Rezo provoziert erneut. Doch dieses Mal hat sich der Youtuber nicht die CDU vorgenommen, sondern die Zeitungsbranche. Denn der 27-Jährige analysiert in einem Gastauftritt bei den Youtube-Kollegen „Space Frogs“ scharfzüngig mediale Mechanismen, die heutzutage nur allzu oft wirkten: ein emotionales Thema, ein irgendwie involvierter Promi, ein oberflächliches Abfragen nach dessen Meinung. Dazu die Missachtung der Privatsphäre von Menschen. Fertig sei ein Artikel mitsamt knalliger Überschrift, der hoffentlich satt Klicks und Aufmerksamkeit bringt. Damit stößt Rezo erneut eine überfällige Diskussion an.
Youtuber Rezo kritisiert Boulevardzeitungen
Der Youtuber mit den blauen Haaren wurde bekannt mit seinem Video „Die Zerstörung der CDU“. Darin kritisierte er, unterfüttert mit Daten und Fakten, vor allem die Politik der Christdemokraten. Deren Reaktion darauf regte eine deutschlandweite Debatte an. Mit mehr als 15 Millionen Aufrufen des Videos etablierte sich Rezo als Schwergewicht in der Meinungsmacher-Branche. In dem nun erschienenen 14-minütigen Clip beschwert er sich vor allem über die Inhalte von Boulevardzeitungen wie der Bild. Egal, ob reißerische Headlines zum Flüchtlingsthema oder seichte Berichterstattung zur Hochzeit von Heidi Klum – Rezo nimmt diese pointiert auseinander.
Dabei fallen Sätze wie „Ey, wer liest das, wer kauft das, wer unterstützt das finanziell?“. Der 27-Jährige spricht von der teilweise amoralischen Berichterstattung in der Medienbranche, von Journalisten, die „teilweise so dumm“ seien. Das ist alles innerhalb der Grenzen des Sagbaren. Im Gegensatz zur Reaktion des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV).
Denn was der Youtuber nicht tut, ist Journalisten pauschal vorzuwerfen, sie alle litten an „Hirnschäden“ oder seien „moralisch degeneriert“. Das aber unterstellte ihm der Bundesvorsitzende des DJV in einer Pressemitteilung. Innerhalb des Verbandes scheint es keine einhellige Meinung zu der Mitteilung gegeben zu haben, sie wurde schnell zurückgezogen. Ziemlich unprofessionell.
Die Medienbranche sollte auf die Kritik des Youtubers Rezo eingehen
Auch im Netz gab es heftige Reaktionen, der Verband „Junge im DJV“ und viele Journalisten selbst kritisierten den Inhalt. Mittlerweile hat sich der DJV-Vorsitzende entschuldigt und Rezo ein Gespräch angeboten. Der nahm die Entschuldigung an.
Die Branche sorgt sich seit Jahren, keine jungen Leser gewinnen zu können. Zeitungen sollten sich der Kritik von Rezo und Fans annehmen. Er ist dran an seinen Fans, er kennt die Gedankenwelt derjenigen, auf die Zeitungen als Abonnenten von morgen angewiesen sind. Daher sollte die Branche zuhören, wenn der Youtuber als Nicht-Brancheninsider Mechanismen und Arbeitsweisen kritisiert. Diese sind auch seinen Fans nicht verborgen geblieben. Ähnlich wie Rezo sind junge Menschen nicht desinteressiert an gesellschaftlichen Entwicklungen, wie es ihnen ja manchmal unterstellt wird.
Sie nutzen eben andere Informationsquellen und dort müssen Zeitungen ansetzen. Mittlerweile wird Medienkritik von links und rechts geübt, „Fake News“ und „Lügenpresse“ sind die Schlagwörter. Auch wenn Rezos Auftritt an manchen Stellen über das Ziel hinausschießt, hat er dennoch differenziert Kritik geäußert.
Nicht mit allem hat Rezo in dem Video Recht
Allerdings offenbart der 27-Jährige in manchen Aussagen Unwissen: Wenn er sagt, „ich bin so froh, dass diese ganze Print-Welt so fern von mir ist“, hat er schlichtweg nicht verstanden, dass die Grenzen zwischen Print und Online in vielen Redaktionen bereits fließend sind. Denn eines haben Zeitungsverlage mittlerweile begriffen – Debatten sind immer gleichwertig, ob on- oder offline geführt. So gab auch der meinungs- und klickzahlenstarke Youtuber an, sich mithilfe der Online-Ausgaben von Zeitungen zu informieren – auf diesen Informationen fußen seine Argumente in dem CDU-Video, welches ihn zu einer öffentlichen Person in Deutschland gemacht hat.
Doch Rezo äußert im neuesten Video nicht nur Kritik. Er verteidigt die qualitativ hochwertige Arbeit von Tages- und Wochenzeitungen abseits des Boulevards. Es ist davon auszugehen, dass andere junge Menschen diesen Gedanken teilen – selbst wenn sie sich vorwiegend im Netz bewegen.