"Die bisher erfolgreiche Eindämmung des Virus macht dies vertretbar und man kann in den wenigen Wochen bis zu den Ferien Erfahrungen sammeln, bei Gefahrensituationen gegensteuern und hat die langen Ferien als zeitlichen Sicherheitspuffer" sagte Fickenscher der Deutschen Presse-Agentur. "Das ist besser, als nach den Ferien ohne eine solche Erprobungsphase ins neue Schuljahr ohne Abstandsregeln zu starten und dann möglicherweise in schwierige Situationen zu kommen."
Fickenscher ist Direktor des Instituts für Infektionsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein und Präsident der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten.
In Schleswig-Holstein sollen vom 8. Juni an alle Grundschüler wieder in ihren Klassen ohne Abstandsregeln unterrichtet werden. Noch vor den dort am 29. Juni beginnenden Sommerferien sollen zudem alle Schüler aller Schularten zumindest tageweise zusammen kommen. Ab Mitte Juni peilt auch Sachsen-Anhalt für Grundschüler einen Betrieb in voller Klassenstärke an. In Baden-Württemberg ist das ab Ende Juni geplant.
Die Frage, welche Rolle Kinder bei der Verbreitung des Virus spielen, ist noch nicht abschließend geklärt. Eine kleinere Studie des Berliner Virologen Christian Drosten von der Charité hatte Hinweise darauf gegeben, dass sie genau wie Erwachsene das Virus weitergeben können. Andere Forscher haben gefunden, dass Kinder ein geringeres Ansteckungsrisiko haben.
Zu Beginn der sich rasch ausbreitenden Pandemie sei es richtig gewesen, "so vorsichtig wie möglich zu sein", sagte der Experte. Mit den niedrigen Zahlen an Neuinfektionen habe sich die Situation geändert. Es gehe jetzt um die Abwägung der Verhältnismäßigkeit von Einschränkungen und Risiken. "Wir haben in den vergangenen Wochen eine ganze Menge an Lockerungen erlebt und sind damit bisher überraschend gut gefahren." (dpa)