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Flug AF447: Urteil zu Todesflug Rio-Paris enttäuscht Hinterbliebene

Flug AF447

Urteil zu Todesflug Rio-Paris enttäuscht Hinterbliebene

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    Soldaten bergen im Atlantischen Ozean Trümmerteile des abgestürzten Air-France Flugzeugs AF447.
    Soldaten bergen im Atlantischen Ozean Trümmerteile des abgestürzten Air-France Flugzeugs AF447. Foto: dpa

    Es waren nur vier Minuten und 23 Sekunden, die in der Nacht des 31. Mai auf den 1. Juni 2009 auf tragische Weise über das Leben von 228 Menschen entschieden. Diese befanden sich seit ein paar Stunden auf dem Flug AF447 von Rio de Janeiro nach Paris, als der Airbus in eine Unwetterfront geriet. Dabei vereisten drei der sogenannten Pitot-Sonden für die Geschwindigkeitsmessung, so dass keine zuverlässigen Angaben mehr erschienen. Im Glauben, dass die Maschine sinke, lenkte sie einer der Ko-Piloten nach oben. Es kam zum Strömungsabriss und zum Absturz aus 11.000 Metern Höhe in den Atlantik. Die Flugschreiber, die nach fast zwei Jahren geborgen werden konnten, bezeugten das völlige Unverständnis der drei Piloten angesichts der Situation, ihre Panik.

    Lange hat die Justiz die Frage beschäftigt, ob die Schuld für das Unglück mit den meisten Todesopfern in der französischen Luftfahrgeschichte bei den Piloten oder bei Air France und Airbus lag. Die Airline und der Flugzeug-Hersteller wussten von Problemen mit den Pitot-Sonden, welche bei 16 vorherigen Flügen zu gefährlichen Situationen geführt hatten. Machten sich also die Konzerne der „Nachlässigkeit und Versäumnisse“ angesichts des fehleranfälligen Materials und bei der Schulung ihres Personals schuldig? So sagte es Danièle Lamy, Präsidentin des Vereins „Gegenseitige Hilfe und Solidarität AF447“.

    Hinterbliebener aus Vaterstetten erhebt nach dem Urteil schwere Vorwürfe

    Ein Gericht in Paris sprach die Konzerne am Montag nun vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei. Es habe zwar Fehler gegeben, aber ein klarer Zusammenhang mit dem Unfall habe nicht nachgewiesen werden können, hieß es. Die Richter folgten damit der umstrittenen Forderung der Staatsanwaltschaft nach einem Freispruch. Einige der fast 500 Nebenklägerinnen und -kläger im Gerichtssaal hatten damals empört „Lüge!“ und „Schande!“ gerufen.

    Bernd Gans aus Vaterstetten verlor bei dem Absturz seine Tochter.
    Bernd Gans aus Vaterstetten verlor bei dem Absturz seine Tochter. Foto: Rachel Boßmeyer, dpa (Archivbild)

    Während der Verhandlungen, die im vergangenen Herbst stattfanden, äußerten sich Hinterbliebene immer wieder wütend über die Konzerne. „Wegen drei nicht ausgewechselten Pitot-Sonden haben meine Eltern das Schlimmste erlebt, nämlich ein Kind zu verlieren, und müssen meine Neffen, Florian und Thibault, ohne ihren wichtigsten Rückhalt, ihren Vater aufwachsen“, sagte etwa Philippe Linguet, dessen Bruder Pascal ums Leben gekommen war. Bernd Gans aus Vaterstetten bei München, der seine Tochter Ines verlor, hielt vor der Entscheidung des Gerichts eine Verurteilung für "völlig unerwartet". Danach sagte er der Nachrichtenagentur AFP, die französische Industrie habe ihren Einfluss bewiesen. Die Anwälte der Unternehmen hätten alles dafür getan, "um die Vorwürfe kleinzureden".

    Die Angehörigen der Piloten zeigten sich erschüttert darüber, wie diese an den Pranger gestellt worden seien

    Während des Prozesses hatte der ehemalige Chef von Air Caraïbes Atlantique von zwei schweren Vorfällen durch die Pitot-Sonden bei seiner Airline berichtet. Er habe die Behörden und Airbus auf die Probleme hingewiesen. Manche Zeugen sahen schwere Fehler bei den Piloten. „Der Unfall hätte verhindert werden können, wenn das Team das Gewitter umflogen hätte, so wie alle anderen Flugzeuge in dieser Nacht, wenn sich der erfahrenste Pilot nicht schlafen gelegt und einer der Ko-Piloten das Steuerruder nicht angefasst hätte“, meinte ein Ingenieur. Die Angehörigen der Piloten wiederum zeigten sich erschüttert darüber, wie diese an den Pranger gestellt worden seien.

    Airbus und Air France plädierten schließlich auf unschuldig. Ihnen hatten Geldstrafen von bis zu 225.000 Euro gedroht. Bei einem Freispruch handele es sich nicht um einen „Sieg von Airbus gegen die Nebenkläger“, hatte Simon Ndiaye, der Verteidiger des Flugzeugbauers, vor dem Urteil gesagt. „Angesichts der 228 Toten kann es keinen Sieg geben.“

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