Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Türkei: Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit

Türkei

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit

    • |
    Nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei werden noch immer Menschen in den Trümmern vermutet. Bewohnern der zerstörten Stadt Ercis steht das Entsetzen ins Gesicht geschrieben.
    Nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei werden noch immer Menschen in den Trümmern vermutet. Bewohnern der zerstörten Stadt Ercis steht das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Foto: dpa

    Yalcin Akay war unter den Trümmern eines eingestürzten Wohnhauses in der osttürkischen Kreisstadt Ercis eingeklemmt, doch er gab nicht auf. Sein Handy funktionierte noch, und so konnte er die Polizei anrufen. Wenig später wurde der 19-Jährige gefunden und mit einer Beinverletzung ins nächste Krankenhaus gebracht. Noch auf der Trage berichtete er von weiteren Verschütteten in der Ruine des Hauses, die er gehört habe.

    Schicksale, die sich anhören wie ein Wunder

    Auch andere Schicksale hören sich an wie ein Wunder. In einem anderen Teil von Ercis zogen die Retter drei junge Lehrerinnen aus einem Haufen aus zerstörten Betonblöcken, der bis Sonntagmittag ein sechsstöckiges Gebäude gewesen war. Die drei jungen Frauen überlebten, obwohl sie sich im Moment des Erdbebens mit der Stärke 7,2 in einer Cafeteria im Erdgeschoss des Hauses aufhielten.

    Geschichten wie diese geben den Rettern nach dem schweren Erdbeben in der Provinz Van im Osten der Türkei neuen Mut, doch Illusionen macht sich niemand. Zuletzt zählten die Behörden mehr als 270 Tote und über tausend Verletzte. Und für Eingeschlossene und Verletzte wird die Zeit knapp.

    Die Rettungsaktion wird noch aus einem anderen Grund zum Wettlauf gegen die Zeit: Nachts sinken die Temperaturen im Unglücksgebiet auf den Gefrierpunkt, für die kommenden Tage ist Schnee vorhergesagt. In einigen Dörfern der gebirgigen Region ist noch überhaupt keine Hilfe eingetroffen.

    Die Behörden stehen vor der Doppelaufgabe, eine groß angelegte Rettungsaktion zu organisieren und gleichzeitig den möglichst raschen Aufbau von Zeltstädten und Feldküchen voranzutreiben. Deutlich ist zudem der Wille der Regierung zu spüren, alles zu tun, um den Eindruck zu vermeiden, dass die türkische Republik mit der Hilfe für die vorwiegend kurdische Region knausert. „Alles, was der Staat hat, wird nach Van geschickt“, sagte Vize-Premier Besir Atalay.

    In den Dörfern warten die Menschen noch auf Hilfe

    Doch das trifft nur für Städte wie Van und Ercis zu. In Dörfern des Umlands warteten die Menschen am Montag noch auf Hilfe. Der türkische Rote Halbmond ließ unterdessen auf Fußballplätzen und anderen öffentlichen Flächen beheizbare Zelte für mehrere zehntausend Obdachlose errichten: Viele Menschen hatten die erste Nacht nach dem Beben im Freien verbracht. Nun sollen die Menschen möglichst rasch warm untergebracht werden.

    Unterdessen kritisieren Experten die Missachtung von Bauvorschriften bei der Errichtung von Wohnhäusern und den Mangel an staatlichen Kontrollen. „Nicht das Beben tötet“, sagte Serdar Harp, der Chef des türkischen Bauingenieur-Verbandes. „Die Gebäude töten.“

    Viele Gebäude in Van, einer der ärmsten Provinzen der Türkei, sind in den vergangenen Jahren hastig und ohne Beachtung von Vorschriften errichtet worden, häufig wird minderwertiges Material verwendet. Nach dem Beben vom Sonntag war in Van und in Ercis zu sehen, dass unmittelbar neben zerstörten Wohnhäusern andere Gebäude die Erschütterung ohne erkennbare Schäden weggesteckt hatten.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden