Känguru gesichtet – und das mitten in Deutschland. Sie heißen Skippy 1, Skippy 2, Fritz und Pedro und Vorsicht, sie boxen auch. Kürzlich hüpfte Bennett-Känguru Fritz durch Osthessen. Er wurde privat im Garten gehalten als ein tierischer Rasenmäher. Doch dann habe ein abgeknickter Ast den Zaun beschädigt und das Beuteltier konnte türmen, sagt die Polizei.
Fritz lief Richtung Wald, und da blieb er vorerst, knabberte vermutlich an Ästen oder kaute Gras. Denn davon ernährten sich die Tiere, die auch Rotnackenwallabys heißen, wie Thomas Günther vom Münchner Tierpark Hellabrunn erklärt.
Fritz ist kein Einzelfall. Immer wieder büxen Beuteltiere, die bei uns gehalten werden, aus, und manchmal werden sie nicht wieder eingefangen. Sind die Tiere womöglich eines Tages in unseren Wäldern genauso zu beobachten wie Rehe und Hasen?
Thomas Günter ist in Hellabrunn für Kängurus zuständig und weiß, unter welchen Bedingungen sich die Tiere wohlfühlen. In München liegt die Temperatur des Känguruhauses immer bei mindestens 15 Grad. Manche Arten – etwa das Bennett-Känguru – sind aber sehr robust. Sie kommen auch auf der südlich von Australien gelegenen Insel Tasmanien vor, und da wird es relativ kalt. Bei langen Wintern in Deutschland müssten die Tiere im schlimmsten Fall aber mit Erfrierungen rechnen.
In der Nähe von Paris leben seit 40 Jahren Kängurus
Könnten Kängurus in Deutschland trotzdem überleben? Känguru-Experte Jürgen Schmitz von der Uni Münster forscht schon lange über Beuteltiere, die vorwiegend auf dem südamerikanischen und australischen Kontinent leben. „Die Kängurus wären heute bei uns recht verloren und nach dem ersten strengen Winter hätte sich das Thema in Deutschland schon erledigt“, sagt der Experte und meint das aus evolutionstheoretischer Sicht. Denn ab und zu gibt es wilde Kängurus in Deutschland. So hat vor einigen Jahren unter anderem eine Gruppe Bennett-Kängurus in der Nähe der Burg Stagard (Kreis Mecklenburgische Seenplatte) in Freiheit gelebt. In Frankreich gibt es in der Nähe von Paris seit rund 40 Jahren eine Population. Dort, im Wald von Rambouillet, rieb sich vermutlich schon mancher Spaziergänger verwundert die Augen.
In Deutschland sind Kängurus in freier Wildbahn selten, weiß Jagdverbandssprecher Torsten Reinwald. Aber auch wenn die ausgebüxten Tiere in Gruppen zusammenlebten, würden sie sich wohl nicht überdurchschnittlich vermehren. Und das, obwohl sie hier wenige Feinde haben – nur Jungtiere müssten sich vor Füchsen oder Mardern fürchten. Ein ganz anderes Problem, so Reinwald, seien Waschbären für die heimische Fauna. Die Population wachse und mache vor allem dem Uhu das Leben schwer. Auch andere exotische Tierarten haben in Deutschland ein Zuhause gefunden: etwa der flugunfähige, dem Strauß ähnliche Laufvogel Nandu oder Flamingos.
Für drei der vier Ausreißer ging es glimpflich aus
Im Augsburger Zoo gibt es derzeit sieben Bennett-Kängurus, die in einem Außengehege leben. Im Ulmer Tierpark in der Friedrichsau ist eines zu Hause: „Hüpfer“. Er ist der alleinige Beutel-Star an der Donau, sagt Tierparkleiterin Stefanie Kießling. Noch ist nicht sicher, ob Hüpfer bald wieder Gesellschaft eines Artgenossen bekommt. Allein sein mache ihm nichts aus.
Die Ausreißer Fritz und Pedro sind inzwischen wieder bei ihren Besitzern. Skippy 1 kam in die Obhut eines Züchters. Skippy 2 hüpfte auf die Bundesstraße. Der Fall nahm ein trauriges Ende. mit dpa