Opel versucht sich im SUV-Spagat. Denn kaum haben die Hessen den hochgeschossenen Grandland als neues Flaggschiff vorgestellt, reichen sie Anfang 2025 am andern Ende ihrer Palette den Frontera nach.
Mit 4,39 Meter im Herzen der Kompaktklasse angesiedelt und bestenfalls nur 23.900 Euro teuer, wollen sie damit vor allem kostenbewusste Familien ködern. Konkurrenten sind da eher Autos wie Dacia Duster, Ford Puma oder VW T-Roc.
Abenteuer statt Avantgarde
Während der Grandland fast avantgardistisch auftritt, gibt sich der Frontera deshalb robust und rustikal und leistet sich ein bisschen Abenteuer-Look. Er ist kantig gezeichnet mit aufrechten Seitenwänden für maximale Raumausnutzung, hat markant betonte Radhäuser, einen mächtigen Muskel über der Hinterachse und angedeutete Schutzplatten an Bug und Heck.
Auf Wunsch trägt er sogar eine Dachreling mit einer statischen Tragkraft von 240 Kilo und wird so bei Bedarf auch zum Stellplatz für ein Dachzelt.
Bequem sitzen, clever stauen
Innen geht es bodenständig weiter: Ja, Opel verbaut seinen neuen «Intelli-Seat», der mit einer speziellen Rinne im Sitzkissen das Steißbein entlastet und so mehr Langstreckenkomfort verspricht. Und natürlich gibt’s digitale Instrumente. Aber die Materialauswahl ist schlicht und kostenbewusst und die Bildschirme sind zurückhaltend, was uns Opel als «Digital Detox» verkauft.
Im Basismodell gibt’s sogar statt eines Touchscreens nur eine Handyhalterung, die allerdings ganz schön clever ist. Denn um die Ablenkung zu minimieren, kann man das Smartphone erstmals bei Opel auch mit den Lenkradtasten steuern. Nicht minder smart: Statt aufwendiger Multifunktionskonsolen gibt es Spanngurte an der Mittelkonsole, die pfiffig aussehen und Handys oder Tablets mindestens genauso sicher halten können.
Viel Platz und viele Plätze
Vor allem aber gibt es reichlich Platz - oder zumindest Plätze. Denn Opel bietet den Frontera für 800 Euro Aufpreis tatsächlich auch mit einer dritten Sitzreihe an. Während man in den ersten beiden Reihen ganz bequem sitzt, taugt diese dann aber allenfalls für den Nachwuchs. Dann doch lieber mehr Kofferraum. Denn als Fünfsitzer bietet der Frontera immerhin 460 bis 1.600 Liter Ladevolumen.
Nicht die PS sollen überzeugen, sondern der Preis
Kostenbewusst ist auch die Motorauswahl für den Neuzugang. Opel wirbt nicht mit PS, sondern mit dem Preis. Das gilt nicht allein für die immerhin mild hybridisierten Benziner, die mit ihrem starken Startergenerator und der 1-kWh-Batterie immerhin ein paar Meter elektrisch schleichen können und wahlweise 74 kW/100 PS oder 100 kW/136 PS leisten.
Sondern das ist mehr noch bei der E-Version der Fall, die Opel dank einer Mischplattform ohne große Umbauten anbieten kann. Ja, die kostet dann schon gut 5.000 Euro mehr, ist aber – abgesehen von Leichtkraftwagen Rocks Electric - noch immer billiger als jeder andere Stromer aus Rüsselsheim und aktuell das günstigste Elektroauto eines deutschen Herstellers.
Mit vollem Akku ein Vergnügen, beim Laden eher lahm
Der elektrische Frontera fährt mit 83 kW/113 PS an der Vorderachse und einem Akku von 44 kWh. Damit sind 305 Normkilometer möglich, bevor der Wagen an die Ladesäule muss. Dort ist er mit 11 kW am Wechsel- oder bestenfalls 100 kW am Gleichstrom langsamer als viele andere E-Autos und man investiert das an Zeit, was man an Geld beim Kauf gespart hat.
Solange der Akku voll ist, macht der Opel allerdings eine gute Figur: Ja, die Benziner schaffen bei Vollgas bestenfalls 190 km/h, während hier bei 140 Sachen Schluss ist. Aber wie jedes E-Auto hat er einen flotten Antritt und Dank der schweren Batterie im Wagenboden eine gute Straßenlage.
Zusammen mit der präzisen Lenkung macht deshalb eine kurvige Landstraße mehr Spaß als man erwarten würde. Und während andere Hersteller bei billigen Autos oft an der Isolierung sparen, ist der Stromer naturgemäß leise und wirkt deshalb umso solider und souveräner. Nur große Sprünge sind halt bei der Reichweite nicht drin. Aber da hat Opel schon Abhilfe in Aussicht gestellt und will bald auch einen Akku für immerhin 400 Kilometer anbieten.
Fazit: Vernunft schlägt Lifestyle
Er passt zwar nicht so recht zum Lifestyle-Anspruch, den Opel mit mutigen Autos wie dem Grandland oder frechen Modellen wie dem Mokka proklamiert. Und mit seinem lebenslustigen Taufpaten aus den 1990er-Jahren hat er nicht mal mehr den Allradantrieb gemein. Geschweige denn die Yuppie-Allüren.
Doch als sogar mit Batterie noch halbwegs bezahlbares Familienauto passt er dafür umso besser in unsere Zeit und beweist, dass Elektroautos nicht nur was für Besserverdiener sind.
Datenblatt: Opel Frontera Electric
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden