Das Borna-Virus ist in Bayern angekommen. Das Landratsamt teilte mit, dass das Borna-Virus bei einem Menschen in Bayern nachgewiesen wurde. Es soll sich um eine Person aus dem Landkreis Mühldorf am Inn handeln. Die Infektion ist ein dramatischer Befund, da die Krankheit meist tödlich verläuft. In Deutschland kommt das Virus in der Regel nur sehr selten vor, doch in dem entsprechenden Landkreis hatte es auch in den vergangenen drei Jahren schon zwei Borna-Virus-Infektionen gegeben. Etwa zwei Fälle pro Jahr werden in Deutschland bekannt. Wissenschaftler gehen von einer geringen Dunkelziffer und von bis zu sechs Fällen pro Jahr aus. Doch wie wird der tödliche Erreger übertragen und was steckt dahinter? Ein umfassender Überblick.
Definition und Erklärung: Was ist das Borna-Virus?
Gleich vorneweg: Der Erreger ist bislang noch unzureichend erforscht. Das hat den Grund, dass lange davon ausgegangen wurde, dass es sich ausschließlich um eine Tierseuche handelt. Diese ist seit über 250 Jahren unter den Beizeichnungen "Pferdeborna", "klassische Borna" oder "Borna Disease Virus 1" (BoDV-1) bekannt. Im Jahr 2018 wurde das Borna-Virus zum ersten Mal bei einem Menschen identifiziert. Die Person hatte unter einer schweren Gehirnentzündung gelitten. Unterscheiden muss man BoDV-1 von dem Bunthörnchen-Bornavirus. Auch dieses ist auf den Menschen übertragbar und kann Ursprung für schwere Gehirnhautentzündungen sein. Entdeckt wurde das laut dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Jahr 2015.
Bekannt ist, dass das klassische Borna eine Hirnentzündung auslöst. Diese endete in nahezu allen bekannten Fällen tödlich. Überlebende blieben in der Regel mit schweren Folgeschäden zurück. Seit der ersten nachgewiesenen Infektion eines Menschen in Deutschland versuchen die Bornavirus Focal Point Bayern und ZooBoCo mehr über BoDV-1 herauszufinden. Die Forschungsverbünde beschäftigen sich mit Virusträgern, Risikofaktoren, Übertragungswegen und möglichen Verläufen des Borna-Virus.
Wie kann BoDV-1 übertragen werden?
Bei der klassischen Borna-Virus-Infektion gilt die Feldspitzmaus bislang als einzig bekanntes Reservoir – also als einzig bekannter Überträger. Infizierte Feldspitzmäuse können das Borna-Virus über den Speichel, den Kot und den Urin ausscheiden. Es ist wahrscheinlich, dass Pferde und Schafe sich recht häufig mit dem Virus infizieren, da sie beim Fressen mit den Ausscheidungen von Feldspitzmäusen in Kontakt kommen. Die Maus muss also nicht berührt werden, die Aufnahme von verunreinigten Lebensmitteln oder verunreinigtem Wasser können bereits für eine Infektion ausreichen. Das gilt auch für den Menschen. Außerdem fanden Forscherinnen und Forscher heraus, dass der Erreger durch das Einatmen von kontaminiertem Staub und Bissverletzungen auf den Menschen übertragen werden kann.
Das Robert Koch-Institut (RKI) geht davon aus, dass Tiere wie Hauskatzen als Bindeglied einer Übertragungskette fungieren. Die Logik dahinter: Die Katzen jagen Mäuse, infizieren sich und bringen das Borna-Virus dann mit nach Hause. Aktuell untersuchen die Forschungsverbünde vor allem, ob auch verwandte Spitzmausarten das Virus übertragen können, beispielsweise die Gartenspitzmaus.
Die gute Nachricht: Eine Übertragung des Borna-Virus von Mensch zu Mensch halten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler derzeit für unwahrscheinlich.
Welche Symptome sind typisch für das Borna-Virus?
Bislang gibt es keine spezifische Therapie, die bei einer Infektion mit dem Borna-Virus angewendet werden kann. Auch das ist ein Grund dafür, dass fast alle bekannten Fälle tödlich verliefen. Umso wichtiger ist es, einen Blick auf die Symptome zu werfen. Laut dem RKI sind folgende Symptome typisch für eine Infektion mit dem Erreger:
- Im Anfangsstadium: Fieber, allgemeines Krankheitsgefühl und Schwächegefühl, Kopfschmerzen
- Im weiteren Verlauf: Neurologische Verhaltensauffälligkeiten und Symptome wie Gang- und Sprachstörungen
- Im fortgeschrittenen Stadium: Koma in Folge einer schweren Gehirnentzündung (Enzephalitis)
In welchen Regionen tritt das Borna-Virus auf?
Bei dieser Frage ist es vor allem wichtig darauf zu blicken, in welchen Regionen die Feldspitzmaus vorkommt, denn dort befinden sich auch Gefahrenherde für das Virus. Die Feldspitzmaus lebt vor allem in Mittel- und Südosteuropa. In Deutschland kommt sie vor allem in östlichen Regionen vor, was für Bayern, Sachsen-Anhalt und Thüringen gilt. Zuletzt trat das Virus vor allem in Bayern auf. Auch in Österreich, der Schweiz und Liechtenstein wurde das Borna-Virus bereits bei Tieren nachgewiesen.
Wie wahrscheinlich ist eine Infektion mit dem Borna Disease Virus 1?
Seit 1996 liegt die Zahl der Infektionen nach Analyse durch das bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Deutschland im mittleren zweistelligen Bereich. Im Jahr 2021 wurden mit sieben Infektionen die meisten innerhalb eines Jahres bekannt. Fünf davon gab es in Bayern. Auch in Brandenburg, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen tauchen vereinzelt Fälle in der Statistik auf. Übrigens: Seit dem 1. März 2020 herrscht in Deutschland eine Meldepflicht für Infektionen mit dem Borna-Virus. Der Virusnachweis muss an die Labore des Gesundheitsamtes geliefert werden.
Wenn man sich die Zahlen ansieht, dann wird klar, dass es über die Jahre nur sehr wenige Fälle gab. Zuletzt war aber ein leichter Anstieg zu verzeichnen, weswegen das Virus weiter erforscht werden muss.
Borna-Virus: Impfung und Schutz
Da das Infektionsrisiko mit dem Borna-Virus noch als gering eingeschätzt wird, gibt es auch noch keine Impfung gegen den Erreger. Damit sich Menschen trotzdem vor dem Virus schützen können, hat das RKI eine Empfehlung für Vorsichtsmaßnahmen abgegeben.
- Kontakt mit Spitzmäusen grundsätzlich meiden
- Keine Spitzmäuse als Haustiere halten
- Keine Spitzmäuse, egal, ob lebend oder tot, mit bloßen Händen berühren
In welchen Gebieten in Deutschland kommt das Borna-Virus vor?
Da das Borna-Virus von der Feldspitzmaus übertragen wird, kommt es laut BMBF auch nur im Lebensraum der Tiere vor. Zu den Risikogebieten in Deutschland zählen demnach vor allem Bayern, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Teile der angrenzenden Bundesländer. Das BMBF gibt aber Entwarnung. Auch in diesen Gebieten sei das Verbreitungsgebiet des Virus beschränkt, das BoDV-1 auch unter Feldspitzmäusen nicht weit verbreitet sei.