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AKW Saporischschja: aktuelle Lage und Gefahr für Deutschland

Ukraine-Krieg

Drohnen explodieren über AKW Saporischschja

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    Ein russischer Soldat bewacht einen Bereich des Kernkraftwerks Saporischschja.
    Ein russischer Soldat bewacht einen Bereich des Kernkraftwerks Saporischschja. Foto: Uncredited/AP, dpa

    Vor zwei Jahren besetzten russische Truppen kurz nach Beginn des von Präsident Wladimir Putin befohlenen Angriffskriegs das ukrainische Kernkraftwerk Saporischschja. Mehrfach wurde die Notstromleitung wegen Kämpfen in der Nähe gekappt. Dieselaggregate mussten einspringen, um die Kühlung aufrechtzuerhalten.

    IAEA fordert Abzug russischer Soldaten von AKW Saporischschja

    Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) hatte schon mehrmals einen sofortigen Abzug russischer Soldaten und eine Rückgabe von Europas größtem Kernkraftwerk an die Ukraine gefordert. Das lehnte Russland strikt ab. Im Gegenteil betrachte Moskau jede Forderung nach einer Rückgabe als "versuchten Anschlag auf die Souveränität und territoriale Unversehrtheit Russlands", teilte das Außenministerium mit.

    Russland werde die Sicherheit des Atomkraftwerks Saporischschja und der benachbarten Stadt Enerhodar weiter festigen, hieß es in einer Mitteilung. Damit solle "Kiew und seinen Aufsehern in Form des 'kollektiven Westens'" die Möglichkeit genommen werden, diese Sicherheit zu beeinträchtigen. Das Moskauer Außenministerium sprach in diesem Zusammenhang von einer Rückkehr des Werks in die "russische Atomfamilie". Diese Sichtweise übergeht, dass Saporischschja seit dem Zerfall der Sowjetunion 1992 drei Jahrzehnte im Besitz der unabhängigen Ukraine war.

    Drohnen explodieren über Kuppel des sechsten Reaktors am AKW Saporischschja

    Am Wochenende ist das Atomkraftwerk zum Ziel von Drohnenangriffen geworden. Die Schutzhülle des sechsten Reaktors sei dreimal getroffen worden, teilte der Chef der IAEA, Rafael Grossi, am Sonntag (7. April) im sozialen Netzwerk X mit. Laut IAEA war die nukleare Sicherheit nicht gefährdet. Dennoch sei dies "ein schwerwiegender Vorfall, der das Potenzial hatte, die Unversehrtheit der Reaktorschutzhülle zu verletzen", erklärte die Behörde, die mit einem Beobachterteam ständig vor Ort ist. Die russische Kraftwerksleitung machte die Ukraine für die Angriffe verantwortlich. Kiew wies dies zurück.

    Nach Grossis Angaben waren es die ersten direkten Treffer seit November 2022.  "Das darf nicht passieren", schrieb er. Niemand könne einen militärischen oder politischen Nutzen aus Angriffen gegen Atomanlagen ziehen.

    AKW Saporischschja aktuell: Lage als ernst eingestuft

    Grossi hatte die Lage am AKW Saporischschja nach seinem Besuch Mitte Juni als "ernst" eingestuft. Anlass für seine Reise in die Ukraine war die teilweise Zerstörung des Staudamms Kachowka, die die "ohnehin prekäre" Sicherheitslage noch verschärfe. Grossi kündigte an, "Maßnahmen zur Stabilisierung" ergreifen zu wollen. Details dazu nannte er aber nicht.

    Bereits bei einem Besuch Ende März hatte Grossi vor einer "Katastrophe" gewarnt. Ende Mai stellte er vor dem UN-Sicherheitsrat einen Plan zum Schutz des AKW vor. Unter anderem sieht dieser vor, "dass es keinen Angriff von der oder auf die Anlage geben soll" und Saporischschja nicht als Lager oder Basis für schwere Waffen genutzt werden dürfe. Doch eine entmilitarisierte Zone rund um das Gelände kam trotz Bemühungen der Vereinten Nationen bislang nicht zustande.

    AKW Saporischschja in Krieg verwickelt: Besteht eine Gefahr für Deutschland?

    Nur in 17 Prozent aller Wetterlagen könnte die kontaminierte Luft nach Deutschland gelangen, so Florian Gering, Leiter der Abteilung Radiologischer Notfallschutz im Bundesamt für Strahlenschutz, in einem Interview mit ZDFheute. In der Mehrzahl der Fälle würde der Wind Richtung Osten wehen und damit eher Richtung Russland. "Das heißt, das Risiko ist relativ gering", sagt Gering.

    Er habe Worst-Case-Szenarien untersucht und sei zu dem Schluss gekommen, dass bei einer Freisetzung in der Größenordnung zwischen Fukushima und Tschernobyl keine Maßnahmen des Katastrophenschutzes, wie Evakuierungen oder die Einnahme von Jodtabletten, notwendig seien. Allerdings müssten im Bereich der Landwirtschaft Maßnahmen ergriffen werden. Einige Produkte wären bei einer Katastrophe so stark belastet, dass sie nicht mehr auf den Markt gebracht werden dürften.

    Atomunfall beim AKW Saporischschja: Mögliche Folgen für Europa

    Zu ähnlichen Ergebnissen kommt der österreichische Atomexperte Nikolaus Müllner, der Anfang August einen Vorbericht seiner Forschungen für die Organisation Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) präsentierte. Der Wissenschaftler hat in meteorologischen Modellen errechnet, dass bei einem Atomunfall in Saporischschja ein Gebiet mit dem Radius von 20 bis 30 Kilometer mit Cäsium verstrahlt wäre. Dort müsste eine Sperrzone eingerichtet werden. Eine geringe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die Zone bis auf 200 Kilometer ausgeweitet werden müsste.

    Was Einschränkungen im Bereich Nahrung und Landwirtschaft angeht, wären wahrscheinlich die Ukraine und Nachbarländer wie Russland oder Moldau betroffen. Mit einer Wahrscheinlichkeit von einem bis drei Prozent könnte es auch zu landwirtschaftlichen Einschränkungen in Polen, der Slowakei, Tschechien, Ungarn und Rumänien kommen. Eine Gefahr für Deutschland bestehe laut dem Forscher nicht. Das Szenario, für das Müllner mögliche Folgen untersuchte, ist ein Atomunfall bei einem der sechs Reaktoren in Saporischschja und dem Fall, dass ein Fünftel strahlendes Material austritt.

    Saporischschja ist Europas leistungsstärkstes Kernkraftwerk

    Das Kernkraftwerk Saporischschja ist mit 5,7 Gigawatt das leistungsstärkste Kernkraftwerk Europas. Es verfügt über sechs Druckwasserreaktoren mit je 950 Megawatt Nettoleistung. Es wird vom ukrainischen Staatsunternehmen Energoatom betrieben. Das AKW versorgt fast den gesamten Süden der Ukraine. Seit dem Wegfall aller vier Blöcke des Kernkraftwerks Tschernobyl ist es noch bedeutender für die Energieversorgung der Ukraine.

    AKW Saporischschja: Lage und Entfernung zu Deutschland

    Das Kernkraftwerk Saporischschja befindet sich auf dem Territorium der Stadt Enerhodar und liegt direkt am Fluss Dnipro und damit etwa 50 Kilometer von der Großstadt Saporischschja entfernt. Die Entfernung zu Deutschland beträgt etwa 2265 Kilometer.

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