Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Türkei: Nach dem Selbstmordanschlag in Suruc herrschen Trauer und Wut

Türkei

Nach dem Selbstmordanschlag in Suruc herrschen Trauer und Wut

    • |
    Am Dienstag wurde eine Trauerfeier für die Opfer des Selbstmordanschlags in der türkischen Grenzstadt Suruc abgehalten.
    Am Dienstag wurde eine Trauerfeier für die Opfer des Selbstmordanschlags in der türkischen Grenzstadt Suruc abgehalten. Foto: Deniz Toprak, dpa

    Nach dem verheerenden Selbstmordanschlag auf prokurdische Freiwillige im türkischen Grenzort Suruc stehen am Dienstag im Hof einer Moschee der nahen Stadt Gaziantep 25 Särge aufgereiht. Die Angehörigen der jungen Opfer schreien vor Schmerz oder legen den Kopf in stiller Trauer auf die in rote Tücher gehüllten Särge. Auf einfachen Papierblättern stehen in schwarzer Schrift die Namen der Toten. Die Angehörigen äußern ihre Wut auf die mutmaßlichen Täter der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS), viele schimpfen aber auch auf die türkische Regierung.

    Bei dem Selbstmordanschlag auf ein Kulturzentrum in Suruc wurden am Montag 32 Menschen getötet und rund hundert weitere verletzt. In dem Zentrum waren hunderte Aktivisten der Föderation Sozialistischer Jugendverbände (SGDF) aus der ganzen Türkei versammelt, die beim Wiederaufbau von Kobane helfen wollten. Die syrische Grenzstadt war bei monatelangen Kämpfen zwischen kurdischen Milizen und den IS-Dschihadisten stark zerstört worden.

    Das jüngste Opfer war ein 17-jähriger Schüler

    Viele der Toten sind Schüler und Studenten. Laut der Zeitung Hürriyet ist eines der jüngsten Opfer der 17-jährige Schüler Okan Pirinc aus der südöstlichen Stadt Antakya. Ein anderes Opfer ist Hatice Ezgi Sadet, eine Studentin der Istanbuler Kunstuniversität. Im Internet werden am Dienstag Bilder der linken Aktivisten beim Frühstück kurz vor dem Anschlag verbreitet. Andere Fotos zeigen die lächelnden Freiwilligen während einer Busfahrt nach Suruc.

    Ministerpräsident Ahmet Davutoglu macht am Dienstag die IS-Miliz für den Anschlag verantwortlich und besucht mit seiner Ehefrau Sare einige der Verletzten im Krankenhaus. In Gaziantep rufen die trauernden Angehörigen Slogans gegen die Dschihadisten, aber auch gegen die islamisch-konservative Regierung Davutoglus. Kritiker werfen ihr seit Langem vor, unter der Hand islamistische Rebellengruppen im Nachbarland zu unterstützen.

    Die Kritiker bezichtigen die Regierung, im Kampf gegen den syrischen Staatschef Baschar al-Assad auch radikale Islamisten mit Waffen zu versorgen. Zudem würde sie die Augen vor Dschihadisten verschließen, die über die Türkei nach Syrien reisen. "Wir fühlen den Schmerz unserer ermordeten Kameraden", schreibt SGDF am Dienstag auf ihrer Facebook-Seite. Durch die "Krokodilstränen" der Regierung würden sie sich aber nicht täuschen lassen.

    In der Türkei wächst der Druck

    Ankara befürchtet, dass südlich der Grenze eine autonome Kurdenregion unter Kontrolle eines Verbündeten der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) entsteht, die seit Jahrzehnten mit Gewalt gegen den türkischen Staat kämpft. Die Regierung verhehlt nicht, dass sie die jüngsten Erfolge der Kurdenmilizen gegen die Dschihadisten mit Sorge betrachtet. Zugleich aber wächst der Druck in der Türkei sowie im Ausland, härter gegen die Dschihadisten vorzugehen.

    Für den Experten Aaron Stein vom Politikinstitut Atlantic Council handelt es sich bei dem Anschlag in Suruc weniger um einen Angriff auf die Türkei als um einen Angriff auf türkische Kurden, die Kobane unterstützen wollten. Charles Lister vom Brookings Doha Center sieht aber die Gefahr vermehrter Angriffe auf türkischem Boden und somit eines Übergreifens des Konflikts in Syrien. "Die wahre Sorge ist, dass dieses Attentat zum Auslöser häufigerer Angriffe wird", sagt Lister. Dies könnte Ankara zwingen, ihre Haltung zu den Dschihadisten zu ändern. afp

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden