Fast zwei Monate lang war der ehemalige Kammerdiener von Papst Benedikt XVI. im Gefängnis. Nun wurde Paolo Gabriele aus der Haft entlassen. Allerdings ist der ehemalige kammerdiener des Papstes nicht ganz frei. Wie Vatikan-Sprecher Federico Lombardi mitteilte, werde
Interne Dokumente aus dem Vatikan an Medien gegeben
Paolo Gabriele war im Mai festgenommen worden, nachdem zuvor immer wieder interne Dokumente aus dem Vatikan an italienische Medien weitergegeben wurden, in denen es um Korruption, Geldwäsche und Kindesmissbrauch ging. Die Affäre wird in Anlehnung an die Enthüllungswebsite Wikileaks "Vatileaks" genannt. Gabriele steht im Verdacht, eine der undichten Stellen im Kirchenstaat zu sein.
Ehemaliger Kammerdiener des Papstes
Der 46-Jährige hatte seit 2006 für den Papst gearbeitet. Er war einer der wenigen Vertrauten, die Zugang zu dessen Privaträumen hatten. Er hatte Benedikt XVI. auch auf Auslandsreisen begleitet und oft mit im Papamobil gesessen.
Nach einer weiteren Befragung Gabrieles am Samstag sei eine Untersuchungshaft nicht weiter nötig, sagte Lombardi vor Journalisten. Der frühere päpstliche Kammerdiener werde nun "mit seiner Familie wohnen", dürfe sein im Vatikanstaat gelegenes Haus aber nur verlassen, um zum Gottesdienst zu gehen.
Paoloa Gabriele soll aus Idealismus gehandelt haben
Gabrieles Anwalt Carlo Fusco versicherte, sein Mandant habe keinem größeren "Netzwerk" oder einer "Verschwörung" innerhalb oder außerhalb des Kirchenstaats angehört. Er habe allein aus "Liebe" zum Papst gehandelt und um diesem zu helfen. Es sei ihm darum gegangen, die katholische Kirche "lebendiger" zu machen. "Er hat aus Idealismus heraus gehandelt", sagte der
Wie der Anwalt weiter ausführte, stand der Kammerdiener zudem "an verschiedenen Fronten unter Druck". Er habe zu Hause und auf der Arbeit Stress gehabt. Einzelheiten nannte der Anwalt allerdings nicht.
Vatileaks: Kommt es zum Prozess?
Nach Angaben von Vatikan-Sprecher Lombardi wird spätestens Anfang August darüber entschieden, ob Gabriele der Prozess gemacht wird. Im Fall einer Verurteilung wegen schweren Diebstahls drohen dem Familienvater bis zu sechs Jahre Haft. Er könnte aber auch vom Papst begnadigt werden.
Eine vom Papst eingesetzte Kommission aus Kardinälen, die den Enthüllungsskandal untersuchen sollte, hat ihre Befragungen ebenfalls abgeschlossen, wie Lombardi mitteilte. Sie habe dem Papst auch schon einen Bericht vorgelegt. Zum Inhalt äußerte er sich allerdings nicht. Er sagte nur, dass Gabriele weiter der einzige Verdächtige sei.
Beobachter gehen davon, dass der päpstliche Kammerdiener nicht die einzige undichte Stelle im Vatikan gewesen ist und auch hochrangige Kirchen-Vertreter hinter den Veröffentlichungen stehen könnten. Mit der Weitergabe der Papiere sollte demnach Druck auf Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone ausgeübt werden, die Nummer zwei im Kirchenstaat nach dem Papst. Er steht wegen der Führung der Kirchenverwaltung seit langem in der Kritik. afp/AZ