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Urlaub: In Italien tobt ein Handtuchkrieg

Urlaub

In Italien tobt ein Handtuchkrieg

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    Etliche Urlauber wollen den perfekten Strandplatz für sich. Deshalb reservieren sie ihn schon früh morgens und stiften Unruhe in Italien.
    Etliche Urlauber wollen den perfekten Strandplatz für sich. Deshalb reservieren sie ihn schon früh morgens und stiften Unruhe in Italien. Foto: Olivier Morin, afp

    Rom Strand ist nicht einfach Strand in Italien. Es gibt die „spiaggia libera“, den freien Strand und es gibt die „stabilimenti“, die von einem Pächter betriebenen und mit Liegestühlen und Sonnenschirmen ausgerüsteten Strandanlagen. Das wahre Sommervergnügen empfindet der Italiener am freien Strand. Denn dort kommt er normalerweise nicht ölsardinenartig neben Seinesgleichen zu liegen. Die im Grunde anarchische und zivilisatorische Urtriebe weckende Besetzung des eigenen Stück Landes mit Handtuch, Sonnenschirm und neuerdings auch sogenannten Strandmuscheln gibt den Bewohnern des italienischen Stiefels im Sommer ein Stück der Freiheit zurück, die sie in den Mühen des Alltags aufgegeben haben.

    Der Strand ist außerdem des Italieners Eigentum. Die 7500 Kilometer Küste in Italien sind nämlich Staatsbesitz. Wer sich an der Küste breit macht, etwa mit dem Bau einer wirklichen Immobilie oder auch nur mit vorübergehenden Konstruktionen, der legt sich im Prinzip mit dem ganzen Land an (oder hat beste Beziehungen zu den Behörden). Wenn es nun aber dazu kommt, dass der Italiener morgens am Strand bereits ganze Batterien von Sonnenschirmen, Handtüchern oder sonstigen Platzhaltern vorfindet, dann wird es ernst. Genau das passiert derzeit. Es ist schon die Rede vom „Krieg der Sonnenschirme“.

    Küstenwache konfisziert Handtücher, Liegen und Co.

    Einer der Schauplätze dieser Auseinandersetzung ist die toskanische Provinz Livorno. Im Seebad Marina di Cecina machten Angehörige der italienischen Küstenwache zuletzt schon am frühen Morgen einen grausigen Fund: 37 Liegestühle, 30 Sonnenschirme, Handtücher und „sogar Badekleidung“, wie die Zeitung La Repubblica entsetzt festhielt, alles verteilt auf einer Länge von 100 Metern, in unmittelbarer Nähe des Wassers. Dort wollte eine ganze Armada von Badegästen offenbar das Prinzip des freien Strandes durchkreuzen, indem sie die Platzhalter bereits am Vorabend deponiert hatten. Die Beamten der Küstenwache konfiszierten die Gegenstände.

    Die Rechtsgrundlagen für diesen eigentlich sehr unitalienischen Akt behördlicher Intoleranz sind mannigfaltig. Da wären zum Beispiel das Gebot des allgemeinen Anstands oder die von der Küstenwache in diesem Jahr offenbar besonders eng ausgelegte „Operation sicheres Meer“ sowie ein Erlass der Gemeinde Marina di Cecina. Dem Erlass zu Folge muss derjenige mit bis zu 200 Euro Bußgeld rechnen, der sich der übereifrigen Reservierung des freien Strandes noch vor Morgengrauen schuldig macht. Die konfiszierten Gegenstände lagern im Büro der Küstenwache von Livorno.

    Auf die kommunistische Vergangenheit Livornos, wo im Jahr 1921 der Partito Comunista Italiano (PCI) gegründet wurde, ist dieser Akt toskanischen Gemeinsinns allerdings nicht zurückzuführen. Aus ganz Italien werden konfiszierte Handtücher und Sonnenschirme gemeldet, aus Sardinien ebenso wie aus Kampanien, Kalabrien und den Abruzzen. Die Küstenwache will im Sommer 2016 offenbar auf dem gesamten Stiefel durchgreifen.

    Wie Experten berichten, handelt es sich bei dem Phänomen der unerlaubten Strandparzellenreservierung um eine schlechte Gewohnheit, die in Italien mit dem Tourismus-Boom der 60er Jahre Einzug gehalten hat. Welcher Nationalität die Übeltäter von Livorno angehören, steht bisher noch nicht fest. Durch die Boulevardpresse des Landes sind aber Handtuch-Auseinandersetzungen überliefert, die es zwischen Deutschen, Engländern und vor allem Spaniern gab. Die Küstenwache möchte sich noch nicht so schnell auf Verdächtige festlegen und lässt diplomatisch wissen: „Die Verantwortlichen sind noch unbekannt“. Ob die corpi delicti jemals gegen Zahlung des hohen Bußgelds abgeholt werden, ist fraglich. Ein neuer Sonnenschirm kostet schließlich nur zwischen zehn bis 15 Euro.

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