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Weltall: Der deutsche Astronaut Alexander Gerst zündelte im All

Weltall

Der deutsche Astronaut Alexander Gerst zündelte im All

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    Der deutsche Astronaut Alexander Gerst zündelte im All
    Der deutsche Astronaut Alexander Gerst zündelte im All

    Seit Ende Mai hat Alexander Gerst die Öffentlichkeit an seinem Raumflug in der Internationalen Raumstation ISS teilhaben lassen. Spektaktuläre Fotos und Videos von Wolkensystemen, tropischen Stürmen und Flügen durch die Polarlichter ließen auch die Beobachter auf der Erde die Faszination spüren, die für die Raumfahrer für die Dauer ihres Aufenthalts im Weltraum Alltag ist. Doch Gerst und seine Kollegen sind keine Touristen, sondern vor allem Forscher und betreuen viele Dutzend Experimente.

    ISS-Expedition: Teilnehmer stellen neuen Rekord auf

    Im eng getakteten Arbeitsplan auf der Raumstation ist der Forschungsanteil immer größer geworden. Dabei hat die ISS-Expedition 40, die Alexander Gerst zu Beginn seines Einsatzes mit fünf Raumfahrern aus Russland und den USA bildete, in diesem Sommer einen Rekord aufgestellt – insgesamt 82 Stunden der Arbeitszeit in einer Woche dienten allein der Forschung im amerikanischen Teil der Station. Zu diesem Teil der ISS zählen auch die Forschungsmodule Columbus und Kibo, die in Europa und Japan gebaut wurden.

    Alexander Gerst beschäftigt sich mit Metallen

    In seinem Blog hat Alexander Gerst kurz vor Abschluss seiner Blue Dot genannten Mission von einigen der Experimente berichtet, die ihn am meisten beschäftigt haben. Eine besondere Beziehung hat er dabei zum sogenannten Electromagnetic Levitator entwickelt, und das nicht nur, weil das Gerät in Deutschland gebaut wurde. Die Aufgabe bei der Arbeit mit diesem Gerät ist für die Raumfahrer eigentlich wenig aufregend – sie tauschen regelmäßig Kartuschen mit Materialproben aus, die dann von dem Schmelzofen auf bis 2100 Grad Celsius erhitzt und schnell wieder abgekühlt werden können. Untersucht wird dabei, wie sich verschiedene Metalle miteinander verbinden, ohne durch die Schwerkraft beeinflusst zu werden. Die Wissenschaftler erhoffen sich dadurch neue Legierungen, die etwa im Flugzeugbau zum Einsatz kommen können.

    ISS: Experiment droht zu scheitern

    Doch nach der Ankunft mit dem europäischen Raumfrachter ATV Georges Lemaître drohte das Experiment zu scheitern, noch bevor es begonnen hatte. Ein Bolzen, der den Ofen während des Starts im Raumfrachter fixierte, klemmte und ließ sich trotz aller Bemühungen und Kraftanstrengung nicht entfernen. Bei einem unbemannten Flug hätten die Experimente nicht stattfinden können, denn der Bolzen verhinderte den Austausch der Kartuschen mit den Materialproben. Nach Beratung mit den Ingenieuren am Boden griff Alexander Gerst schließlich zur Säge und trennte den Bolzen ab. Was auf der Erde einfach scheint, bringt in der Schwerelosigkeit ungeahnte Probleme. Mit Rasierschaum sorgte der Astronaut dafür, dass die Sägespäne nicht einfach in der Gegend herumfliegen und die empfindliche Optik der Messgeräte beschädigen. Inzwischen finden die ersten Tests mit dem neuen Schmelzofen statt, nach der Rückkehr von Alexander Gerst übernimmt Esa-Astronautin Samantha Cristoforetti die Arbeit mit der Anlage. Sie startet Ende November zur Raumstation.

    Astronauten untersuchen Verhalten von Flammen in Schwerelosigkeit

    Bei einem Experiment der Nasa haben die Astronauten in der Raumstation buchstäblich gezündelt. In einer geschützten Umgebung wurde das Verhalten von Flammen in der Schwerelosigkeit untersucht. Für die japanische Raumfahrtagentur Jaxa wurden neue Kristalle aus Silizium und Germanium gezüchtet, als Ergebnis entstehen möglicherweise in wenigen Jahren neue, noch leistungsfähigere Computerchips. Spektaktuläre Fotos hat Alexander Gerst mehrfach von Auroras gepostet. Diese von der Erde aus als Polarlichter bezeichneten Effekte entstehen in der Atmosphäre, wenn Sonnenstürme auf das Magnetfeld der Erde treffen. Die Wechselwirkung der elektromagnetischen Felder beeinflusst aber auch die Elektronik auf der Raumstation. Die Raumfahrer haben daher genau beobachtet, welche Effekte solche Ereignisse auf die Technik haben. Das hat nicht nur Bedeutung für den Betrieb etwa von TV-Satelliten, die noch weit höher als die ISS fliegen und damit ebenfalls ohne den Schutz des irdischen Magnetfelds sind, sondern auch für Flugzeuge, deren Reisehöhe immer weiter nach oben verschoben wird.

    Zum Forschungsprogramm gehören zudem Untersuchungen in den Bereichen der Biologie und Medizin. So könnte ein Wirkstoff, der mit Zellkulturen in der Schwerelosigkeit viel schneller reagiert als bei gleichartigen Experimenten auf der Erde, eines Tages zur Behandlung von Diabetes und vielleicht sogar von Krebspatienten zum Einsatz kommen. Bei anderen Experimenten sind Gerst und seine Kollegen gleichzeitig die Versuchsobjekte, dabei maßen sie unter anderem den Augendruck und nahmen regelmäßig Blutproben. In den nächsten Wochen werden die Mediziner zudem genau beobachten, wie sich Veränderungen der Wirbelsäule und der Muskeln bei den Raumfahrern auf der Erde wieder zurückbilden.

    Gerst nahm viele Fotos in seiner Freizeit auf

    Immer wieder hat Alexander Gerst bei Interviews von der Raumstation in den vergangenen fünfeinhalb Monaten betont, wie wichtig die gemeinsame Arbeit von tausenden Forschern und Ingenieuren über alle kulturellen Unterschiede hinweg bei diesem Gemeinschaftsprojekt der Menschheit ist. „Nur wenn wir gemeinsam handeln, wenn wir uns als die eine Menschheit begreifen, so wie wir sie deutlich aus dem All sehen, können wir die Zukunft gestalten!“, sagte er in einem am Sonntag veröffentlichten Video.

    Der Öffentlichkeit in Erinnerung bleiben werden auch seine Fotos und Videos, die er in seiner Freizeit aufnahm. Am Samstag machte Gerst mit drei Aufnahmen, die er im sozialen Netzwerk Facebook veröffentlichte, noch einmal die große Faszination seiner Mission deutlich: „Um zu erkennen, dass Menschen im Weltraum leben können, brauchte ich ein halbes Jahr hier oben. Um zu erkennen, wie schön unsere Erde ist, brauchte ich eine Minute. Um zu erkennen, wie verletzlich unser kleiner, blauer Planet ist, reichte mir ein einziger Blick.“

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