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Britische Kleinstadt: Was ist Glastonbury ohne sein Festival?

Britische Kleinstadt

Was ist Glastonbury ohne sein Festival?

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    Das Glastonbury-Festival zieht Hunderttausende an.
    Das Glastonbury-Festival zieht Hunderttausende an. Foto: Ben Birchall, dpa

    Die Elfe wünscht mit fast singender Stimme Frieden auf Erden, bevor sie sich als Nora aus Irland vorstellt. Und dann den Besucher noch um ein paar Pennys bittet; vom Weltfrieden allein lässt sich eben nicht zu Abend essen, nicht einmal in Glastonbury. Sie steht an der Hauptgeschäftsstraße und fällt trotz ihres Elfenkostüms kaum auf. So sonnt sich auf einer nahen Parkbank eine Piratenbraut in lilafarbenem Samtrock und passender Tüllbluse – und das an einem normalen Dienstag. Sind denn alle verrückt geworden? Nora lacht und sagt: „Willkommen in Glastonbury! Wir sind eben anders, besonders.“

    Die Welt kennt das Städtchen im Südwesten Großbritanniens durch das gigantische Glastonbury-Festival, das nicht weit vom Ort jährlich auf einer Farm stattfindet. Knapp 170.000 Fans von Pop-, Folk- und Rockmusik, Kunst und Theater kamen 2017 zum weltweit größten Open-Air-Spektakel. Oft mischen sich Stars wie Model Kate Moss unter die Besucher.

    Pause für das Glastonbury-Festival

    Dieses Jahr legen die Veranstalter eine Pause zur Erholung des von der Feiermeute stark beanspruchten Geländebodens ein. Seit 1970 findet das Event mit Ursprüngen in der Hippie-Ära statt.

    Aber was ist, wenn nicht gerade Festival ist? Über das ganze Jahr hinweg funktioniere der Ort wie ein Magnet wegen seiner heilenden Gewässer, Legenden und Spiritualität, erklärt Gerard Tucker. Der stellvertretende Bürgermeister dürfte der einzige unter den 8600 Bewohnern sein, der im Anzug unterwegs ist. Er weiß um die Bedeutung der Stadt für Einheimische wie Touristen und Pilger. „Viele Leute denken, sie finden hier das Ende des Regenbogens“, sagt er ohne Ironie. Sie können an Feenkursen und Engelsseminaren teilnehmen, Heiler befragen oder vom tropfenförmigen Hügel Tor aus den Blick über das trockengelegte Marschland genießen.

    Sogar König Artus soll in Glastonbury gewesen sein

    „Die Stadt wurde im 20. Jahrhundert wiederentdeckt als spiritueller Ort“, sagt Luke Loader. „Dabei hatte sie diesen Ruf schon viele Jahrhunderte vorher.“ Er zeigt über die Ruinen der Abtei von Glastonbury, über prächtig gemeißelte Fenster aus dem 12. Jahrhundert, über ein Riesengelände mit gut erhaltenen Ruinen. Hierhin soll sich der legendäre König Artus nach seiner Verwundung zurückgezogen haben. Nun steht Luke Loader vor dessen Grab und erzählt mit großer Gestik jene Geschichte, die über Jahrhunderte immer wieder neu geschrieben und anders erzählt wurde. So legten Mönche den Grundstein für eine neue Abtei, nachdem der bisherige Bau 1184 durch einen Brand zerstört worden war. Dabei entdeckten die Geistlichen einen Sarg, in dem zwei Skelette lagen. Artus und seine Ehefrau Guinevere?

    Obwohl im Laufe der Zeit immer wieder gebuddelt, aber weit und breit keine Reste der Gebeine entdeckt wurden: Die Geschichte ließ sich gut genug verkaufen, dass über Jahrhunderte zahlungskräftige Menschen zum Anführer der Ritter der Tafelrunde pilgerten. Bis heute. Selbst Königin Elizabeth II. weiß von all der Energie Glastonburys. Bürgermeister Tucker bleibt auf seinem Stadtspaziergang an einem Weißdorn stehen. Es sei ein heiliger Dornbusch, sagt er. „Ein Wunder“, sagen andere, da dieser zwei Mal pro Jahr blühe. Jeden Dezember wird ein Zweig an die Queen in den Londoner Buckingham-Palast geschickt, der dann auf dem Tisch der Royals landet – ein heiliger Gruß aus dem magischen Glastonbury.

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