Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Blasphemie: Italien streitet über Fernsehwerbung: der Leib Crispy

Blasphemie

Italien streitet über Fernsehwerbung: der Leib Crispy

    • |
    Für viele ein Ärgernis: Ein Priester legt in dem TV-Werbespot einer Nonne statt der Hostie einen Kartoffelchip auf die Zunge.
    Für viele ein Ärgernis: Ein Priester legt in dem TV-Werbespot einer Nonne statt der Hostie einen Kartoffelchip auf die Zunge. Foto: Robert Michael, dpa (Symbolbild)

    Ganz in Weiß schreiten die Nonnen aus dem Kreuzgang in die Kirche. Im Hintergrund ist das „Ave Maria“ von Franz Schubert zu hören. In der Kirche am Altar bereitet der Priester die Kommunion vor. Die schöne Ordensschwester, die als erstes die Hostie in den Mund gelegt bekommt, ist beim knackigen Biss in dieselbe fassungslos vor Genuss. Anstatt einer trockenen Oblate hat der fast blinde Priester der Nonne einen Kartoffelchip auf die Zunge gelegt.

    Der Verband der katholischen Fernsehzuschauer forderte die „sofortige Einstellung“

    Den 30 Sekunden langen TV-Spot, der bis vor wenigen Tagen noch auf den italienischen Mediaset-Kanälen ausgestrahlt wurde, fanden nicht alle witzig. Der Verband der katholischen Fernsehzuschauer, Aiart, forderte die „sofortige Einstellung“ der Werbung, und hatte damit Erfolg. Giovanni Baggio, Vorsitzender des Verbands, beschuldigte den Kartoffelchips-Hersteller Amica, Blasphemie zu betreiben, um den Absatz des eigenen Produkts zu steigern. Baggio behauptete, die Werbung verletze „die Sensibilität von Millionen praktizierender Katholiken“ und sei „empörend“, weil darin ein Kartoffelchip der geweihten Hostie, dem Leib Christi, gleichgesetzt werde.

    Die katholischen Fernsehzuschauerinnen und -zuschauer standen mit ihrer Kritik nicht allein da. Auch die Zeitung Avvenire, das Blatt der italienischen Bischöfe, kommentierte den Werbespot in einem Artikel mit der Überschrift „Beleidigung der Eucharistie und der Nonnen“. Christus sei auf einen Kartoffelchip reduziert worden, „erniedrigt und verleumdet wie vor 2000 Jahren“. Vielleicht schoss die Kritik damit aber auch ein wenig über das Ziel hinaus, indem sie die Leidensgeschichte Jesu in einem ironischen Werbespot fortgesetzt sah

    Das italienische Fernsehpublikum kann jetzt auch nicht mehr sehen, wie der TV-Spot zu Ende geht

    Wie auch immer: Das Institut für die Selbstkontrolle in der Werbung (IAP) setzte ihn kürzlich tatsächlich ab. Entscheidungsgrundlage war Artikel 10 des Kodex für die Selbstkontrolle der kommerziellen Kommunikation. Der untersagt die Beleidigung „moralischer, ziviler und religiöser Überzeugungen“.

    Ob das nun ein Gewinn oder Verlust ist, kommt ganz auf den Standpunkt an. Das italienische Fernsehpublikum kann jetzt jedenfalls nicht mehr sehen, wer die Urheberin des perfiden Tauschs von Chip und Hostie ist: Am Ende des Spots ist die übergewichtige Ordensobere zu sehen, wie sie sich ebenso genüsslich wie zwanghaft den Rest der Chips-Packung einverleibt. „Das alltäglich Göttliche“, sagt dann eine Sprecherin und preist die italienische Kartoffelchips-Marke an.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden