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Ariane 6 startet mit Problemen. Wie sieht die Zukunft der Raumfahrt aus?

Interview

„Die Nachfrage nach Raketenstarts wird stark steigen“

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    Zum ersten Mal hebt eine Ariane 6 vom ESA-Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana ab. Zwei Booster unterstützen das Haupttriebwerk der Rakete, sie liefern den meisten Schub. Bei besonders schwerer Beladung kann die Ariane 6 auch mit vier Boostern gestartet werden.
    Zum ersten Mal hebt eine Ariane 6 vom ESA-Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana ab. Zwei Booster unterstützen das Haupttriebwerk der Rakete, sie liefern den meisten Schub. Bei besonders schwerer Beladung kann die Ariane 6 auch mit vier Boostern gestartet werden. Foto: ESA - S. Corvaja

    Herr Tolker-Nielsen, Sie sind bei der ESA Director of Space Transportation, die eben erst die Ariane 6 gestartet hat. Wenn ich also etwas ins All geschossen brauche, dann komme ich zu Ihnen?
    TONI TOLKER-NIELSEN: Ja

    Wie wird denn etwas ins Weltall transportiert?
    TOLKER-NIELSEN: Momentan bieten wir zwei Trägersysteme, sogenannte „Developed Launches“. Wir haben die Ariane 6 und die Vega, von der es gerade die neue Version gibt, Vega-C. Die letzte Standard-Vega planen wir im September zu starten, mit einem Sentinel-2 als Fracht, ein Satellit des CopernicusProgramms. Gegen Ende des Jahres planen wir dann, die Vega-C wieder in Dienst zu stellen. Wir mussten zwei Überprüfungstests für das Triebwerk, das im Dezember 2022 ausgefallen ist, durchführen.

    Und dies wird alles in Französisch-Guayana, in Kourou, durchgeführt?
    TOLKER-NIELSEN: Der Abschlussbericht wurde hier in Europa zusammengestellt. Die Triebwerke der Oberstufe wurden in Lampoldshausen beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR geprüft, die der Unterstufe in Kourou, mit einem vollständigen Modell der kompletten Rakete.

    Mit einer Attrappe also? Wie funktioniert das? Man stellt sie wie zum Start hin, zündet die Triebwerke, und löst dann einfach die Verankerung nicht?
    TOLKER-NIELSEN: Genau so. Nur, dass der Start der Ariane 6 hauptsächlich durch die Booster erfolgt, nicht durch das Triebwerk. Die Booster werden nicht gezündet. Also hebt sie nicht ab.

    Wie liefen denn die Tests im Vorfeld des Ariane-Starts ab? Und wo fanden sie statt? Am Boden?
    TOLKER-NIELSEN: Am Boden, genau. In Französisch-Guayana haben wir mit den einzelnen Stufen experimentiert. Wir haben auch einen vollständigen Abfeuertest gemacht, also den kompletten Flug der Rakete am Boden durchgeführt, nur eben ohne Abheben, und dann haben wir die Testergebnisse analysiert. All diese Ergebnisse fließen in die abschließende Prüfung ein. Wenn diese zu dem Schluss kommt, dass die Hardware sich so verhält, wie sie sich verhalten soll, gehen wir in den Flug. Das ist der letzte Schritt der Entwicklung, der parallel zur Montage der Flug-Hardware erfolgt.

    Die Ariane 6 ist die neue Schwerlastrakete der ESA, die Vega-C ist für leichtere Ladungen, richtig?
    TOLKER-NIELSEN: Genau. Vega-C bringt bis zu 2,3 Tonnen in den erdnahen Orbit, die Ariane 6 mehr als 20 Tonnen und etwa die Hälfte davon in eine geostationäre Transferbahn.

    Wird es je wieder Bedarf an Raketen vom Kaliber der Saturn V von den Apollo-Missionen geben, die 120 Tonnen in den erdnahen Orbit bringen konnte? Das Starship von SpaceX spielt ja in dieser Klasse, ebenso das Space Launch System SLS der Nasa.
    TOLKER-NIELSEN: Eine interessante Frage. Diese großen Raketen dienen eher der Forschung, sie können ihre Last zum Mond und darüber hinaus befördern. Zurzeit gibt es in Europa kein eigenes Forschungsprojekt, das so eine große Rakete für Europa nötig machen würde. Wir sind aber an der Artemis-Mondmission der Nasa beteiligt und liefern wichtige Komponenten dafür, zum Beispiel das European Service Module, das von Airbus in Bremen entwickelt und gebaut wird. Es wird die Kapsel zum Gateway bringen, der geplanten Raumstation, die im Orbit um den Mond sein wird.

    Inwieweit kooperieren Sie mit der Nasa oder der russischen Weltraumorganisation Roskosmos?
    TOLKER-NIELSEN: Wir haben die Kooperation mit Roskosmos gestoppt. Zuvor hatten wir noch ein sehr wichtiges Programm gemeinsam mit Russland, das war ExoMars. Das mussten wir anhalten und alle Elemente, die von den Russen geliefert worden wären, selbst entwickeln. Der Rover Rosalind Franklin wird dann unabhängig von den Russen gestartet werden, mit einer amerikanischen Rakete im Jahr 2028. Soweit zumindest der Plan, denn wir wissen noch nicht, wie es mit der Nasa-Kooperation nach den kommenden Präsidentenwahlen weitergehen wird. Es gibt aber eine Menge kleiner Start-Ups wie die Raketenfabrik Augsburg RFA oder auch Isar Aerospace, und obendrein das Förderprogramm „Boost!“, das jeden mit einer Idee aufruft, diese einzureichen.

    Wenn ich also eine Raumfahrt-Idee in der Schublade habe, kann ich damit zur ESA kommen?
    TOLKER-NIELSEN: „Boost!“, richtet sich an Raumfahrt-Startups. Momentan gibt es zehn bis zwölf Start-ups, die an Mini- oder Micro-Launchers arbeiten, hier in Deutschland unter anderem Isar Aerospace und Rocket Factory Augsburg. Wir haben auch HyImpulse in der Nähe von Lampoldshausen. Es gibt auch welche in Frankreich, zum Beispiel Latitude. MaiaSpace ist ein bisschen ein Spezialfall. In Spanien PLD, im UK Orbex … Sie sehen, es geht zurzeit eine Menge vor in diesem Sektor, und darüber sind wir sehr froh. Lassen Sie mich erklären, warum: Es gab letztes Jahr einen Paradigmenwechsel in der Frage, wie wir hier in Europa den Zugang zum All gestalten wollen.

    Wie ist das zu schaffen?
    TOLKER-NIELSEN: Wir haben heute zwei Startsysteme, die von der ESA entwickelt wurden, und die uns unabhängigen Zugang zum All garantieren. Dies wird sich erweitern. Wir wollen diese Start-Ups fördern. Sie sollen in die Lage kommen, unabhängig als Konkurrenten am Markt auftreten zu können. Aus diesem Grunde haben wir das „Boost!“-Programm ins Leben gerufen, um dies zu fördern. Im kommenden Jahr wird es die „European Launcher Challenge“ geben, ein Wettbewerb, bei dem es darum geht, eine bestimmte Ladung in einen bestimmten Orbit zu bringen. Wir legen nicht fest, wie das bei den einzelnen Anbietern auszusehen hat, wir werden nur aufs Ergebnis schauen.

    Die Konkurrenz füllt eine Lücke im Angebot?
    TOLKER-NIELSEN: Das stimmt, zunächst liefern die Start-Ups die Startkapazitäten für kleinere Ladungen. In einem späteren Schritt aber soll es durchaus Konkurrenz zu unseren Schwerlastraketen geben. Wir wollen, dass es Konkurrenz für die Ariane und ArianeGroup gibt.

    Aber Sie akzeptieren nichts außerhalb von Europa?
    TOLKER-NIELSEN: Das ist klar. Es ist ein europäisches Startsystem, und es gibt strenge Regeln, daher muss das auch ein europäisches Unternehmen sein. Ebenso muss die Trägerrakete selbst europäisch sein. Wir brauchen europäische Unabhängigkeit beim Zugang zum All.

    Und die Technik ist egal? Es gibt in den USA einen Spin Launcher, quasi eine große Schleuder…
    TOLKER-NIELSEN: Bei dieser Zentrifuge, die die Ladung erst im Kreis beschleunigt und dann loslässt, haben Sie die Herausforderung, dass Sie die höchste Geschwindigkeit in der dicksten Luftschicht brauchen. Es wurde schon lange, lange über solche Konzepte nachgedacht, aber bisher wurde nie eines zur Reife gebracht. Es gibt aber auch eine sehr vielversprechende Paraffinrakete, ein interessantes Konzept.

    Wenn man „Micro Launcher“ hört, und dass Satelliten teilweise so klein sind wie Milchkartons, dann stellt mancher sich wohl eine mannsgroße Modellrakete vor.
    TOLKER-NIELSEN: Oh nein, auch die Micro Launcher sind schon ziemlich große Raketen. Auch ist es üblich, mehrere Frachtstücke gemeinsam mit einem Start ins All zu befördern.

    Zum Beispiel wie die StarLink-Satelliten?
    TOLKER-NIELSEN: Zum Beispiel. Mit der Falcon 9 wird meist ein ganzer Stapel Satelliten in den Orbit geschossen, ja. Das ist auch für die Ariane 6 geplant. Es ist weitaus kosteneffizienter, mehrere Satelliten gemeinsam in den Orbit zu bringen, als jeden einzeln mit einem kleinen Start. Es ist dennoch sehr wertvoll, diese Möglichkeit zu haben. Der Auftraggeber allein entscheidet dann den Tag, und an welche Stelle genau er hin möchte mit seiner Fracht. Es ist wie der Unterschied zwischen Bus und Taxi . Der Bus ist am kosteneffizientesten, aber manchmal wählen Sie eben auch ein Taxi, um schnell zu einer exakten Adresse gebracht zu werden. Am Schluss werden beide Systeme miteinander in einer gewissen Konkurrenz stehen, und genau das wollen wir mit unserer Launcher Challenge fördern. Wir wollen sie auf die nächste Stufe heben. Darum geht es mit unserem Plan, deren nächste Stufe zu finanzieren. Manche werden dieses Jahr starten, andere kommendes und wieder andere in 2027. Dann kommen wir und finanzieren die nächste Stufe, wenn die European Launcher Challenge 2025 beschlossen wird. Das ist die Idee dahinter.

    Um nochmal auf die Technik zurückzukommen: Solch winzige Satelliten werden dann als Gruppe in den Orbit gebracht?
    TOLKER-NIELSEN: Ja genau. Wir haben diese sogenannten „Cubesat“-Einheiten, solche Mikrosatelliten sind 10 x 10 x 10 cm kleine Würfel. Man kann auch mehrere Einheiten zusammenfügen, um größere Mikrosatelliten zu befördern. Diese kleine Größe genügt schon für interessante Anwendungen in allen Bereichen: Telekommunikation, Internet of Things, Erdbeobachtung, you name it. Natürlich gibt es auch Grenzen in den Anwendungen. Wenn man eine hochauflösende optische Erdbeobachtung durchführen möchte oder einen Radarsatelliten mit großer Leistung haben möchte, braucht man größere Satelliten. Aber man kann schon eine Menge anstellen mit 16 Würfel-Einheiten des CubeSatSystems.

    Die Neumayer-Station III in der Antarktis verfügt auch über einen eigenen kleinen Satelliten in geostationärem Orbit, um die Funkkommunikation mit Bremen über die Erdkrümmung hinweg zu ermöglichen.
    TOLKER-NIELSEN: TTN: Ja, genau solche Anwendungen sind das. Auch können zum Beispiel Firmen eigene Satelliten betreiben. Ein großer Autohersteller könnte zum Beispiel eigene Satelliten betreiben, um mit seinen Autos verbunden zu sein, zum Beispiel für Wartungsdaten. Es gibt eine chinesische Firma namens Geely Delphi, die eine eigene Satellitenkonstellation für chinesische Autos aufbaut. Auch Elon Musk nutzt Satelliten für seine Teslas. GPS und Galileo. Das europäische Galileo ist übrigens viel präziser als das amerikanische GPS.

    Aber auch jünger.
    TOLKER-NIELSEN: Das stimmt, es ist eine Generation jünger. Für die Konnektivität zu seinen Autos nutzt Musk jedoch seine eigenen Satelliten, Starlink.

    Wenn also ein Tesla eine Panne hat, meldet es das über Starlink?
    TOLKER-NIELSEN: So in der Art. Heute wird zuerst die Software geschrieben, dann das Auto drumherum konstruiert. Das Vorgehen hat sich völlig verändert. Die Autos sind rund um die Uhr per Satellit mit dem Hersteller verbunden. Sie bekommen Updates und Services auf diesem Wege. Auch BMW macht das zum Beispiel. In den Bordcomputern der Autos liegen bereits viele Features vor, sind aber nicht aktiv. Man kann sich die Optionen kaufen, sie werden dann freigeschaltet.

    Führerloses Fahren zum Ausprobieren für eine Woche?
    TOLKER-NIELSEN: Zum Beispiel, ja.

    Aber warum eigene Satelliten? Warum nicht die Dienste über einen bereits vorhandenen, großen Satelliten anbieten?
    TOLKER-NIELSEN: Genau das ist ja, was Autohersteller wie BMW uns signalisieren. Sie wollen nicht investieren, sondern den Service kaufen. Das ist ein anderer Ansatz als in den USA, dort haben sie „vertical integration“. Elon Musk hat die Raketen, die Satelliten und die Autos. Ebenso machen es die Chinesen. Hier in Europa verfolgt man eine andere Strategie, es ist nicht die Europäische Art. Hier hat ein Unternehmen die Raketen, ein zweites die Satelliten und ein drittes die Autos. Sie kaufen oder mieten die jeweilige Dienstleistung, arbeiten zusammen.

    Und sie werden in der Zukunft zusammenarbeiten müssen, damit alles auch weiter funktioniert. Damit sind sie abhängig voneinander.
    TOLKER-NIELSEN: Das stimmt, aber es ist ja eine Kooperation in einem Wachstumsmarkt. Heute haben wir 9.000 Satelliten im Orbit, von denen übrigens 6.000 Starlink-Satelliten sind. In zehn Jahren werden es womöglich 90.000 sein. Das wird problematisch, dafür brauchen wir ein Space Traffic Management, um Kollisionen zu vermeiden. Und obendrein eine Zero Debris Policy, bevor etwas passiert.

    Wie lang kann man denn eine Kollision vorhersagen?
    TOLKER-NIELSEN: Das kann man schon sehr früh. Wir haben ja ein digitales Modell aller Satelliten. Wir kennen die Umlaufbahn jedes einzelnen, und wir messen die reale Bahn, die sich ja laufend durch Sonnenwinde, Reibung und andere Einflüsse ändert, und aktualisieren konstant das Modell. „Digital Twin“ nennen wir das. So können wir mögliche Kollisionen ungefähr einen Monat vorhersagen.

    Was sind die Pläne bezüglich wiederverwendbarer Raketen bei der ESA?
    TOLKER-NIELSEN: Bis jetzt hat sich Europa dieser Frage verschlossen, weil wir zu wenig Starts hatten. Wiederverwendbare Systeme rechnen sich eher, wenn man viele Starts in Folge hat, was wir nicht haben. Mit der Ariane 5 hatten wir etwa sechs Starts im Jahr, und mit der Ariane 6 planen wir neun, zehn oder zwölf Starts im Jahr. Das ist immer noch unter der Grenze, ab der sich Wiederverwendbarkeit lohnt. Aber im Sinne der Zukunftsfähigkeit ist es natürlich notwendig, die nächste Generation von Startsystemen wiederverwendbar zu gestalten. Auch Schwerlastraketen werden wiederverwendbar sein. Die Nachfrage nach Raketenstarts wird stark steigen, also wird es sich auch wirtschaftlich lohnen. Wir brauchen sowieso eine Kreislaufwirtschaft, wir können nicht all unsere Ressourcen in der Atmosphäre verbrennen. Es wird wie bei den Autos sein, die heute auch mit wiederverwertbaren Teilen gebaut werden. Wiederverwendbare Raketen werden auch die Space Transportation Logistics ermöglichen, wo es Transportation Hubs gibt, das sind spezifische Orbits, in die wir Fracht bringen und ablegen. Der Start und der Flug ist für die Rakete immer exakt derselbe.

    Quasi wie auf Schienen? Zu einem Güterbahnhof im All?
    TOLKER-NIELSEN: Genau, es wird sehr günstig werden, Dinge ins All zu bekommen: Fracht, Treibstoffdepots, Satelliten. Es wird Transportfahrzeuge im All geben, es wird Auftanken möglich sein, es wird Wartung geben. Es wird sogar Stationen geben, in denen Dinge hergestellt werden können. Das ist natürlich Zukunftsmusik, eine Vision. Der Punkt ist einfach nur, dass man mit so einem Launcher-System Waren transportieren und verteilen kann wie auf der Erde mit Containern auf Schiffen, in Häfen, und dann in Zügen und Lastwagen. Das ist zumindest meine Vision, und wir sprechen frühestens von den 2040ern.

    Wird es dann eine Option sein, unseren Atommüll in die Sonne zu schießen? Das Risiko ist ja, dass ein Start fehlschlägt und dann eine ganze Gegend radioaktiv versucht wird.
    TOLKER-NIELSEN: Das ist eine schwierige Frage.

    Wie sieht es mit astronautischer Raumfahrt aus bei der ESA?
    TOLKER-NIELSEN: Wir hatten die letzten zwei Jahre viele Diskussionen zu diesem Thema, und es gibt noch keine Einigkeit. Momentan entwickeln wir ein wiederverwendbares Frachtmodul, ein „Cargo Return Vehicle“. Das tun wir genau wie mit der Launcher Challenge, indem wir nicht die Rakete spezifizieren, sondern den Service. Hier geht es darum, mehrere Tonnen Fracht ins All zu schießen und den Transporter an eine Raumstation andocken zu lassen, wo die Fracht entladen werden muss. Dann soll das Raumfahrzeug, wohl eine Kapsel, mit bis zu zwei Tonnen Fracht zur Erde zurückkehren und dort sicher landen. Das ist der Status Quo. Wenn in der Zukunft entschieden wird, dass es astronautische Raumfahrt geben soll, dann können wir dieses Fahrzeug weiterentwickeln für menschliche Passagiere. Das heißt, die Entscheidung für astronautische Raumfahrt muss noch nicht gleich erfolgen, sie kann auch noch später erfolgen.

    Wer darf bei einem Start einer Rakete eigentlich den Knopf drücken?
    TOLKER-NIELSEN: (lacht). Es gibt keinen Startknopf. Es gibt eine automatische Sequenz von Abläufen, die anläuft, wenn alle Systeme auf Grün stehen. Sie beginnt im Regelfall sieben Minuten vor dem Start. Da laufen eine Menge Checks und andere Vorgänge ab, zum Beispiel das Umschalten von Bodenstrom auf Bordstrom, oder auch Checks der Triebwerke, auch, wenn sie schon laufen. Es ist wie beim Auto, man sieht sozusagen nach dem Öl, testet die Bremsen. Wenn alle Checks positiv verlaufen, findet der Start statt, wenn nicht, gibt es einen Abbruch.

    Bis wann kann man abbrechen? Was ist der Point of no Return?
    TOLKER-NIELSEN: Das ist die Zündung der Feststoffbooster. Das ist eine chemische Reaktion, ein Abbrennen eines Blocks aus Brennstoff. Wenn der mal brennt, kriegen Sie den nicht mehr aus.

    Gibt es noch etwas, das Sie selbst gerne sagen würden?
    TOLKER-NIELSEN: Ich war viel unterwegs in Bayern und Baden-Württemberg wegen des Themas Launcher, zum Beispiel bei Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Lampoldshausen, wo Raketentriebwerke getestet werden, aber auch bei verschiedenen Unternehmen hier in Bayern, zum Beispiel Isar Space und die Rocket Factory Augsburg. Hier gibt es bestehende Firmen und vielversprechende Startups. Ich denke, dass gerade Bayern extrem wichtig für den Zugang zum All sein wird. Das möchte ich Ihren Lesern mitteilen.

    Toni Tolker-Nielsen ist als Director of Space Transportation direkt verantwortlich für das Versenden von Fracht ins All. Er arbeitet seit 1987 bei der ESA.
    Toni Tolker-Nielsen ist als Director of Space Transportation direkt verantwortlich für das Versenden von Fracht ins All. Er arbeitet seit 1987 bei der ESA. Foto: ESA – P. Sebirot

    Zur Person: Toni Tolker-Nielsen ist als Director of Space Transportation direkt verantwortlich für das Versenden von Fracht ins All. Er arbeitet seit 1987 bei der Europäischen Weltraumorganisation ESA.

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