Es geschah im August: Zwei Kälber in Wertach im Allgäu wurden gerissen. Zuerst war es nur ein Gerücht, nach einer DNA-Analyse wurde klar: Es war ein Wolf. Nur wenige Wochen später wurden Wolf mehrere Schafe bei Immenstadt getötet. Wieder war es ein Wolf. Nicht nur in Bayern, auch in anderen Bundesländern greifen Wölfe immer wieder Nutztiere an. Das besorgt Landwirte – und mittlerweile auch die Politik. Niedersachsen, Brandenburg und Sachsen fordern ein bundesweites Konzept: Wie soll man mit dem Wolf umgehen? Schießen oder Schützen?
Freistaat hat den "Aktionsplan Wolf"
Die Initiative stellten Vertreter der drei Bundesländer am Freitag im Bundesrat vor. In den kommenden Wochen werden sich die Politiker beraten. Doch ob eine bundesweite „Wolfsrichtlinie“ kommen wird, ist unsicher. Der Freistaat hat nämlich bereits ein eigenes Konzept. Ein Sprecher des bayerischen Umweltministeriums sagt auf Anfrage unserer Redaktion: „Bayern setzt auf seinen Aktionsplan Wolf.“ In dem Programm ist vorgesehen, dass das Landesamt für Umwelt eine Abschussgenehmigung erteilen kann, wenn der Wolf andere Tiere erlegt, die durch einen Zaun geschützt waren. Die Ziele des Aktionsplans seien mit denen der Initiative im Bundesrat vergleichbar, sagt der Sprecher.
Eigentlich galt der Wolf in Bayern seit 1882 als ausgerottet. Bis zum Mai 2006. Zum ersten Mal wurde wieder ein Wolf gesichtet – in der Nähe des Starnberger Sees. Seither streunen vereinzelt Wölfe durch den Freistaat. In Deutschland soll es um die 60 Herden mit jeweils zehn Tieren geben. Zu den rund 600 Wölfen kommen jedes Jahr in etwa 180 neue hinzu, sagt der Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus. „Wenn Wölfe sich den Dörfern nähern und Familien Angst haben, ihre Kinder im Sandkasten spielen zu lassen, nehme ich das sehr ernst.“
Nur wenn Mensch direkt gefährdet wird, darf Wolf zum Abschuss freigegeben werden
Jäger dürfen den Wolf nicht einfach abschießen. Das Tier ist durch eine EU-Regelung und das Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Nur in seltenen Fällen – wenn der Mensch direkt gefährdet ist – darf ein Wolf zum Abschuss freigegeben werden. Experten haben dafür den sperrigen Begriff der „letalen Entnahme“. Dieses Schicksal ereilte bislang zwei Wölfen in Niedersachsen und Sachsen.
Die Bundesinitiative könnte die Abschüsse erleichtern. Besonders agile Wölfe wären von einer solchen Regelung betroffen. Denn der Antrag zielt darauf ab, dass Tiere, die Zäune überspringen können, abgeschossen werden dürfen, sagt der Wolfsexperte Frank Faß. Zugleich fügt er aber hinzu: „Da sehe ich kaum rechtliche Möglichkeiten, weil der strenge Schutz nach EU-Regelungen das verbietet.“ Der Bundesrat muss sich nun mit einigen Fragen beschäftigen, um eine einheitliche „Wolfs-Richtlinie“ in Deutschland zu schaffen: Wie nah darf sich ein Wolf Einrichtungen wie etwa Schulen nähern? Und wie können Schäfer besser geschützt werden?
Sicherheit der Menschen steht für Naturschutzbund Deutschland an erster Stelle
Die Sicherheit des Menschen steht auch für den und Naturschutzbund Deutschland (Nabu) an erster Stelle. Dennoch warnt der Verein: Lockere Abschussregeln würden die Schafe und Kälber nicht schützen. Der Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller ist überzeugt: „Wölfe, die für Menschen kritisches Verhalten zeigen, können auch unter der momentanen Rechtslage entnommen werden.“