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Unfälle: Bald bis zu zehn Jahre Haft für illegale Autorennen?

Unfälle

Bald bis zu zehn Jahre Haft für illegale Autorennen?

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    Ein Kreuz steht an jener Stelle, an der ein 38-Jähriger bei einem illegalen Autorennen in Mönchengladbach getötet wurde. Die Staatsanwaltschaft geht inzwischen von Mord aus.
    Ein Kreuz steht an jener Stelle, an der ein 38-Jähriger bei einem illegalen Autorennen in Mönchengladbach getötet wurde. Die Staatsanwaltschaft geht inzwischen von Mord aus. Foto: Federico Gambarini, dpa

    Man könnte fast das Gefühl bekommen, dass es Vertretern aus Politik und Justiz beim Thema Raser und illegale Autorennen nun endgültig reicht: Gleich auf mehreren Ebenen wird das Thema in dieser Woche debattiert – leider ein weiteres Mal aus einem traurigen Anlass.

    Am Freitagabend hatte nach Erkenntnissen der Polizei ein 28-Jähriger bei einem illegalen Autorennen in Mönchengladbach einen 38-Jährigen angefahren. Der Fußgänger flog 40 Meter durch die Luft und starb an schweren Schädelverletzungen. Die Staatsanwaltschaft bereitet nun eine Anklage wegen Mordes gegen den 28-Jährigen vor.

    Illegale Autorennen: Schon die Teilnahme soll strafbar sein

    Gab es früher bei illegalen Autorennen Tote, erhielten die Täter zumeist nur geringere Strafen wegen fahrlässiger Tötung. Nun soll schon die Teilnahme an illegalen Rennen hart bestraft werden. Dafür gab es bislang ein Bußgeld in Höhe von 400 Euro und ein Monat Fahrverbot.

    Tote und Verletzte bei illegalen Autorennen in Deutschland

    Auf deutschen Straßen kommt es immer wieder zu illegalen Autorennen. Den Preis für den Nervenkitzel zahlen oft Unbeteiligte. Eine Auswahl schwerer Raser-Unfälle:

    August 2016: Ein Motorradfahrer kommt nach einem Zusammenstoß mit einem Porsche auf der Autobahn 66 in der Nähe von Frankfurt am Main ums Leben. Möglicherweise lieferten sich die beiden Fahrer ein Rennen, die Ermittlungen der Polizei dauern noch an.

    August 2016: Ein 22-jähriger Autofahrer rast bei Überherrn im Saarland in eine Gruppe Jugendlicher auf dem Bürgersteig. Eine 14-Jährige wird getötet, ein 16-Jähriger schwer verletzt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Unklar ist, ob es sich um ein illegales Autorennen gehandelt hat. Es seien in der Nähe noch andere getunte Fahrzeuge gesehen worden, die beteiligt gewesen sein sollen.

    Juli 2016: Wieder ein illegales Rennen in Köln. Bei einem Zusammenstoß zweier Autos wird eine Beifahrerin verletzt. Zuvor waren ein 23 und ein 24 Jahre alter Mann durch die Stadt gerast, hatten einander überholt und waren im Zickzack-Kurs auf einer mehrspurigen Straße um andere Autos herumgefahren, bis sie miteinander kollidierten.

    Juni 2016: Im Berliner Ortsteil Charlottenburg verliert ein junger Mann bei einem Rennen die Kontrolle über sein Auto und rammt einen stehenden Bus. Der 20 Jahre alte Autofahrer wird aus seinem Wagen geschleudert und beim Aufprall schwer verletzt.

    Mai 2016: Zwei Fahrer liefern sich ein Rennen in der Innenstadt von Hagen (Nordrhein-Westfalen). Bei einem Ausweichmanöver rammt einer der Raser unbeteiligte Autos. Fünf Menschen werden verletzt. Ein Sechsjähriger ist tagelang in Lebensgefahr, überlebt aber. Die Staatsanwaltschaft hat gegen die beiden Raser Anklage erhoben. Der sechsjährige Junge ist inzwischen auf dem Weg der Besserung.

    Februar 2016: In der Nähe der Berliner Gedächtniskirche fahren zwei junge Raser ein tödliches Rennen. Eines der Autos stößt mit einem Geländewagen zusammen, dessen 69 Jahre alter Fahrer stirbt. Die Staatsanwaltschaft hat im Juli Anklage wegen Mordes gegen die 24- und 27-Jährigen erhoben.

    Januar 2016: Bei einem illegalen Rennen in Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) verliert ein Fahrer die Kontrolle über seinen Wagen und prallt gegen einen Baum. Auf dem Rücksitz des Autos stirbt eine 22 Jahre alte Frau, zwei weitere Mitfahrer werden schwer verletzt.

    Dezember 2015: In Karlsruhe liefern sich zwei Autofahrer ein Rennen, bis es zum Unfall kommt. Beide Wagen rammen mehrere unbeteiligte Autos. Sechs Menschen werden verletzt, zwei von ihnen schwer.

    April 2015: Zwei junge Männer rasen durch Köln. Bei Tempo 100 verliert einer der beiden die Kontrolle über seinen Wagen. Eine 19 Jahre alte Radfahrerin wird tödlich verletzt.

    April 2015: Während ein Radfahrer in Leverkusen bei Grün die Straße überqueren will, fahren zwei Raser viel zu schnell auf die Kreuzung zu. Einer erfasst den 20-Jährigen und verletzt ihn schwer.

    März 2015: Bei einem Rennen fährt ein Raser in Köln über eine rote Ampel und rammt ein Taxi. Ein Fahrgast stirbt später an seinen schweren Verletzungen.

    Am Mittwoch ist die geplante Strafverschärfung Thema im Rechtsausschuss des Bundestages. In einer Gesetzesinitiative will der Bundesrat, dass künftig allein das Mitmachen bei einem illegalen Autorennen mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet wird, bei tödlichen Folgen sogar mit bis zu zehn Jahren Haft.

    Darüber hinaus hat auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt einen Gesetzesentwurf vorgelegt. Und nach dem Fall in Mönchengladbach will auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) härtere Strafen. Der Bundestag soll diese noch vor der Sommerpause beschließen. Heute und morgen ist eine Strafverschärfung zudem Thema bei der Justizministerkonferenz im pfälzischen Deidesheim.

    Des Weiteren steht morgen das Urteil des Kölner Landgerichts aus dem Jahr 2015 beim Bundesgerichtshof (BGH) auf dem Prüfstand: Das Landgericht hatte zwei Raser, bei deren Rennen eine 19-jährige Fahrradfahrerin getötet wurde, zu Bewährungsstrafen verurteilt. Dagegen hatte die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel eingelegt.

    Raserei auf deutschen Straßen ist schon länger Thema

    In der nächsten Zeit wird der BGH einen weiteren Fall auf den Tisch bekommen, der quasi umgekehrt gelagert ist. Erstmals bundesweit hatten Richter in Berlin zwei Raser wegen Mordes eines 69-jährigen Unbeteiligten verurteilt – zu lebenslangen Freiheitsstrafen. Dagegen hatten die Verurteilten Revision eingelegt. Nun spricht im Mönchengladbacher Fall zumindest die Staatsanwaltschaft nach dem

    Dass das Thema schon seit langem aktuell ist, zeigt ein Gespräch unserer Zeitung mit dem früheren Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma. Dessen Sohn war 2001 im Alter von 31 Jahren als Unbeteiligter bei einem illegalen Autorennen mitten in Köln zu Tode gekommen. Die Täter kamen mit Bewährungsstrafen davon. Schramma fordert seitdem eine härtere Gangart – und drakonische Geldstrafen samt Führerscheinentzug schon bei geringen Tempoüberschreitungen – etwa so, wie das in der Schweiz praktiziert wird. mit dpa, afp

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