund. Das nehmen ihnen viele Britinnen und Briten übel.

    Besonderes Unbehagen bereitet dem Königshaus jedoch der angebliche Lieblingssohn der Queen: Prinz Andrew. Während ihm die britischen Medien in den 80er Jahren vor allem ein schlechtes Urteilsvermögen und Geldverschwendung ankreideten, wiegen die aktuellen Vorwürfe gegen ihn bedeutend schwerer.

    Die 38-jährige US-Amerikanerin Virginia Giuffre wirft ihm vor, sie in den 90er Jahren misshandelt zu haben, drei Mal auf dem Anwesen des mittlerweile verstorbenen Sexualstraftäters Jeffrey Epstein – in London, New York und auf den Jungferninseln. Giuffre strengte deshalb eine Klage vor einem Zivilgericht in den USA an. Dies veranlasste die Königin zu einem drastischen Schritt. Um den Schaden zu begrenzen und die „Firma zu retten“, entzog sie Andrew kürzlich alle öffentlichen Ämter und militärischen Grade. Kürzlich verschwand der 61-Jährige außerdem aus den sozialen Medien.

    Nun, da der Prinz fast nichts mehr zu verlieren hatte, ging dieser erst recht auf Konfrontationskurs zu Giuffre. Seine Anwälte verlangen, dass der Fall vor einem Geschworenengericht in den USA verhandelt wird. Für ihn aussagen soll offenbar ausgerechnet Kevin Spacey, jener US-Schauspieler, der 2017 aufgrund von Missbrauchsvorwürfen seine Karriere beenden musste. Er soll bestätigen, dass die Freundschaft zwischen Andrew und der Britin Ghislaine Maxwell, der Partnerin Epsteins, die wegen Beihilfe zu sexuellem Missbrauch verurteilt wurde, nicht so eng war, wie immer wieder behauptet wird. Ob das wirklich eine gute Idee ist?

    Harry, Meghan, Prinz Andrew – irgendein Skandal ist immer

    Sean O’Grady von der britischen Tageszeitung Independent jedenfalls fragt sich, ob neben gewissen taktischen Gründen nicht doch wieder einmal die Arroganz des Prinzen eine Rolle bei dieser Entscheidung spielte. Denn schließlich dachte Andrew schon im Jahr 2019, dass er die Gerüchte um seine Verbindungen zu Epstein mit einem BBC-Interview aus der Welt schaffen könnte. Damals stellte er sich den Fragen der Journalistin Emily Maitlis. Was als Befreiungsschlag gedacht war, endete in einem Desaster. Er verlor kein Wort der Reue über die Freundschaft mit dem verurteilten Sexualstraftäter.

    Schlimmer noch: Auch an die Begegnung mit der damals 17-jährigen Giuffre, damals hieß sie noch Roberts, könne er sich nicht erinnern, behauptete Andrew. Und das, obwohl ein Foto existiert, auf dem er den Arm um sie legt.

    Königin Elizabeth II. am 2. Juni 1953 nach der Krönung in der Westminster Abbey.
    Königin Elizabeth II. am 2. Juni 1953 nach der Krönung in der Westminster Abbey. Foto: Press Association, dpa

    Könnten weitere schlechte Nachrichten um Andrew und die Sussexes die Festlichkeiten anlässlich des Thronjubiläums der Queen überschatten? „Das hängt davon ab, wie sich der Prozess entwickelt und ob erneut Skandale auftauchen“, meint Pauline MacLaran. Dass das Spektakel um Prinz Andrew die Monarchie jedoch generell gefährdet, glaubt sie nicht. „Ich denke, dass sowohl Andrew als auch die Monarchie diese Krise überleben werden.“ Schließlich gebe es immer irgendeine Art von Krise – sowohl für die Monarchie als auch für das Land. „Wenn eine vorüber ist, taucht eine andere am Horizont auf.“

    Eine Sache ist aus Sicht der Expertin jedoch klar: „Das Schloss wird alles dafür tun, dass die Jubiläumsfeierlichkeiten mehr Aufmerksamkeit bekommen als der Skandal“ – mit einem Picknick, Partys, Paraden und einem Pudding für die Queen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden