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Titisee-Neustadt unter Schock: Brandursache steht fest - Seelsorger leisten Hilfe

Titisee-Neustadt unter Schock

Brandursache steht fest - Seelsorger leisten Hilfe

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    Ein Feuerwehrmann begleitet nach dem Brand in einer Behindertenwerkstatt in Titisee-Neustadt vor einer Behindertenwerkstatt einen Verletzten.
    Ein Feuerwehrmann begleitet nach dem Brand in einer Behindertenwerkstatt in Titisee-Neustadt vor einer Behindertenwerkstatt einen Verletzten. Foto: Patrick Seeger

    Der verheerende Brand mit 14 Toten in einer Behindertenwerkstatt in Titisee-Neustadt ist durch eine Gasverpuffung ausgelöst worden. Das sagte ein Sprecher der Freiburger Staatsanwaltschaft am Dienstag in der Schwarzwald-Gemeinde. Gas sei aus der Flasche eines Heizgeräts in der Werkstatt ausgetreten und habe sich entzündet. Warum es unkontrolliert austrat, sei noch unklar. "Die Ermittlungen sind  insofern nicht abgeschlossen", sagte er.

    Bei dem verheerenden Brand in einer Behindertenwerkstatt starben 13 Bewohner und eine Betreuerin. Seitdem steht die kleine Schwarzwald-Gemeinde Titisee-Neustadt unter Schock. Für Samstag sei ein Gedenkgottesdienst im örtlichen Münster Sankt Jakobus geplant, teilte das Büro des Bürgermeisters am Dienstag mit.

    Notfallseelsorger leisteten "Erste Hilfe für die Seele"

    Insgesamt 31 Notfallseelsorger des Deutschen Roten Kreuzes haben nach der Brandkatastrophe mit 14 Toten und neun Verletzten in einer Behindertenwerkstatt in Titisee-Neustadt psychosoziale Hilfe geleistet. "Ehrenamtliche Helfer der Kreisverbände Freiburg, Schwarzwald-Baar, Waldshut und Emmendingen leisteten Angehörigen und Überlebenden Beistand", sagte der Geschäftsführer des Kreisverbandes

    Auch bei der Überbringung von Todesnachrichten begleiteten Notfallseelsorger die Polizei am Montag. "Dies muss immer persönlich geschehen, und wir achten darauf, dass es in einem geschützten Rahmen stattfindet und nicht zwischen Tür und Angel", betonte Sandra Bergmann, Leiterin des DRK-Kriseninterventionsteams Freiburg. Wichtig sei, den Angehörigen hierbei schon möglichst viele Informationen zum Unglückshergang geben zu können. Gleichzeitig müsse die Benachrichtigung zügig erfolgen, "damit die Familie die traurige Nachricht nicht von Nachbarn erfährt."

    Traumaexperte: Angehörige müssen selbst bestimmen, was sie brauchen

    Angehörige der Brandopfer im Schwarzwald sollten aber selbst bestimmen, was sie in der belastenden Situation brauchen. "Es ist wichtig, dass man den Angehörigen nichts überstülpt", sagte der Traumaexperte am Universitätsklinikum Aachen, Professor Frank Schneider, am Dienstag. Es sei von Bedeutung, den Betroffenen therapeutische Gesprächsangebote zu machen. Aber eine unmittelbare Traumanachbehandlung, wie es noch vor einigen Jahren üblich gewesen sei, würde oft eher schaden.

    Ein zeitnahes Aufarbeiten des Traumas werde heute nicht mehr angestrebt. "Die Informationen von einem Trauma werden umso nachhaltiger im Gedächtnis abgespeichert, je mehr man darüber spricht", sagte Schneider. Das Erlebte zu "verdrängen" - wie man es früher bezeichnet habe - sei "gar nicht so schlecht". Bedenkenlos könne man den Angehörigen aber direkt helfen, Gefühle wie Hilflosigkeit, Ausgeliefertsein und Alleinsein zu bekämpfen. Erst wenn der Betroffene mittelfristig einen Leidensdruck spüre, sei eine Trauma-Behandlung sinnvoll.

    Auch Freunde, Nachbarn oder Bekannte sollten unbedingt ihre Hilfe anbieten, aber nicht aufdringlich sein. Die Bedürfnisse von Betroffenen seien sehr unterschiedlich: "Es gibt Betroffene, die wollen in Ruhe gelassen werden. Andere Menschen suchen den Kontakt und können es alleine gar nicht mehr aushalten."

    Katholische Kirche richtet Trauerportal im Internet ein

    Die katholische Kirche hat nach dem Feuerdrama im Internet ein Trauerportal eröffnet. Es biete Platz für Gedanken, Fürbitten und Gebete, teilte das Erzbistum Freiburg am Dienstag mit. Jeder könne sich im Gedenken an die Toten schriftlich äußern. Die Kirche reagiere damit auf die bestehende Nachfrage. Ähnliche Internetportale seien bei früheren Katastrophen auf große Resonanz gestoßen.

    Brand in Titisee-Neustadt: Gasofen war die Ursache

    Nach ersten Angaben der Polizei von Montag war das Feuer möglicherweise in einem Lagerraum der Werkstatt ausgebrochen, in dem auch Chemikalien gelagert wurden. Ein Gasofen hat die Brandkatastrophe verursacht. Es sei unkontrolliert Gas ausgetreten und verpufft, teilte Staatsanwalt Peter Häberle in Titisee-Neustadt am Dienstag mit. In der Werkstatt führen die Behinderten unter anderem Holz- und Metallarbeiten aus. Nach dem Brandausbruch hatte sich nach Angaben der Feuerwehr dichter Rauch sehr schnell in dem Gebäude ausgebreitet. Die meisten Opfer starben demnach, weil sie den hochgiftigen Qualm einatmeten.

    Bei den Rettungsarbeiten am Montag wurden der Feuerwehr zufolge auch zwei Einsatzkräfte durch Rauch leicht verletzt. Sie verbrachten die Nacht zur Beobachtung in einem Krankenhaus. Insgesamt waren rund 300 Retter im Einsatz.  Ungenügende Sicherheitsstandards schloss Benitz aus Sicht der Feuerwehr aus. "Wir haben keine Erkenntnisse, dass es irgendwelche Mängel gegeben hat beim vorhandenen Brandschutz", sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

    Die Feuerwehr sei auf Einsätze in dem Objekt vorbereitet gewesen und habe dort regelmäßig trainiert, zuletzt im vergangenen Jahr. In der Werkstatt hielten sich dem Betreiber zufolge zum Unglückszeitpunkt bis zu 60 Menschen auf. Die Toten seien ausschließlich im ebenerdig zugänglichen mittleren Geschoss gefunden worden, wo auch der Brand ausgebrochen sei, sagte Benitz. Treppenhäuser seien rauchfrei geblieben, so dass Menschen aus den anderen Etagen noch hätten flüchten können. dpa/AFP/AZ

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