An die Nacht im Oktober 2023, in der er ein Neugeborenes in einem Glascontainer fand, erinnert sich Andreas Bichert aus Langenau bei Ulm noch ganz genau. Nach einem Abend mit Freunden war er auf dem Rückweg nach Hause. Eigentlich habe er immer eine andere Strecke genommen, erzählt er in einem Interview mit dem ZDF. Doch in dieser Nacht entschied sich Bichert für einen besser beleuchteten Umweg – was einem Menschen das Leben rettete und ihm nun einen Preis bescherte.
Die Strecke führte ihn an besagtem Glascontainer vorbei. Dort nahm Bichert zunächst vereinzelte Schreie wahr. „Ich habe mich umgeguckt, aber dann war es wieder still. Und dann bin ich nach Hause gelaufen“, sagt er. Zu Hause hätten ihm die Schreie allerdings keine Ruhe gelassen. Aufgrund seines unguten Bauchgefühls kehrte Bichert daher noch einmal zurück und hörte erneut ein Wimmern. Mit seiner Handytaschenlampe leuchtete er in den Altglascontainer und sah dort das unbekleidete Baby.
Bichert rettete das Baby, das unverletzt war
Daraufhin rief Bichert die Polizei, die seiner Einschätzung nach allerdings nicht schnell genug gekommen sei. „Es kam mir etwas lang vor. Ich habe mir gedacht: Ich muss es jetzt selber starten, bevor das Kind erfriert“, erinnert sich der Langenauer. Er habe zwar auch Angst gehabt, das Kind zu verletzen, aber noch länger zu warten, sei keine Option gewesen. Tatsächlich schaffte es Bichert, das erst wenige Tage alte Kind unverletzt durch die Containeröffnung zu ziehen. Anschließend wickelte er das Neugeborene in sein Shirt ein, bis Polizei und Rettungswagen eintrafen.
Für diese Rettungsaktion wurde Bichert am Montagabend mit dem XY-Preis der ZDF-Fernsehsendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ ausgezeichnet, der in diesem Jahr von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verliehen wurde. Diesen Preis erhalten seit 2002 Menschen für besondere Zivilcourage. Darüber hinaus wurde Bichert noch eine weitere Ehre zuteil: Der gerettete Junge trägt seinen Vornamen als Zweitnamen. „Meine Frau hat zu mir gesagt, das ist wie unser drittes Kind“, erzählt Bichert.
Das Baby hätte die Nacht nicht überlebt
Knapp fünf Monate nach Bicherts Rettungsaktion begann vor dem Landgericht Ulm der Prozess gegen die Mutter des Kindes. In der Verhandlung sagte ein Rechtsmediziner, dass der Säugling die Nacht im Container ohne seinen Retter nicht überlebt hätte. So betrug die Körpertemperatur des Kindes in der Klinik nur noch 33 Grad, bei noch weiterer Abkühlung hätten sich lebensbedrohliche Reaktionen einstellen können.
Im Mai verurteilte das Landgericht die Mutter wegen versuchten Mordes dann zu zehn Jahren Haft. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass sie das Kind in Tötungsabsicht in den Container gesteckt hatte.
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