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AKW Grafenrheinfeld: Kernkraftwerk Grafenrheinfeld: Vom kommerziellen Betrieb zum Rückbau des AKWs in Schweinfurt

AKW Grafenrheinfeld

Kernkraftwerk Grafenrheinfeld: Vom kommerziellen Betrieb zum Rückbau des AKWs in Schweinfurt

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    Das Kernkraftwerk GrafenrheinfeldGrafenrheinfeld wurde 1982 in Betrieb genommen und produzierte während seiner Laufzeit mehr als 333 Mio. MWh Strom. Betrieben von der E.ON Kernkraft GmbH, wurde das Kraftwerk aufgrund der 13. offiziellen Änderung des Atomgesetzes im Juni 2015 stillgelegt. Der Artikel gibt einen Überblick über den Standort, die Anlage selbst und den geplanten Rückbau.

    Das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld südlich von Schweinfurt im Steckbrief

    Das Kraftwerk befindet sich in Bayern, nahe der Gemeinde Grafenrheinfeld, südlich von Schweinfurt. Es liegt am östlichen Mainufer, in einer dicht besiedelten Region. Etwa 120.000 Menschen leben laut dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) in einem Radius von 10 Kilometern zum Kernkraftwerk.

    Ausgestattet mit einem Druckwasserreaktor, gehörte das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld zu den leistungsstärksten Anlagen seiner Zeit. 1983 und 1984 wurde das Kernkraftwerk laut E.ON Weltmeister bezüglich der Brutto-Jahresstromerzeugung. Während des Betriebs wurden kontinuierliche Nachrüstungen durchgeführt, um die Sicherheit zu gewährleisten. 

    Nach der Nuklearkatastrophe in Fukushima in Japan, am 11. März 2011, beschloss die Bundesregierung den Ausstieg Deutschlands aus der Atomkraft. 2015 wurde das AKW in Grafenrheinfeld schließlich stillgelegt.

    Das AKW Grafenrheinfeld in Zahlen:

    • Hersteller: Kraftwerk Union
    • Kernreaktor: Druckwasserreaktor
    • Baubeginn: 1975
    • Inbetriebnahme: 1981
    • Kommerzieller Betrieb: 1982
    • Stilllegung: 2015
    • Stromerzeugung während der gesamten Betriebszeit: 333 Mio. MWh (brutto)
    • Kühltürme: 2

    Kernkraftwerk Grafenrheinfeld: So soll der Rückbau ablaufen

    Wie E.ON berichtet, ist der Rückbau in zwei Phasen geplant. Zunächst werden nicht mehr benötigte Teile der Anlage abgebaut, während bestrahlte Brennelemente sicher gelagert werden. Wenn alle kontaminierten Bauteile und Materialien nachweislich entfernt wurden, kann es weitergehen. In der zweiten Phase folgt der Abbau der restlichen Anlagenteile. Der gesamte Prozess soll von strengen Sicherheits-, Strahlenschutz- und Umweltschutzmaßnahmen begleitet werden. Hier eine kleine Historie zum Rückbau:

    • März 2014: Das Unternehmen PreussenElektra (früher E.ON Kernkraft) beantragt eine Genehmigung zum Abbau des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld. Ein zweiter Antrag für weitere Abbauarbeiten folgt im Dezember 2019. Der TÜV wird als Sachverständiger hinzugezogen, um die Pläne zu prüfen.
    • Anfang 2015: Zu einem sogenannten "Scoping-Termin", kommen verschiedene Behörden und Verbände, um an einer Umweltverträglichkeitsprüfung für den Abbau teilzunehmen.
    • 27. Juni 2015: Der Leistungsbetrieb wird eingestellt.
    • 2016: Die Ergebnisse der Umweltprüfung werden veröffentlicht, damit Einwände erhoben werden können. Sie werden bis zum Oktober 2016 gesammelt.
    • 2018: Das Bayerische Umweltministerium erteilt die Genehmigung für den Abbau des AKW Grafenrheinfeld.
    • Dezember 2020: Alle Brennelemente und einige spezielle Brennstäbe aus dem Kernkraftwerk Grafenrheinfeld werden bis Dezember 2020 sicher in speziellen Behältern (CASTOR) verpackt und in einem nahegelegenen Zwischenlager aufbewahrt. Seitdem enthält das Kraftwerk keine Kernbrennstoffe mehr.
    • Juni 2021: Ein Lager für die Abfälle des Rückbaus wird fertiggestellt. Es soll laut dem StMUV als Zwischenlagerung dienen.
    • November 2021: Die Genehmigung zum Abbau des Kernkraftwerks in Grafenrheinfeld ist rechtskräftig, weil der BUND Naturschutz Bayern e.V seine Klage zum Abbau zurückzieht.
    • Dezember 2022: Der Abbau des Reaktordruckbehälters und weiterer Teile des AKW wird genehmigt.
    • 2023: Der Abbau des Reaktordruckbehälters beginnt. Er befindet sich seit Ende 2023 auf seinem Zerlegeplatz. Seitdem werden immer wieder Meilensteine erreicht: Bis August werden alle Wasserleitungen entleert, aufbereitet und entsorgt und im Dezember wird der 380 Tonnen schwere Reaktordruckbehälter ausgehoben.

    Ein Rückbau kann Jahrzehnte dauern, es ist also noch kein Abschlussdatum in Sicht. Im Sommer oder Herbst 2024 sollen die Kühltürme, die markantesten Strukturen der Anlagen, gesprengt werden. Mittlerweile steht ein genauer Termin fest: Voraussichtlich am Freitag, 16. August sollen die Kühltürme aus dem Landschaftsbild verschwinden.

    Unfälle am Atomkraftwerk südlich von Schweinfurt

    Das Bundesamt für Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) führt eine Liste mit "meldepflichtigen Ereignissen seit Inbetriebnahme" aller AKWs in Deutschland. Das soll dazu dienen, Mängel in der Anlage frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Für die Überwachung sind die Bundesländer zuständig, das Bundesumweltministerium sorgt dafür, dass die Meldungen einheitlich geregelt sind. Gemeldet werden die Ereignisse von den Betreibern selbst. Anschließend werden die Meldungen bewertet. Je nach Fall kann die zuständige Landesbehörde Konsequenzen anordnen. 

    Das BASE veröffentlicht monatlich und jährlich Berichte mit den Meldungen, in denen die Bewertungen nachgelesen werden können.

    Am Kernkraftwerk Grafenrheinfeld gab es während der Laufzeit insgesamt 242 dieser meldepflichtigen Ereignisse. Von "Unfällen" kann aber nicht die Rede sein. Zur Einordnung der Meldungen wird die internationale Bewertungsskala INES (International Nuclear and Radiological Event Scale) genutzt. Sie geht von 0 bis 7. Meldungen der Stufe 0 gelten als "Ereignisse ohne oder mit geringer sicherheitstechnischer Bedeutung". Alle Meldungen zwischen 1 und 3 gelten als Störfälle. Ereignisse der Stufe 4 werden als Unfall eingestuft.

    Eine INES-Bewertung von 7 haben bisher die Nuklearkatastrophen in Tschernobyl (1986) und in Fukushima (2011) erhalten. Zum größten Störfall kam es am AKW in Grafenrheinfeld im Jahr 2000. Mängel an Steuerventilen sorgten für einen Zwischenfall der Stufe 1. 2014 und 2015 gab es zuletzt einige kleine Ereignisse der Stufe 0. Dazu zählen unter anderem kaputte Ventile. Zu Zwischenfällen während des Rückbaus kommt es eher selten.

    Übrigens: Das Kernkraftwerk in Biblis ist mit 465 Ereignissen laut BASE Spitzenreiter. Das Kraftwerk war aber auch mehr als 35 Jahre in Betrieb.

    Was hat das AKW Grafenrheinfeld mit dem Film "Die Wolke" zu tun?

    Es gibt nicht viele deutsche Katastrophenfilme, aber "Die Wolke" gehört zu den bekanntesten. Der Film ist 2006 erschienen und nutzt das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld als fiktiven Unfallort. Der Film thematisiert die katastrophalen Folgen eines nuklearen Super-GAUs. Im Mittelpunkt steht das AKW Grafenrheinfeld nur zu Beginn, da ein Störfall dazu führt, dass eine radioaktive Wolke austritt und die Protagonisten Hannah und Elmar fliehen müssen. 

    Die Geschichte des Films basiert auf dem gleichnamigen Roman von Gudrun Pausewang, der sich mit den gesellschaftlichen Ängsten und Diskussionen über die Sicherheit und Risiken der Atomkraftwerke in Deutschland auseinandersetzt. Seit der Abschaltung der Atomkraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 im April 2023 sind keine AKWs mehr in Betrieb.

    Übrigens: Das Zwischenlager für radioaktive Abfälle in Grafenrheinfeld steht immer wieder in der Kritik. Bei Transporten versammeln sich regelmäßig Demonstranten.

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