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The Kelly Family: Voller Liebe: Das Comeback-Konzert der Kelly Family in München

The Kelly Family

Voller Liebe: Das Comeback-Konzert der Kelly Family in München

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    Wiedervereint zieht die Kelly Family durch Europa. Auf dem Bild sieht man sie in Wien. Ein Comeback-Konzert gaben sie am Samstagabend auch in München.
    Wiedervereint zieht die Kelly Family durch Europa. Auf dem Bild sieht man sie in Wien. Ein Comeback-Konzert gaben sie am Samstagabend auch in München. Foto: Herbert Pfarrhofer, AFP

    Wenn bei einem Comeback nicht alle mitmachen wollen, ist das meistens ein schlechtes Zeichen. Eines der jüngsten Beispiele: Take That ohne Robbie Williams. Ziemlich mau. Auch bei den Kellys ist die Großfamilie kleiner geworden: Paddy, heute musikalisch unterwegs als Michael Patrick Kelly, sowie seine Geschwister Barby und Maite mochten oder konnten nicht.

    Wiedervereint nach 20 Jahren: The Kelly Family in München

    Immer wieder ertappt man sich bei solchen Comeback-Touren beim gleichen Gedanken: Denen ist bestimmt das Geld ausgegangen. Wie die finanziellen Verhältnisse der sechs verbleibenden Schwestern und Brüder sind, wissen wir nicht. Es ist auch egal, die Tour war bisher in jeder Stadt ausverkauft, das erste Konzert in der Dortmunder Westfalenhalle nach 18 Minuten.

    Millionen Fans sind glücklich, „An Angel“ wieder live aus Angelos Kellys Mund zu hören, ohne dafür im Kinderzimmer nach der alten CD zu wühlen. Und es ist überhaupt nicht peinlich. Jedenfalls nicht peinlicher, als die Kellys in den Neunzigern gewesen sein mögen – jedenfalls nach Meinung von denen, die die Backstreet Boys und eben jenen Robbie Williams in ihre selbstgebastelten Fan-Ordner klebten.

    12.000 von denen, die anderer Meinung waren, erlebten am Samstag in der Münchner Olympiahalle ein Konzert, das überhaupt nichts hatte von einem lauen Aufwärmen der Neunziger, in denen die Kellys ihren Riesenerfolg mit dem Kauf eines Schlosses krönten. Die Iren, so klischeehaft es klingen mag, haben ihre Botschaft einfach drauf: We got love.

    Erstaunlich wenig Original-Merchandise ist in der Halle zu sehen, hier ein übriggebliebener mit dem Familienlogo bedruckter Turnbeutel, da ein T-Shirt zum Erfolgsalbum „Over The Hump“, das seiner Trägerin 24 Jahre nach dessen Erscheinen immer noch viel zu groß ist. Warum waren die T-Shirts der Kelly Familiy gefühlt eigentlich immer XL?

    Egal, die meisten hier sind etwas über 30 und haben sie wohl ohnehin nicht mehr, sondern ihren eigenen Stil: manche Besucherinnen, modisch sehr hip, könnte man sich gut in einer Werbeagentur vorstellen, die anderen eher beim entspannten Brunch mit anderen Mamas, die sonst lieber über den Alltag mit den Kleinen sprechen statt Konzertbesuche zu planen. Ihre Männer und Freunde haben sie auch mitgebracht. Dazwischen noch ein paar Rockerpärchen, die möglicherweise extra ihre Jeanskutten angezogen haben um zu zeigen, dass sie vor allem da sind, weil es so schön trashig ist, 2018 zur Kelly Family zu gehen.

    Nur: Es stellt sich halt ganz anders heraus. Auf der Bühne stehen einfach nur sechs sehr sympathische Menschen, die es offensichtlich immer noch nicht glauben können, dass ihre Fans da draußen wohl einfach dageblieben sind, nachdem sich die Familie Ende der 90er Jahre in neun Individuen spaltete, die ihr Leben abseits der Bühne begannen.

    So haben sich die Mitglieder der Kelly Family verändert

    Da ist Jimmy, heute 47, kurzhaarig und lausbübischer denn je, der das Konzert mit „I can’t stop the love“ eröffnet und irgendwann später mit Mundharmonika, Gitarre und ganz allein auf der Bühne erzählt, dass seine Vorbilder heute die Männer sind, die abseits des Rampenlichts ihr Leben führen und für ihre Kinder da sind. In den vergangenen Jahren tourte er mit einer kleinen Band um seine Frau Meike durch die Fußgängerzonen Europas und veröffentlichte danach ein kleines Album. Heute stürmt er durch irisch-grünen Konfettiregen, wirft sich auf den Boden des Stegs ins Publikum, macht Selfies mit glückseligen Fans und sorgt im Gesangsduell mit Schwester Patricia beim Song „Please don’t go“ für begeisterte Ausraster im Publikum.

