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Wiesbaden: Seehofer: Verdächtiger im Fall Susanna wieder in Deutschland

Wiesbaden

Seehofer: Verdächtiger im Fall Susanna wieder in Deutschland

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    In Wiesbaden trauern viele Menschen um die getötete Susanna.
    In Wiesbaden trauern viele Menschen um die getötete Susanna. Foto: Boris Roessler, dpa

    Der Verdächtige im Mordfall Susanna, Ali B., ist nach Angaben von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wieder in Deutschland. "Ich bin froh, dass der von der deutschen Justiz gesuchte, mutmaßliche Täter wieder in

    Der Tatverdächtige hatte sich mit dem Flugzeug in den Nordirak abgesetzt und war dort in der Nacht zum Freitag von kurdischen Sicherheitskräften festgenommen worden. In kurdischer Haft soll der Verdächtige die Tötung Susannas einem Medienbericht zufolge gestanden haben.

    Der kurdisch-irakische TV-Sender Rudaw berichtete am Freitagabend unter Berufung auf einen lokalen Polizeioffizier, Ali B. habe nach seiner Festnahme in den kurdischen Autonomiegebieten im Nordirak ausgesagt, es sei zu einem Streit mit dem Opfer gekommen. Das Mädchen habe versucht, die Polizei anzurufen, was Ali B. seiner Aussage zufolge zu der Tat getrieben habe, sagte

    Die erste Vernehmung von Ali B. in Deutschland sei noch für die Nacht geplant, am Sonntag werde er dann dem Haftrichter vorgeführt, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Samstag. Dann werde ihm der Haftbefehl eröffnet.

    Ali B. steht im Verdacht, Susanna vergewaltigt und getötet zu haben

    Die am Mittwoch in Wiesbaden tot aufgefundene 14-jährige Susanna F. aus Mainz ist nach bisherigem Ermittlungsstand Opfer eines Gewaltdelikts geworden. Ali B. steht im Verdacht, das Mädchen aus mit seiner gesamten Familie aus Deutschland überhastet abgereist. Nicht übereinstimmende Namen auf Boardkarte und Ausweispapieren fielen am Flughafen nicht auf.

    Die 14-Jährige war vor zwei Wochen verschwunden. Ihre Leiche wurde am Mittwoch in einem Erdloch bei Wiesbaden gefunden. Am Donnerstag gaben die Behörden in einer Pressekonferenz bekannt, dass es sich bei der Leiche um das vermisste Mädchen handele und fahndeten öffentlich nach Ali B.. 

    In Deutschland suchen die Ermittler weiter Antworten auf viele offene Fragen zur Tat. Im für den Fall eingerichteten Call-Center seien bis Freitagmittag rund 70 Hinweise eingegangen, sagte ein Polizeisprecher am Freitag in Wiesbaden. Diese hätten die Beamten aber bisher nicht entscheidend weitergebracht, viele Hinweise würden noch abgeklärt. Den Ermittlern gehe es unter anderem darum, die Geschehnisse vor der Tat so genau wie möglich rekonstruieren zu können. Dafür hoffe man auf Zeugen.

    Susanna war vor zwei Wochen verschwunden - ihre Leiche war in einem Erdloch an einer Bahnstrecke in Wiesbaden gefunden worden.
    Susanna war vor zwei Wochen verschwunden - ihre Leiche war in einem Erdloch an einer Bahnstrecke in Wiesbaden gefunden worden. Foto: Arne Dedert, dpa

    Auch die Staatsanwaltschaft konnte am Freitag keine neuen Erkenntnisse bekanntgeben. Das schriftliche Obduktionsergebnis und die DNA-Analysen lägen noch nicht vor, sagte Oberstaatsanwältin Christina Gräf. Es sei auch unklar, ob man wegen der langen Liegezeit der Leiche überhaupt noch verwertbares DNA-Material finden könnte.  

    Ein weiterer Verdächtiger war am Donnerstag wieder freigelassen worden. Der 35-jährige Flüchtling mit türkischem Pass gelte aber weiterhin als Beschuldigter, sagte die Oberstaatsanwältin. Es bestehe ein Anfangsverdacht, dass er etwas mit der Tat zu tun haben könne. Ein dringender Tatverdacht, der eine Haft rechtfertigen könnte, bestehe aber nicht. Der Mann könne sich frei bewegen. 

    Susanna soll sich nach Polizeiangaben häufiger in der Flüchtlingsunterkunft in Wiesbaden-Erbenheim aufgehalten haben und den Bruder des tatverdächtigen Irakers näher gekannt haben. Nach bisherigen Erkenntnissen soll sie am Abend des 22. Mai oder in der folgenden Nacht vergewaltigt und umgebracht worden sein. Der tatverdächtige Iraker soll mit seiner Familie am folgenden Samstagabend von Düsseldorf nach Istanbul und von dort aus weiter in den Irak geflogen sein. 

    Polizisten am Leichenfundort in einem Gebüsch nahe Wiesbaden-Erbenheim.
    Polizisten am Leichenfundort in einem Gebüsch nahe Wiesbaden-Erbenheim. Foto: Arne Dedert, dpa

    Vor seiner Abreise habe es keine Hinweise gegeben, die ihn mit der Tat in Verbindung gebracht hätten, sagte die Staatsanwältin. Erst am folgenden Tag habe sich ein 13-Jähriger aus derselben Flüchtlingsunterkunft als entscheidender Zeuge gemeldet: Er nannte den möglichen Tatort und Ali B. als Täter. Der Iraker soll ihm zuvor von der Tat berichtet haben. Ob der 13-Jährige unter Polizeischutz steht und ob er weiterhin in der Unterkunft wohnt, wollten die Behörden am Freitag nicht sagen. 

    Warum konnte Ali B. aus Deutschland ausreisen?

    Der Fall schlägt deutschlandweit hohe Wellen - es wird auch Kritik an den Behörden auf unterschiedlichen Ebenen laut. Der Asylantrag von Ali B. wurde bereits Ende 2016 abgelehnt, wogegen er klagte. Zudem kam er unter anderem wegen Pöbeleien und Prügeleien mehrfach mit der Polizei in Kontakt, sein Name wurde auch im Zusammenhang mit der Vergewaltigung eines elfjährigen Mädchens genannt. Nach Angaben der Polizei reichten die Beweise aber nicht für eine Inhaftierung.

    Bei der Ausreise der Familie stimmten die Namen der Familie nicht mit den Ausweispapieren in arabischer Sprache überein - was am Flughafen nicht auffiel. Bei der grenzpolizeilichen Ausreisekontrolle sei ein Abgleich von Flugticket und Pass nicht vorgesehen, teilte die Bundespolizei am Freitag in Potsdam mit. Im Rahmen der Luftsicherheitskontrolle sei ein derartiger Abgleich ebenfalls "derzeit rechtlich nicht möglich". 

    Polizisten sicherten die Zufahrt zu einem Bereich, in dem Susannas Leiche gefunden worden war.
    Polizisten sicherten die Zufahrt zu einem Bereich, in dem Susannas Leiche gefunden worden war. Foto: Boris Roessler, dpa

    Den Beamten der Bundespolizei wurden am Düsseldorfer Flughafen zwei irakische sogenannte Laissez-Passer-Dokumente mit je vier Namen und acht deutsche Aufenthaltsgestattungen von Ali B. und seinen mitreisenden Familienangehörigen gezeigt. "Die vorgelegten Dokumente waren echt, gültig und berechtigten zur Ausreise. Die Lichtbilder stimmten mit den Personen überein", hieß es. 

    Politiker fordern konsequentes Durchgreifen im Fall Susanna

    SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider forderte, dass schnell geklärt werden müsse, "wie der Tatverdächtige entkommen konnte - und wie er möglichst schnell in Deutschland vor Gericht gestellt werden kann". Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sagte der Bild, das Verbrechen werfe zahlreiche Fragen auf. "Wieso werden abgelehnte Asylbewerber nicht konsequenter zurückgeführt? Warum konnte der Täter samt Familie offenbar unter falschem Namen ausreisen?" AfD-Fraktionschefin Alice Weidel machte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für die Tat mitverantwortlich und forderte den Rücktritt der gesamten Bundesregierung.

    "Susanna, 14 Jahre, Opfer der Toleranz" steht auf diesem Schild nahe des Leichenfundorts. Es spielt auf einen Zusammenhang zwischen der Tat und der Flüchtlingskrise an.
    "Susanna, 14 Jahre, Opfer der Toleranz" steht auf diesem Schild nahe des Leichenfundorts. Es spielt auf einen Zusammenhang zwischen der Tat und der Flüchtlingskrise an. Foto: Boris Roessler, dpa

    Der niedersächsiche Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte am Rande des Innenministertreffens in Quedlinburg: "Es ist bezeichnend für die Stimmung im Land, dass kaum dass so was passiert ist, noch keiner wirklich weiß, was passiert ist, trotzdem schon wieder die ersten nach Gesetzesverschärfungen rufen. Ich bleibe bei meiner Überzeugung, dass es erstmal schon gut wäre, wenn die bestehende Gesetze angewandt würden."

    Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Festnahme des Tatverdächtigen im Mordfall Susanna im Nordirak und die Rückführung nach Deutschland begrüßt. "Das unfassbare Leid, dass der Familie und dem Opfer widerfahren ist, bewegt jeden und erfasst auch mich", sagte sie am Samstag am Rande des G7-Gipfels im kanadischen La Malbaie. Sie sprach von einem "abscheulichen Mord" und plädierte für eine entschiedene Ahndung solcher Straftaten. Wenn die Tat bewiesen sei, müsse die Justiz "mit aller Klarheit ein Urteil sprechen". (dpa/AZ)

    Zur Hinweisaufnahme wurde ein Callcenter mit mehreren Polizeibeamten eingerichtet. Zeugen oder Hinweisgeber werden gebeten, sich dort unter der Rufnummer (0611) 345-5555 zu melden.

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