Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Verkehr: Wien will Autos aus der Innenstadt verbannen - doch nun ist Wahlkampf

Die Wiener Ringstraße mit ihren Prachtbauten und Nobelhotels umschließt den historischen Stadtkern der Hauptstadt Österreichs – den 1. Bezirk, die „Innere Stadt“ oder schlicht die „City“ genannt.

Wien vor dem Verkehrskollaps: Warum so viele Autos in der City unterwegs sind

Aufgrund der horrenden Immobilienpreise wohnen von den 1,9 Millionen Wienern aber nur noch 16.000 in der Innenstadt. Diese beherbergt ungezählte Unternehmen, Behörden, Restaurants und Geschäfte. Auf die 16.000 Einwohner kommen so rund 150.000 Menschen, die hier arbeiten – und viele kommen mit dem Auto. 50.000 Fahrzeuge werden täglich in der Wiener City gezählt.

Zumindest bisher. Denn das soll sich ändern; verkehrstechnisch soll alles neu und anders werden – glaubt man den Wiener Grünen. Die stellen mit Birgit Hebein die Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin. Hebein also hat die „autofreie City“ ausgerufen. Sie will Autos und Motorräder aus dem 1. Bezirk verbannen. Das Fahrverbot soll schon ab August gelten – allerdings mit zahlreichen Ausnahmen. Andere Weltstädte wie London, Rom oder Madrid sind da rigoroser.

„Historisch“ sei der Auto-Bann, schwärmt Hebein gleichwohl, spricht von Klimaschutz und davon, „öffentlichen Raum zurückgeben“ zu wollen. Die Wiener Innenstadt gehöre schließlich „den Menschen und nicht den Motoren“.

London, Rom oder Madrid gehen rigoroser als Wien gegen Automassen vor

Dass es ihr damit ernst ist, hat sie zuletzt durch sogenannte „Pop-up-Radwege“ bewiesen. Das sind mit Bändern abgetrennte Radfahrstreifen auf belebten Durchgangsstraßen, die kurzfristig eingerichtet wurden. Mit derartigen Verkehrsexperimenten eckt die Politikerin jedoch nicht nur bei der Autofahrer-Lobby an, sondern auch bei der SPÖ. Die Sozialdemokraten stellen seit jeher den Bürgermeister in Wien und müssen erst seit der Wahlschlappe im Jahr 2010 ihre Macht mit den Grünen teilen.

War es vor ein paar Jahren die höchst kontrovers diskutierte Umwandlung der Mariahilfer Straße, eine der größten Einkaufsstraßen Wiens, in eine Fußgänger- und Begegnungszone, so nervt Hebein jetzt sichtlich den SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig mit ihrem Innenstadt-Fahrverbot: Ludwig droht offen mit seinem Veto und will zuerst ein Gesamtkonzept sehen. Seine Sorge gilt einer drohenden Verkehrsverlagerung in die angrenzenden Bezirke außerhalb der Ringstraße. Wie scharf das Fahrverbot tatsächlich ausfallen wird, ist damit bis auf Weiteres offen.

Verkehr ohne Ende: 50.000 Fahrzeuge werden täglich in der Wiener City gezählt

Was man ebenfalls wissen muss: Am 11. Oktober wird in Wien gewählt. Und Wahlkampf, das ist die „Zeit fokussierter Unintelligenz“, wie es Ludwigs Vorgänger, Langzeitbürgermeister Michael Häupl, einmal formulierte. Politisch spannend: Für das umstrittene Fahrverbot macht Birgit Hebein ausgerechnet mit dem konservativen ÖVP-Bezirksvorsteher des 1. Bezirks gemeinsame Sache. Es wird bereits über eine türkis-grüne Allianz gegen die Roten in Wien spekuliert. Auf Bundesebene koaliert Kanzler Sebastian Kurz ja mit den Grünen.

Die Wiener City-Bewohner dürfte dennoch mehr interessieren, was Raumplaner sagen. Und das klingt in ihren Ohren nicht sonderlich verheißungsvoll. Die nämlich gehen davon aus, dass sich an der Verkehrssituation in der Wiener Innenstadt so schnell nichts ändern werde. Wegen der zahlreichen Ausnahmen vom geplanten Fahrverbot. Selbst Hebein musste zugeben, dass maximal mit einer Verkehrsberuhigung von 20 bis 30 Prozent zu rechnen sei. Denn Anrainer, Service- und Lieferdienste, Autofahrer, die in Garagen fahren, Unternehmen, Autos von Hotelgästen, Taxis, Busse und viele andere mehr dürften weiter mit dem Auto in die Innenstadt.

Lesen Sie dazu auch:

Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

Diskutieren Sie mit
0 Kommentare
Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden