Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) will es genau wissen: Werfen die Bundesbürger pro Jahr 6 oder 20 Millionen Tonnen Lebensmittel auf den Müll? Diese Bandbreite ergibt sich aus Schätzungen. Jetzt aber lässt das Verbraucherministerium erstmals umfassend untersuchen, wie viel und welche Nahrungsmittel in Deutschland Jahr für Jahr weggeworfen werden. Erste Ergebnisse werden bis Ende des Jahres erwartet.
Aigner: "Es tut mir einfach leid"
"Der Berg weggeworfener Lebensmittel in Europa wird immer größer - und damit auch die Belastung für Umwelt und Klima und natürlich auch den privaten Geldbeutel", erklärte Aigner. Angesichts des Hungers auf der Welt, der weltweit steigenden Preise für Nahrungsmittel und der Auswirkungen auf die Umwelt müsse ein Umdenken einsetzen. Außerdem sei sie irgendwie auch altmodisch, räumte sie ein: "Es tut mir einfach leid, wenn Sachen weggeworfen werden."
Ein Drittel landet im Müll
Wissenswertes zum Welternährungstag 2011
Der Stichtag am 16. Oktober erinnert an den Gründungstag der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) im Jahr 1945.
Das diesjährige Motto lautet "Lebenssmittelpreise - Aus der Krise zur Stabilität".
Ziele des Welternährungstags sind unter anderem: den internationalen Kampf gegen Hunger, Mangelernährung und Armut stärken, Technologietransfer in Entwicklungsländer ermutigen, Augenmerk auf die landwirtschaftliche Nahrungsproduktion lenken.
Weltweit haben mehr als eine Milliarde Menschen keinen ausreichenden Zugang zu Lebensmitteln und sauberem Trinkwasser; jeden Tag sterben Tausende Menschen an Unterernährung und ihren Folgen, mehr als die Hälfte davon sind Kinder unter fünf Jahren.
Der FAO gehören 191 Staaten und die Europäische Union an; sie ist die größte Sonderorganisation der Vereinten Nationen.
Der Haushalt der FAO finanziert sich über die Beiträge ihrer Mitgliedsstaaten; Deutschland war beim Haushalt 2008/2009 nach den USA und Japan mit einem Anteil von 8,6 Prozent der drittgrößte Beitragszahler.
Der weltweite Nahrungsmittelverlust liegt Schätzungen zufolge je nach Art des Lebensmittels zwischen 20 und 75 Prozent, mit einem Gesamtvolumen von jährlich mehr als 1,2 Milliarden Tonnen. Der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) zufolge geht ungefähr ein Drittel der weltweiten Nahrungsmittelproduktion als Abfall verloren. Nach Hochrechnungen, die auf Angaben aus anderen EU-Staaten basieren, werden in Deutschland pro Kopf jährlich Nahrungsmittel im Wert von 330 Euro weggeworfen.
Verschiedene Gründe
Eine Forsa-Umfrage im Auftrag von Aigners Ministerium lieferte erste Erkenntnisse über das Wegwerfverhalten deutscher Konsumenten: Rund 84 Prozent der Bundesbürger werfen Lebensmittel weg, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen oder die Ware verdorben ist. 19 Prozent nennen zu große Packungen als Hauptgrund. 16 Prozent der Bürger werfen Lebensmittel weg, weil sie ihnen nicht schmecken. Und rund ein Viertel gibt an, zu viel gekauft zu haben.
Viele haben schlechtes Gewissen
In der Umfrage gaben 58 Prozent an, dass in ihrem Haushalt regelmäßig Lebensmittel weggeworfen werden. 69 Prozent der Bürger haben beim Wegwerfen ein schlechtes Gewissen.
Aigner fordert Aufklärung
Aigner plädierte dafür, die Verbraucher besser über das Mindesthaltbarkeitsdatum auf der Verpackung aufzuklären. Es werde nicht nur als Orientierungshilfe verstanden, räumte die Ministerin ein. Sei das Datum überschritten, landeten viele Produkte im Müll - egal, ob noch genießbar oder nicht.
Handel kontert prompt
Bei der Herstellung von Produkten träten vergleichsweise wenig Verluste auf, sagte Aigner. "Aber wenn ich sehe, was etwa im Handel alles weggeworfen wird, dann ist das erschreckend." Prompt meldete sich der Handel zu Wort und verwies darauf, dass der Großteil der Lebensmittelabfälle aus Privathaushalten stamme. Der Handel habe daran nur einen Anteil von fünf Prozent.
Aigner hat Lösungen
Auch Aigner sieht im privaten Haushalt viele Möglichkeiten, einer Verschwendung von Lebensmitteln vorzubeugen. Wenn Gemüse oder Obst richtig gelagert werde, bleibe es länger frisch. Auch könnten aus Resten leckere Gerichte gekocht werden. "Im Grunde ist es ganz einfach", sagte die Verbraucherministerin: "Mahlzeiten richtig planen, Notizen machen für den Einkauf, regelmäßig die Vorräte etwa in der Tiefkühltruhe oder im Keller auf Haltbarkeit kontrollieren und Reste verwerten." (dapd)