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Wetter: War's das mit dem Sommer?

Wetter

War's das mit dem Sommer?

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    Das ist doch kein Sommer! Oder doch? TV-Meteorologe Sven Plöger erklärt, warum der regnerische August gar nicht so unnormal ist.
    Das ist doch kein Sommer! Oder doch? TV-Meteorologe Sven Plöger erklärt, warum der regnerische August gar nicht so unnormal ist. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Er ist bekannter als viele Politiker – und er hat Wichtiges zu verkünden: Seit 1999 präsentiert Sven Plöger, 47, in der ARD „Das Wetter im Ersten“. Selbst regenreiche Tiefdruckgebiete kommentiert der Meteorologe dabei so, dass ihnen die Zuschauer etwas Positives abgewinnen können. Wir sprachen mit Plöger über diesen Sommer, den Klimawandel und seine Folgen – und über weiße Weihnachten.

    In den vergangenen Tagen war es vornehmlich grau am Himmel, die Sonne drang kaum durch. Die Temperaturen ließen für Mitte August auch deutlich zu wünschen übrig. Ein super Sommer – oder?

    Plöger: Das muss jeder für sich entscheiden. Er ist momentan jedenfalls auch super nass. Es war vielfach schwül, sehr feucht. Und die Gewitterzellen haben sich kaum fortbewegt und so all ihren Regen immer quasi an derselben Stelle hinterlassen. Dennoch waren die Temperaturen überdurchschnittlich. Die Sonnenscheindauer lag im Schnitt. Die Augsburger Region war diesen Sommer bislang nicht so verwöhnt. Wer dagegen an der Ostsee Urlaub gemacht hat, der hat schnell erkannt: Hui, das ist ja viel besser als erwartet. Zwei Sachen stelle ich immer wieder fest: Zum einen unser kollektives Vergessen. Nach zwei oder drei regenreichen Tagen haben viele Menschen längst wieder verdrängt, dass es zuvor eine schöne sonnige Woche gegeben hat. Und zum anderen ist es unsere hohe Erwartungshaltung, an die wir uns gewöhnt haben. In den Jahren 2003 und 2006 haben wir einen Mittelmeersommer erlebt, 2013 einen tollen Hochsommer. Aber wir leben nicht am Mittelmeer, sondern in Mitteleuropa. Also sind die genannten Sommer auch die Ausnahme und nicht die Regel.

    Hochsommer in Deutschland sind die Ausnahme - nicht die Regel

    In den zwei Büchern, die Sie geschrieben haben, blicken Sie weit über den Tellerrand eines Wetterexperten hinaus.

    Plöger: Als diplomierter Meteorologe geht es bei der Vorhersage um morgen oder die nächsten Tage. Doch ich wollte einmal das große Ganze darstellen. Deshalb ist der Klimawandel in beiden Büchern das zentrale Thema, ein ziemlich kompliziertes dazu. In der Öffentlichkeit wird viel durcheinandergebracht.

    Zum Beispiel?

    Plöger: Dass Klimawandel grundsätzlich menschengemacht ist. Das stimmt zum großen Teil. Aber es gibt auch natürliche Veränderungsprozesse, die dann gar nicht mehr beachtet werden. Und wir sprechen ständig von einer Klimakatastrophe, die zwangsläufig mit Verzicht und Verlust von Lebensqualität einhergeht. Das ist mir zu negativ und pessimistisch. Wir sollten auch die technologischen Chancen sehen, die eine Klimawende mit sich bringt. Hier konsequent die Vorreiterrolle zu übernehmen, führt auf lange Sicht bestimmt zu keinem wirtschaftlichen Nachteil.

    Ist die Klimawende politisch gut gemanagt?

    Plöger: Ich bin kein Politiker, und das will ich auch nicht sein. Der Job ist nicht einfach. Wenn ich als Politiker A sage, sagen viele A und ebenfalls viele B. Bringen Sie das mal fair zusammen! Deshalb wurde global auch nicht viel mehr erreicht, als das Bekenntnis dazu, dass man etwas erreichen will. 1992 gab es in Rio eine große Aufbruchstimmung, was den Klimaschutz anbelangt. 22 Jahre später müssen wir feststellen, dass seither der Kohlendioxid-Ausstoß in der Welt um 53 Prozent gestiegen ist. Ziel vollkommen verfehlt! Wir müssen vom Reden zum Handeln kommen. Treibhausgase in der Atmosphäre tragen zur Temperaturerhöhung bei, und das hat eben weitere Folgen. Dadurch verlagern sich beispielsweise Regengebiete in Regionen, in denen wir diese Niederschläge in dem Ausmaß gar nicht gebrauchen können. Wenn das arktische Eis stark schmilzt, kommt der sogenannte Jetstream, der die Zugbahnen der Hochs und Tiefs am Boden maßgeblich bestimmt, fast zum Erliegen. Dann haben wir ein – wie ich es nenne – Standwetter. Hier zu viele Niederschläge an ein und derselben Stelle, dort eine ausgedehnte Trockenperiode verbunden mit Dürregefahr.

    Experte: Klimaschutz ist gut für Klima und Geldbeutel

    Was raten Sie Verbrauchern?

    Plöger: Es gibt viele Kleinigkeiten, die man tun kann und die in vielen guten Ratgebern auch gezeigt werden, auch ein Energiesparberater kann individuell helfen! Energie zu sparen hilft nicht nur dem Klima, sondern fast immer auch dem Portemonnaie. Ich selbst habe mir eine Solaranlage aufs Dach gestellt. Allerdings nicht nur aus monetären Gesichtspunkten. 20 Jahre sind schon nötig, bis sich alles amortisiert, da brauche ich mir nichts schönzurechnen. Es hat eben auch mit der Verantwortung des Einzelnen zu tun, auch wenn ich Verständnis habe, dass sich nicht jeder für die Folgen des globalen Klimawandels interessiert.

    Geht es nur noch mit der Verwendung von erneuerbaren Energien?

    Plöger: Ich bin ein überzeugter Anhänger davon. Jeden Tag verbrennen wir weltweit 14 Milliarden Liter Erdöl. Und wir wissen, dass diese Ressource immer knapper wird. Das heißt: Preisanstiege sind auch in Zukunft unvermeidlich. Jedes Jahr nutzen sieben Milliarden Menschen auf dem Globus nachwachsende Rohstoffe von rechnerisch 1,4 Erden – und wir haben nur eine! Wir betreiben unverdrossen Raubbau. Das ist die falsche Marschrichtung.

    Führt der Klimawandel beispielsweise dazu, dass in unseren Breiten die Starkregenereignisse – wie in den vergangenen Wochen geschehen – zunehmen?

    Plöger: Da das Wetter immer öfter „stehen bleibt“, haben wir bereits das Gefühl, eine deutliche Häufung dieser starken Niederschläge zu beobachten. Statistisch betrachtet befinden wir uns am oberen Rand der normalen Schwankungsbreite, aber die Berechnungen machen sehr deutlich, dass eine Zunahme zu erwarten ist. Die nationalen Wetterdienste aus weit mehr als 100 Ländern haben bereits das vergangene Jahrzehnt als Dekade der Wetterextreme bezeichnet. Natürlich wird es auch wieder ruhige Phasen geben. Und ein „ausgefallener“ Winter, wie es dieses Jahr der Fall war, bedeutet noch lange nicht, dass es 2015 wieder der Fall sein wird.

    Plöger: Wetter kann heute genauer vorhergesagt werden

    Vor 15 Jahren standen Sie für die Wettervorhersage zum ersten Mal vor einer Kamera. Hat sich die Messmethodik seither verbessert? Können Sie präzisere Prognosen abgeben?

    Plöger: Das Netz der Wetterstationen ist dichter geworden, was zu einem größeren Regionalwissen geführt hat. Dazu kommen größere Rechenkapazitäten der Computer. Die Wettermodelle sind auch aus diesem Grund zeitlich und räumlich genauer geworden. Nichtsdestotrotz sind bestimmte Wetterkonstellationen wie die niederschlagsreichen Lagen mit südwestlicher Luftströmung nur schwer in den Griff zu bekommen. Ich erinnere mich an ein Beispiel vor gut zwei Wochen im Harz: In Ilsenburg sind binnen zwei Stunden 60 Liter Regen auf den Quadratmeter gefallen. Innerhalb von 24 Stunden waren es 90 Liter. Das ist so viel wie normalerweise in einem ganzen Monat. Nur wenige Kilometer entfernt fielen in Wernigerode innerhalb von 24 Stunden 0,4 Liter Regen. So etwas kann niemand prognostizieren.

    Haben Sie sich für das, was über uns passiert, schon immer interessiert?

    Plöger: Schon als kleines Kind bin ich bei einem Gewitter auf dem Balkon herumgesprungen und musste jeden Blitz sehen. Das hat mich fasziniert. In der Mittelstufe des Gymnasiums waren sich die Mitschüler sicher: Der Sven wird mal Meteorologe. So ist es ja auch gekommen.

    Hochsommerliche Temperaturen im August eher unwahrscheinlich

    Dann ist jetzt noch Ihr Expertenrat gefragt: Wie geht's mit dem Wetter weiter?

    Plöger: Der Sonntag wird deutlich besser als der Samstag. Ein Wechsel von Wolken und Sonne. Etwas über 20 Grad, denke ich. Schon Montag und Dienstag sind aber wieder wechselhafter. Der Sommer 2014 macht offensichtlich nachhaltig Pause.

    Wird es noch einmal richtig Sommer?

    Plöger: Das ist eine Sache des Empfindens. Für manche beginnt der Sommer erst ab 33 Grad. Das dürfte in der zweiten Augusthälfte eher schwierig werden. Ende September könnte es einen wunderbaren Altweibersommer geben. Und gefühlt sind für mich auch manche sonnige Tage im Oktober manchmal noch sommerlich.

    Und wann wollen wir wegen der Prognose für eine „weiße Weihnacht“ telefonieren?

    Plöger: Am besten am 23. Dezember. Da weiß ich es dann ziemlich genau.

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