Der Amerikaner Russell Bucklew soll am kommenden Mittwoch hingerichtet werden, eine Minute nach Mitternacht. Noch vor kurzem wäre das kaum eine Schlagzeile wert gewesen: Exekutionen kommen in den USA immer noch häufig genug vor, um wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Aber Bucklews Hinrichtung im Gefängnis von Bonne Terre (Bundesstaat Missouri) wäre - wenn sie ein Gericht nicht noch unterbindet - die erste seit dem qualvollen Tod von Clayton Lockett Ende April in Oklahoma. Bucklew selbst hat nach eigenen Angaben nun doppelte Angst vor dem Ende. "Ich bin als nächster dran", sagte der verurteilte Mörder dem britischen "Guardian" und fragt: "Werden sie es bei mir auch vermasseln?"
Wegen eines Venenproblems hatten bei Lockett nicht alle Chemikalien des eingespritzten Giftcocktails die Blutbahn erreicht. Er starb schließlich nach 43 Minuten an einem Herzinfarkt. Augenzeugen sprachen von grausigen Szenen, schilderten, wie sich der Todeskandidat vor lauter Schmerzen gewunden habe - bis dann Gefängnisangestellte rasch den Vorhang an den Fenstern der Hinrichtungskammer zuzogen.
Zehn Fakten zur Todesstrafe
Noch immer werden in etlichen Ländern Menschen zum Tode verurteilt und hingerichtet. Hier zehn Fakten zur Todesstrafe.
Weltweit wurden 2014 mindestens 607 (2013: 778) Gefangene exekutiert.
Darin sind mutmaßlich mehrere Tausend Hinrichtungen in China nicht enthalten. Es fehlen gesicherte Angaben, da China Informationen zur Todesstrafe als Staatsgeheimnis behandelt.
Im Iran wurden 2014 nach offiziellen Angaben mindestens 289 Menschen hingerichtet. Amnesty International geht von weiteren mehr als 450 nicht bestätigten Exekutionen aus. In Saudi-Arabien wurden mindestens 90 Todesurteile vollstreckt, im Irak 61.
In Nordkorea, Saudi-Arabien, Kuwait, im Iran und in Somalia sind Hinrichtungen öffentlich.
Die USA sind das einzige Land Amerikas, in dem noch die Todesstrafe vollstreckt wird - im vergangenen Jahr 35 Mal. Seit 1976 der Oberste Gerichtshof Hinrichtungen wieder zuließ, wurden in den USA insgesamt 1408 Todesurteile vollstreckt (Stand 27. Mai).
In Saudi-Arabien werden Todeskandidaten in der Regel geköpft.
Hinrichtungen finden durch Erhängen, Köpfen, Erschiessen oder die Giftspritze statt.
Mit Einführung des Grundgesetzes 1949 durften in West-Deutschland keine Hinrichtungen mehr angeordnet oder vollstreckt werden.
Weltweit 58 Länder halten nach Angaben von Amnesty International noch an der Todesstrafe fest, in 22 davon wird sie vollstreckt. Allein seit den 1990er Jahren verzichteten mehr als 50 Staaten darauf. Insgesamt schafften 99 Länder die Todesstrafe vollständig ab.
Sollte sich eine derart schreckliche Panne bei seiner Hinrichtung wiederholen, will Bucklew wenigstens, dass der Staat dafür büßt. Er verlangt, dass seine Hinrichtung per Video aufgezeichnet wird - als mögliches Beweismittel in einer - posthumen - Klage wegen Verletzung seiner Bürgerrechte. So heißt es in einem Antrag, den Bucklews Anwälte am Freitag bei einem Gericht einreichten. "Wenn Missouris Behörden selbstsicher genug sind, um Russell Bucklew hinzurichten, sollten sie auch selbstsicher genug sein, die Exekution zu filmen", erklärte Rechtsvertreterin Cheryl Pilate.
Zugleich fordern Bucklews Anwälte, dass ihr Mandant konkret erfährt, was ihm der Staat einspritzen will, um ihn zu töten - und woher der Stoff kommt. Auch mehrere Medien - der "Guardian", die Nachrichtenagentur AP und Zeitungen in Missouri - haben entsprechende Anträge gestellt. Die Behörden in dem Staat verweigern aber bisher eine Auskunft und lehnen auch das Filmen ab.
Ministerium lehnt Video von Exekution ab
Der Todeskandidat habe kein verfassungsmäßiges Recht darauf, zitierte der Sender CNN das Justizministerium in Missouri. Der Staat argumentiert außerdem, dass Videoaufzeichnungen "uns zu den Tagen zurückführen, als Hinrichtungen öffentliche Spektakel waren".
Hintergrund der Auseinandersetzungen sind Nachschubprobleme der USA bei den zur Tötung eingesetzten Mitteln. Die europäischen Hersteller der Chemikalien weigern sich, sie für Hinrichtungen zur Verfügung zu stellen. Dazu gehört dem "Guardian" zufolge eine dänische Firma, die jenes Barbiturat produziert, das lange Zeit in Missouris Exekutionskammer verwendet wurde.
Eine Reihe von US-Staaten greift jetzt auf neue Mischungen aus obskuren Quellen zurück, über die sie sich ausschweigen. Die "Drogerie", in der Missouri einkaufe, könnte eine Schulklasse sein, die im Chemieunterricht etwas zusammenbraut, formulierte es unlängst Kermit Bye, der Berufungsrichter in Missouri ist.
Bucklew tötete Mann und vergewaltigte Ex-Freundin
Bucklew hat nach Angaben seiner Anwälte besonderen Grund, eine qualvolle Hinrichtung zu fürchten. Sie machen geltend, dass er seit seiner Geburt an einer Krankheit leidet, die eine Anhäufung missgebildeter Blutgefäße sozusagen in Klumpen in seinem Gehirn verursacht hat und zu heftigen Blutungen führt. Diese Massen könnten die Zirkulation des Hinrichtungsmittels blockieren - mit extrem starken Schmerzen als Folge. Das aber wäre, so die Rechtsvertreter, ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlich garantierten Schutz vor "grausamer und ungewöhnlicher Bestrafung".
Der damalige Staatsanwalt im Prozess gegen den Todeshäftling, Morley Swingle, hält diese Argumentation schlicht für "Quatsch". Er sei 30 Jahre lang Anklagevertreter gewesen und Bucklew "die übelste Person", die er jemals strafrechtlich verfolgt habe, zitiert ihn der "Guardian". Buckley hatte 1996 den neuen Lebensgefährten seiner Ex-Freundin erschossen und die 21-Jährige dann entführt und vergewaltigt. Der Häftling sagt, dass er seine Tat bereue. Für Swingle ändert das nichts. "Sie werden ihm Gift geben, und er wird sterben", sagt er. "So einfach ist es."