Am Tag nach der Katastrophe flackern rote Friedhofskerzen vor den Gittern, mit denen die Polizei den Unglücksort an der Strandpromenade absperrte. Vor dem eingestürzten Medusa Beach Club, eine bei Touristen wie Einheimischen beliebte Bar an Mallorcas Playa de Palma mit Restaurant und Dachterrasse, versammeln sich Hunderte von Schaulustigen. Entsetzen spiegelt sich in ihren Gesichtern.
Einige der Passanten machen Fotos von jenem Strandrestaurant, in dem am Donnerstagabend ein Teil der Dachterrasse einstürzte und die dort feiernden Menschen mit sich riss. Die Trümmer fielen auf weitere Gäste, die im Erd- und im Kellergeschoss an Tischen und an der Bar saßen. Am Freitagmorgen meldet die Feuerwehr, dass es keine Verschütteten mehr gibt. Alle Opfer konnten geborgen werden. Die Bilanz dieser Horrornacht: vier Tote und 21 Verletzte – darunter viele Urlauber. Unter den Todesopfern befinden sich nach Polizeiangaben zwei deutsche Touristinnen, sie sollen 20 und 30 Jahre alt sein. Die anderen beiden Toten sind eine 23 Jahre alte spanische Kellnerin des Beach Clubs und ein 44-jähriger Einheimischer, der aus dem Senegal stammt und in der nahen Disco Magic als Türsteher arbeitete.
Auch unter den Verletzten sollen deutsche Touristen sein
Keiner der Verletzten befand sich am Freitag noch in Lebensgefahr, teilte die Rettungsleitstelle mit. Die meisten erlitten Knochenbrüche, Blutergüsse und Platzwunden. Unter jenen, die Verletzungen erlitten, sollen sich ebenfalls Touristen aus dem deutschsprachigen Raum befinden, zudem einige Engländer und mindestens sieben Niederländer. Weitere Angaben wurden von den Behörden zunächst nicht gemacht.
Wenige Tage vor dem Unglück hatte der Medusa Beach Club in den sozialen Netzwerken die Eröffnung einer neuen Dachterrasse angekündigt. Eine Chillout-Terrasse mit Sofas und herrlichem Blick aus Meer, auf der die Menschen am Donnerstagabend feierten und den Sonnenuntergang über der Bucht von Palma genossen. Doch die Party endete mit einer Tragödie: Die Terrasse stürzte plötzlich gegen 20 Uhr mit einem lauten Krachen ein.
Es werden Baumängel vermutet
Schon Stunden nach dem Unglück kommen Vermutungen auf, dass es Baumängel in dem Gebäude gegeben habe, das bereits ziemlich alt sein soll. Der Chef der örtlichen Feuerwehr, Eder García, sagte noch in der Nacht: „Die Terrasse ist wahrscheinlich wegen einer zu großen Belastung heruntergestürzt.“ Waren an diesem Abend eventuell zu viele Menschen auf der neu eröffneten Terrasse? Wurde bei den Umbauarbeiten, die kurz zuvor beendet worden sein sollen, gepfuscht?
Am Freitagmorgen begannen Ermittler der Kripo und der städtischen Bauaufsicht, in dem eingestürzten Partyklub nach möglichen Ursachen zu suchen. Der Chef der mallorquinischen Architektenkammer, Bernat Nadal, schloss nicht aus, dass die Umbauarbeiten nicht korrekt durchgeführt worden sind. „Es ist möglich, dass es da einen Zusammenhang gibt“, sagte er.
Anwohner machen Behörden schwere Vorwürfe
Anwohner werden deutlicher und sprechen von Schlamperei. Sie werfen den Behörden vor, die Bausubstanz und die Sicherheit der Bars, Restaurants und Diskotheken an der Playa de Palma nicht ausreichend zu kontrollieren. „Wir befürchteten, dass das einmal passieren könnte“, sagte Francisco Nogales, der Vorsitzende des Nachbarschaftsvereins, gegenüber der Inselzeitung Ultima Hora. „Die Gebäude hier sind zwischen 80 und 90 Jahre alt, es werden keine Inspektionen durchgeführt und der Zustand verschlechtert sich.“
In der Tat machen etliche Gebäude des Partyviertels an der Playa de Palma nicht durchweg einen modernen Eindruck. Es wird nach Angaben der Anwohner viel improvisiert und Mängel werden mit Farbe, schummriger Beleuchtung und mediterraner Dekoration kaschiert. Aber es werde wenig gründlich saniert, heißt es. Galt dies auch für den Medusa Beach Club?
Es hätte noch schlimmer kommen können ...
Dieser verteilte sich über zwei nebeneinanderliegende Gebäude. Beide Klubteile hatten Dachterrassen – eine davon brachte nun vier Menschen den Tod. Doch es hätte zweifellos noch schlimmer kommen können. Wenn man die großen Trümmerbrocken sieht, wundert man sich, dass es nicht noch mehr Opfer gab. „Wenn du das auf den Kopf bekommst, ist es aus“, sagen Schaulustige, die am Freitag am Unglücksort stehen.
Die Inselregierung Mallorcas ordnete unterdessen drei offizielle Trauertage an. Die Flaggen auf der Urlaubsinsel wehen noch bis Sonntag auf halbmast. Vor dem Rathaus Palmas hielten die Politiker der Insel eine Schweigeminute ab. Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez übermittelte den Familien der Todesopfer des „schrecklichen Unglücks“ sein Beileid. Er hoffe auf eine schnelle Erholung der Verletzten, erklärte er.