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Verunsicherung und Ängste: Forscher warnt vor "Epidemie der Einsamkeit" wegen Corona

Verunsicherung und Ängste

Forscher warnt vor "Epidemie der Einsamkeit" wegen Corona

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    Ein wichtiges Mittel gegen die Ausbreitung des Coronavirus ist Abstand halten. Es hat aber erhebliche Nebenwirkungen, vor allem für ältere Menschen.
    Ein wichtiges Mittel gegen die Ausbreitung des Coronavirus ist Abstand halten. Es hat aber erhebliche Nebenwirkungen, vor allem für ältere Menschen. Foto: Armin Weigel/dpa

    Mindestens anderthalb Meter Abstand, lautet eine wichtige Corona-Regel. Viele Menschen haben sich deutlich weiter voneinander entfernt. Sie leben allein in ihren vier Wänden und haben kaum Kontakt zu anderen Menschen.

    "Die Zahl der Menschen fast ohne jeden menschlichen Kontakt in einer Großstadt ist größer als man denkt", sagt der Leiter des Fachbereichs Beratung und Seelsorge beim Diakonischen Werk Hamburg, Stefan Deutschmann. Die

    Bundesweit haben die rund 100 von den beiden großen Kirchen getragenen Telefonseelsorgestellen eine ähnlich große Zunahme der Gesprächskontakte verzeichnet. In rund 40 Prozent der Telefonate seien die Einschränkungen, Verunsicherungen und Veränderungen durch die Pandemie Hauptthema gewesen.

    Um Verunsicherung und Ängste drehten sich 16 Prozent der Gespräche, um Alleinsein und Einsamkeit 24 Prozent, wie Ulrike Mai, Sprecherin der Telefonseelsorge, berichtet. Auch im September dieses Jahres zählte die

    Der Hamburger Zukunftsforscher Horst Opaschowski warnt vor einer dramatischen Zunahme der Einsamkeit. "Die Pandemie droht zur Epidemie der

    Im vergangenen Mai gaben 80 Prozent der Befragten in einer Umfrage des Forsa-Instituts an, besonders belaste sie der fehlende Kontakt zu Familie und Freunden. Die Folgen der Pandemie hätten viele Menschen auf eine psychische Belastungsprobe gestellt, erklärte die Techniker Krankenkasse (TK), die die repräsentative Studie in Auftrag gegeben hatte. Die Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen nähmen allerdings schon seit Jahren zu, sagte eine TK-Sprecherin.

    Opaschowski macht in seinem neuen Buch "Die semiglückliche Gesellschaft" auf die langfristigen Folgen aufmerksam. In der künftigen Gesellschaft des langen Lebens werde die größte Armut im Alter die Kontaktarmut sein, prophezeit er. Immer mehr Menschen lebten im Alter allein. Sie hätten deutlich weniger soziale Kontakte als in früheren Jahren, vermissten die Arbeitskollegen und die Anerkennung im Beruf, sagt Opaschowski. Die Grenzen von Einsamkeit, Depressionen und psychischen Erkrankungen seien fließend.

    Die Bundespsychotherapeutenkammer hatte bereits im August auf diese Gefahr hingewiesen. "Neben Depressionen und Angststörungen, akuten und posttraumatischen Belastungsstörungen können auch Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit, Zwangsstörungen und Psychosen zunehmen", erklärte Kammerpräsident Dietrich Munz. Ältere zählten zu den am stärksten betroffenen Gruppen. "Bei vielen, die 75 Jahre und älter sind, wird aus der Angst sich anzustecken nicht selten Todesangst und aus Rückzug totale Isolation", so die Kammer unter Berufung auf praktische Erfahrungen von Psychotherapeuten. "Am Ende quälen sie sich mit der Erwartung, wegen Corona allein zu sterben."

    © dpa-infocom, dpa:201011-99-901459/2 (dpa)

    Homepage Opaschowski

    Bibliografische Angaben zu "Die semiglückliche Gesellschaft"

    TK-Mitteilung zur Forsa-Umfrage

    Ergebnisse der Forsa-Umfrage

    Telefonseelsorge / Statistik 2019

    Mitteilung der Bundespsychotherapeutenkammer vom 17.8.20

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