    Die wiederum ist auch heute noch dauer-fröhlich, hüpft in irischem Gewand über die Bühne, beugt sich dutzende Male hinunter zu den Fans, die sich das Comeback so richtig geben wollen und es in den Graben in der Mitte der runden Bühne geschafft haben. Die heute 48-Jährige konnte lange nicht auf der Bühne stehen, 2010 erkrankte sie wie einst ihre Mutter Barbara Ann an Brustkrebs. Eine Operation half.

    Sie führt das auf Gott zurück, überlegte nach eigenen Angaben sogar, ins Kloster zu gehen, entschied sich stattdessen aber doch für eine Familie. Sie spielte Theater, brachte mehrere Weihnachts-CDs auf den Markt. Tausende machen in München ihre Handylichter an, singen mit Patricia die Schnulze „First time“ - und man fühlt sich erstmal ein bisschen ertappt beim fast naiv-debilen Lächeln und mit offenem Herzen. Aber den anderen hier geht es doch genauso und im Lauf des Konzerts fühlt es sich ja dann auch ganz normal an.

    Nur diese ACDC-Momente reißen einen immer wieder aus all der liebestrunkenen Nostalgie. Dafür ist Joey zuständig. Wie ein Besessener stürmt er bei den Krachern „Why why why“ und „The Wolf“ in seiner Lederjacke über die Bühne und stößt zwischen Feuerfontänen das Mikro in die Luft. Dafür reicht die Ausdauer locker, obwohl es der Triathlet, der auch mal ein paar Tage im Wald lebte und sich dabei filmen ließ, mit dem Sport offenbar gerade etwas ruhiger angehen lässt. Jetzt hat er eh keine Zeit mehr dafür, auch wenn Jimmy ankündigt, wer nicht mitmache, müsse mit Joey zum nächsten Konzert laufen.

    Kathy Kelly thront lieber – und zwar matronenhaft in der Mitte der Bühne, mit schillernder, bodenlanger Robe. Kaum vorstellbar, dass diese Frau sich 2010 beim „Supertalent“ bewarb und 2011 von den Zuschauern aus dem falschen Bergleben der RTL-Show „Die Alm“ gekegelt wurde. Kathy trägt viel zu dem musikalischen Kulturschock bei, den ein Kelly-Konzert immer auch bedeutet. Sie widmet ihrem heute 25-jährigen Sohn den teils spanischsprachigen Song „Father’s Nose“, tanzt zwischendurch Flamenco und intoniert einen Gospel – so ist das eben, wenn man mal in einem Doppeldeckerbus durch die halbe Welt getingelt ist. Kathy, heute 55, hat es als ältestes aktives Kelly-Kind am längsten miterlebt.

    Ein Konzert voller Liebe: The Kelly Family in München

    Angelo ist der jüngste und wohl auch der, zu dem man neben Joey am wenigsten sagen muss. Man trifft ihn immer mal wieder im Fernsehen, jetzt wieder als maskierter Talentsucher in der RTL-Sendung „Promi Boss Undercover“. Mit seiner Frau und den fünf Kindern hat er sich eine zweite singende Kelly Family geschaffen. München tobt, als Angelo, das Engelchen von früher, zu einem Schlagzeugsolo ansetzt, den Haargummi wegwirft und anfängt, wild headzubangen. Als er den Megahit „An Angel“ anstimmt, ist es der Moment, in dem man Paddy und die anderen fehlenden Kellys ganz kurz vermisst. Aber Patricia hilft ja aus, singt auch die Passagen, die Angelos früherer Glöckchenstimme heute zu hoch sind. Der 36-Jährige übrigens lebt heute in Irland, Bruder Johnny, pardon John, sah er zuletzt nur einmal im Jahr.

    Der hat mit dem abgekürzten Namen auch die verwegenen Locken verschwinden lassen. Die Frage, die sich wohl viele stellen, wenn John 2018 auf der Bühne ein Duett mit John 1980 auf der Leinwand singt: Nutzt er ein Glätteisen? Egal. Das wichtigste ist, dass John dieses unglaubliche Phänomen dieser Tour so erklärt, dass man es einfach  nur aufschreiben muss: „Vor 20 Jahren haben wir euch etwas Gutes dagelassen. Jetzt gebt ihr es uns zurück.“ Er meint, natürlich, die Liebe.

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