Die Jury der sprachkritischen Aktion in Darmstadt hat für das Jahr 2020 erstmals ein Unwörter-Paar gekürt. Die "Unwörter des Jahres" sind "Corona-Diktatur" und "Rückführungspatenschaften", wie die Jury am Dienstag mitteilte.
Das vergangene Jahr sei in bisher kaum gekannter Weise von einem einzigen Thema geprägt worden, teilte die Jury zur Begründung mit. Mit der Wahl eines Unwort-Paares nehme man darauf Rücksicht, dass die Pandemie in der Öffentlichkeit, wie auch in den Vorschlägen dominiert habe. Sie mache aber zugleich darauf aufmerksam, dass auch in anderen Themenbereichen inhumane und unangemessene Wörter geprägt und verwendet wurden.
Chronologie: Das "Unwort des Jahres"
2020: "Rückführungspatenschaften" und "Corona-Diktatur"
2019: "Klimahysterie"
2018: "Anti-Abschiebe-Industrie"
2017: "Alternative Fakten"
2016: "Volksverräter"
2015: "Gutmensch"
2014: "Lügenpresse"
2013: "Sozialtourismus"
2012: "Opfer-Abo"
2011: "Döner Morde"
2010: "Alternativlos"
2009: "Betriebsratsverseucht"
2008: "Notleidende Banken"
2007: "Herdprämie"
2006: "Freiwillige Ausreise"
2005: "Entlassungsproduktivität"
2004: "Humankapital"
2003: "Tätervolk"
2002: "Ich-AG"
2001: "Gotteskrieger"
2000: "National befreite Zone"
1999: "Kollateralschaden"
1998: "Sozialverträgliches Frühableben"
1997: "Wohlstandsmüll"
1996: "Rentnerschwemme"
1995: "Diätenanpassung"
1994: "Peanuts"
1993: "Überfremdung"
1992: "Ethnische Säuberung"
1991: "Ausländerfrei"
"Rückführungspatenschaften" sei ein Begriff der EU-Kommission, mit dem neue Mechanismen der Migrationspolitik bezeichnet wurden. Das Wort sei zynisch und beschönigend. Mit Rückführung sei nichts anderes gemeint als Abschiebung und die Patenschaft sei ein eigentlich positiv besetzter Begriff. Der Begriff der "Corona-Diktatur" sei seit Beginn des öffentlichen Diskurses in der Pandemie von selbst ernannten "Querdenkern" und rechten Propagandisten gebraucht worden, um regierungspolitische Maßnahmen zur Eindämmung zu diskreditieren.
Unwort des Jahres soll auf unangemessenen Sprachgebrauch aufmerksam machen
Die Corona-Pandemie war bei den Vorschlägen das dominierende Thema der 1826 bis zum 31. Dezember eingegangenen Einsendungen. Es gab 625 unterschiedliche Vorschläge. 75 der Wörter entsprachen einem der vier Unwort-Kriterien.
Die sprachkritische Aktion "Unwort des Jahres" möchte mit ihrer alljährlichen Aktion auf unangemessenen Sprachgebrauch aufmerksam machen und so sensibilisieren. Dabei werden Wörter gerügt, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie verstoßen, die gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder die euphemistische, verschleiernde oder irreführende Formulierungen sind. Reine Schimpfwörter zählen nicht. Vorschläge müssen eines der Kriterien erfüllen. Die Jury richtet sich nicht nach der Menge der Vorschläge für ein einzelnes Wort.
Das "Unwort des Jahres" wird seit 1991 gekürt. 2019 war es "Klimahysterie". Ab dem kommenden Jahr wird eine neue Jury über die Unwörter entscheiden. (dpa)
Lesen Sie dazu auch:
- Wort des Jahres 2020: So überraschend wie eine Sünde im Beichtstuhl
- "Unwort des Jahres": Viele Einsendungen zum Coronavirus
- "...for future" ist der Anglizismus des Jahres 2019
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.