Wie konnte ein ausgelassenes Dorffest in der südostfranzösischen Region Drôme am Samstagabend in einem Blutbad enden? Im Örtchen Crépol in der Nähe von Valence herrschen Tage nach dem brutalen Ende einer Feier mit knapp 400 Teilnehmern Entsetzen und Fassungslosigkeit. Zu fortgeschrittener Stunde war eine Gruppe von ungefähr zehn Männern erschienen. Einlass gab es nur nach vorheriger Anmeldung, was bei ihnen nicht der Fall war. Es kam zu einer Auseinandersetzung eines Mannes mit einem Sicherheitsmann, dieser wurde verletzt, Besucher eilten ihm zu Hilfe. In der Folge eskalierte die Situation, es kam laut Staatsanwalt zu einer Schlägerei. Die Angreifer waren mit Messern bewaffnet und sollen auch mit Steinen geworfen haben. Sie töteten einen 16-Jährigen und verletzten acht weitere Personen, darunter zwei schwer.
Zeugen sprachen von einem „Gemetzel“. Der DJ hatte gerade im Inneren des Festsaals das Ende des Abends angekündigt, die Menschen strömten zu den Ausgängen – und stießen draußen auf erschütternde Szenen. Die erlebte entfesselte Gewalt sei „beispiellos“ in einem 500-Seelen-Dorf, sagte eine Sprecherin der nationalen Gendarmerie. Der zuständige Staatsanwalt Laurent de Caigny sprach von einem „geplanten Ausflug“ der Angreifer, ohne ein klares Motiv zu nennen. „Sie sind mit dem Ziel zu töten gekommen“, sagte die Rentnerin Josette Place, Mitglied des Organisationskomitees der Feier, gegenüber der französischen Nachrichtenagentur AFP.
Messerangriff im französischen Crépol: Die Tatverdächtigen wurden aufgegriffen
Innenminister Gérald Darmanin kündigte am Dienstagnachmittag in der Nationalversammlung an, dass sieben Tatverdächtige in der Nähe von Toulouse aufgegriffen wurden. Die Verantwortlichen würden für ihre „verabscheuenswerten Taten bestraft“, versprach Darmanin. Zwei weitere Personen wurden in Romans-sur-Isère, knapp 20 Kilometer von Crépol entfernt, festgenommen.
Es war auch der Heimatort des 16-jährigen Thomas, dessen Hinterbliebene am Mittwoch einen Schweigemarsch für ihn organisierten. Der Jugendliche war noch in der Samstagnacht auf dem Weg ins Krankenhaus von Lyon seinen schweren Verletzungen erlegen. Die Route des Marsches führte von seinem Gymnasium bis zum Stadion der örtlichen Rugby-Mannschaft, deren Kapitän er war. „Diese Zusammenkunft soll aus Respekt für die Familie unpolitisch sein“ hieß es bei der Einladung. In den vorangegangenen Tagen war der tragische Tod des Jugendlichen von mehreren Rechtsextremen ausgeschlachtet worden.
Noch bevor es klare Erkenntnisse über die Täter gab, sprach Marion Maréchal, Enkelin des Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen, von „Rassismus gegen Weiße“ als Motiv. Sie zieht als Spitzenkandidatin für die ultrarechte Partei Reconquête in den EU-Wahlkampf. Deren Hauptthema ist die Warnung vor einem bevorstehenden „Zivilkrieg“ in Frankreich zwischen „ursprünglichen“ Franzosen und Eingewanderten.
Überfall auf Dorffest: Staatsanwalt widerspricht vorschnellen Behauptungen
Pierre-Romain Thionnet, Chef der Jugend-Organisation des rechtsextremen Rassemblement National, beklagte die „Verwilderung“ eines Frankreichs, das auf den Schutz seiner „besonderen Zivilisation“ verzichte, weil es Ausländer aufnehme, die nicht zur „Beherrschung ihrer Triebe“ in der Lage seien. In den sozialen Netzwerken zirkulierten ungesicherte Informationen über die angeblichen Täter, die demnach aus dem Sozialbauviertel „La Monnaie“ in Romans-sur-Isère stammten. Es ist wegen Rauschgifthandel und hoher Kriminalität berüchtigt.
Diesen vorschnell veröffentlichten Behauptungen widersprach Staatsanwalt de Caigny: Es sei nicht zutreffend, dass die Verdächtigen aus derselben Stadt und demselben Viertel kämen. Die Verbindungen zwischen ihnen beruhten nicht nur auf dem Wohnort. Bei dem mutmaßlichen Haupttäter, der dem 16-jährigen Thomas den tödlichen Messerstich verpasst haben soll, handele es sich um einen 20-jährigen Franzosen aus dem Zentrum von Romans-sur-Isère.