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Tugce-Prozess: Viele Widersprüche bis zum Schluss im Tugce-Prozess

Tugce-Prozess

Viele Widersprüche bis zum Schluss im Tugce-Prozess

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    Der Prozess um den Tod der Studentin Tugce geht langsam zu Ende. Am 16. Juni soll das Urteil verkündet werden.
    Der Prozess um den Tod der Studentin Tugce geht langsam zu Ende. Am 16. Juni soll das Urteil verkündet werden. Foto: Fredrik von Erichsen/Archiv (dpa)

    Seit fast sechs Wochen versucht das Landgericht Darmstadt zu klären, was kurz vor dem tödlichen Schlag gegen Studentin Tugce im November 2014 vor dem Schnellrestaurant in Offenbach passiert ist. Der Angeklagte Sanel M. steht wegen Körperverletzung vor Gericht. Nach einem Schlag von ihm stürzte Tugce nach hinten und schlug hart mit dem Kopf auf. In Kürze wird das Urteil erwartet.

    Am Mittwoch hat die Zehnte Strafkammer den achten Verhandlungstag vor sich. Damit könnte die Beweisaufnahme beendet werden. Kaum jemand rechnet damit, dass ein von der Verteidigung zuletzt gestellter Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Jens Aßling erfolgreich sein wird.

    Sanel M. ohrfeigte Studentin Tugce

    Der Angeklagte gab zu, dass er der 22-jährigen Studentin eine Ohrfeige gegeben habe. Dabei stürzte Tugce. "Es tut mir unendlich leid, was ich getan habe", sagte der 18-Jährige am ersten Prozesstag. "Ich habe niemals mit ihrem Tod gerechnet." Freunde des Angeklagten, Freundinnen des Opfers, Gäste des Fast-Food-Restaurants, Mitarbeiter von dort, Ärzte und Polizisten - sie wurden alle vernommen. Die meisten Zeugen berichteten von Beleidigungen: "Hurensohn", "Hurentochter", "Verpiss dich!" - auch von Tugce selbst.

    Die beiden Freundeskreise fielen bei der Polizei vor allem wegen Erinnerungslücken und Widersprüchen bei ihren ersten Vernehmungen auf. Richter Aßling, der den Prozess äußerlich ruhig leitet, redete mehr als einmal den Befragten ins Gewissen: "Sie kommen hier gleich in Teufels Küche." Vor Gericht müssen Zeugen die Wahrheit sagen. Darauf wird vor einer Aussage hingewiesen. Ansonsten können sie wegen einer Falschaussage belangt werden. "

    Die Staatsanwaltschaft prüft grundsätzlich, ob wegen Falschaussage ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden muss", meinte der Sprecher der

    Wird Sanel M. sich noch einmal vor Gericht äußern?

    Während des Prozesses wird Sanel M. von seinen drei Verteidigern abgeschirmt. Er vermeidet den Blickkontakt zu anderen, sitzt mit leicht gesenktem Kopf da. Verteidiger Stephan Kuhn will nicht verraten, ob Sanel M. sich noch einmal zu Wort melden wird vor Gericht. Die Eltern und Brüder von Tugce sind Nebenkläger mit zwei Anwälten.

    Tugce wird von ihren Freunden als "Heldin" und "Engel" verehrt. Auf der Toilette des Fast-Food-Restaurants soll sie zwei Mädchen zur Hilfe geeilt sein, als diese von Sanel M. und ihren Begleitern angemacht wurden. Der 18-Jährige soll zu diesem Zeitpunkt schon aggressiv gewesen sein. Ein Türsteher, der mit Freunden im Schnellrestaurant war, soll ihn in den Schwitzkasten genommen haben, um ihn zur Vernunft zu bringen. Als Zeuge vor Gericht verneinte der 29-Jährige das aber - und zwar "definitiv".

    Tugce-Prozess: Urteil soll am 16. Juni verkündet werden

    Nur einer der Punkte, bei dem die Meinungen der Zeugen auseinandergehen: "Ich habe keinen Zweifel daran, dass der Türsteher Sanel M. in den Schwitzkasten genommen hat", sagt Nebenkläger Macit Karaahmetoglu. "Ein Schwitzkasten wäre allerdings auch Körperverletzung." Die Anklage sieht das anders: "Die Aussage entsprach dem, was er bei der Polizei ausgesagt hatte", meinte Oberstaatsanwalt Alexander Homm. Ein Kriminalbeamter meinte als Zeuge: "Wenn von einem Schwitzkasten die Rede gewesen wäre, hätte ich das auch aufgenommen."

    Der Prozess zog großes Interesse auf sich. Die Besucherzahlen haben nicht nach den ersten Tagen nachgelassen, wie in anderen Fällen. Bei den Plädoyers und beim Urteil dürfte wieder jeder Platz im großen Saal des Landgerichts Darmstadt besetzt sein. Das Urteil soll voraussichtlich am 16. Juni verkündet werden. AZ/dpa

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