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Verbrechen: Rechtsextreme Terrorzelle entdeckt

Verbrechen

Rechtsextreme Terrorzelle entdeckt

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    Glasscherben liegen am 09.06.2004 vor einem durch eine Explosion zerstörten Haus in Köln. Im Rahmen der Ermittlungen zum Heilbronner Polizistenmord untersucht die Polizei mögliche Verbindungen zu ungeklärten Anschlägen in Nordrhein-Westfalen. Archivfoto: Türkiye dpa
    Glasscherben liegen am 09.06.2004 vor einem durch eine Explosion zerstörten Haus in Köln. Im Rahmen der Ermittlungen zum Heilbronner Polizistenmord untersucht die Polizei mögliche Verbindungen zu ungeklärten Anschlägen in Nordrhein-Westfalen. Archivfoto: Türkiye dpa

    Bundesanwaltschaft und Polizei sind möglicherweise einer beispiellosen Mordserie mit rechtsextremem Hintergrund auf der Spur. Nach Einschätzung der Ermittler gehen sowohl der Mord an einer Polizistin in Heilbronn im April 2007 als auch die sogenannten „Döner-

    Auf den möglichen Zusammenhang stießen die Ermittler bei der Durchsuchung einer Zwickauer Wohnung. Dort fanden Beamte die Pistole der tschechischen Marke „Ceska“, Typ 83, mit der die „Döner-Morde“ begangen worden waren. Bei der Mordserie starben in Nürnberg, Hamburg, München, Rostock, Dortmund und Kassel insgesamt sechs Türken, zwei türkischstämmige Deutsche und ein Grieche. Die meisten Opfer waren Kleingewerbetreibende und wurden tagsüber in ihren Geschäften mit Kopfschüssen regelrecht hingerichtet. Ein eindeutiges Motiv gab es bislang in keinem der Fälle.

    Die Döner-Morde

    Die Morde an acht türkischen und einem griechischen Staatsangehörigen in den Jahren 2001 bis 2006 wurden unter den sogenannten Döner-Morden als Serie erfasst.

    Am 9. September 2000 wird in Nürnberg der Blumengroßhändler Enver Simsek an seinem Arbeitsplatz mit Kugeln aus zwei Waffen erschossen. Er war türkischer Staatsangehöriger.

    Mehrere Monate später, am 13. Juni 2001, wird ebenfalls in Nürnberg der Schneider Abdurrahim Özüdogru mit zwei Kopfschüssen getötet. Er war allein an seinem Arbeitsplatz.

    Schon wenige Tage später, am 27. Juni 2001, wird in Hamburg der Gemüsehändler Süleyman Taskörpü erschossen.

    Am 29. August 2001 fällt der Gemüsehändler Habil Kilic in München einem unbekannten Killer zum Opfer.

    Am 25. Februar 2004 schlägt der Mörder nach einer längeren Pause wieder zu und tötet in Rostock den Döner-Verkäufer Yunus Turgut.

    Erneut vergeht eine längere Pause, ehe am 9. Juni 2005 der Dönerbudenbesitzer Ismail Yasar erschossen aufgefunden wird. Tatort war wieder Nürnberg.

    Knapp eine Woche später, am 15. Juni 2005, wird der aus Griechenland stammende Theodoros Boulgarides erschossen. Er arbeitete für einen Schlüsseldienst in München.

    Nach einer mehrmonatigen Pause wird in Dortmund am 4. April 2006 der Kioskbesitzer Mehmet Kubasik getötet.

    Schon zwei Tage später wird in Kassel der 21-jährige Halit Yozgat in seinem Internet-Café erschossen.

    Alle neun wurden mit einer Pistole der tschechischen Marke Ceska mit Schalldämpfer am helllichten Tag regelrecht hingerichtet.

    In der Zwickauer Wohnung hatten die beiden Männer gelebt, deren Leichen vor einer Woche in einem ausgebrannten Wohnmobil bei Eisenach gefunden worden waren. Die 34- und 38-Jährigen sollen zuvor eine Bank überfallen haben. Nach Polizeiangaben begingen sie Selbstmord. In dem Wohnmobil lagen auch die Dienstwaffen der getöteten Heilbronner Polizistin und ihres damals schwer verletzten Kollegen. In Zwickau wurde ebenfalls am 4. November das Haus in die Luft gejagt, in dem Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos mit ihrer Gefährtin Beate Zschäpe unerkannt gelebt hatten. Die Frau soll die Explosion ausgelöst haben.

    Nach den bisherigen Ermittlungen hatte das Trio bereits seit Ende der 90er Jahre Verbindungen zu rechtsextremistischen Kreisen. In der Wohnung, die Beate Zschäpe vermutlich vergangene Woche in die Luft gejagt hat, sind laut Bundesanwaltschaft Beweise sichergestellt worden, die auf eine rechtsextremistische Motivation der „Döner-Morde“ hinweisen. Es soll sich um Propaganda-Videos handeln, die sich auf eine Gruppierung mit dem Namen „Nationalsozialistischer Untergrund“ beziehen und Bezüge zu den „Döner-Morden“ enthalten.

    Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) zeigt sich angesichts der jüngsten Entwicklungen schockiert: Wenn die Hinweise aus Eisenach und Zwickau zuträfen, dann habe „in Deutschland erstmals eine rechtsextremistische Terrorzelle eine entsetzliche Blutspur hinterlassen“, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Bernhard Witthaut.

    Im Fall des Augsburger Polizistenmordes gibt es laut Polizeipräsidium Schwaben-Nord nach wie vor keinerlei Hinweise auf eine Verbindung zum Heilbronner Polizistinnenmord und zur „Döner-Mordserie“. (mit dapd, afp)

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