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Terror in Russland: Ermittler prüfen Verbindung des St. Petersburg-Attentäters zum IS

Terror in Russland

Ermittler prüfen Verbindung des St. Petersburg-Attentäters zum IS

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    Eine Frau legt in der U-Bahn-Station "Technologisches Institut" in St. Petersburg Blumen auf einen Blumenstrauß, um der Opfer des Anschlags zu gedenken.
    Eine Frau legt in der U-Bahn-Station "Technologisches Institut" in St. Petersburg Blumen auf einen Blumenstrauß, um der Opfer des Anschlags zu gedenken. Foto: Dmitri Lovetsky/AP/dpa

    Der Bombenanschlag in St. Petersburg mit bislang 14 Toten ist nach Angaben der Ermittler von einem 22-jährigen Mann aus Kirgistan verübt worden. Der mutmaßliche Attentäter sei bei der Explosion getötet worden, teilte das russische staatliche Ermittlungskomitee in Moskau der Agentur Interfax zufolge mit. Seine DNA-Spuren seien an zwei Bomben gefunden worden. Der Mann habe einen russischen Pass gehabt.

    Nach Medienberichten wurde er erst in diesem Jahr von einer islamistischen Organisation angeworben. Interfax beruft sich dabei auf eine nicht näher genannte Quelle. Die russischen Ermittler prüfen am Mittwoch mögliche Verbindungen des Attentäters zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Das habe der Leiter des Staatlichen Ermittlungskomitees, Alexander Bastrykin, angeordnet, teilte die Behörde mit. Sicherheitskreise prüften, ob Akbarschon Dschalilow in den vergangenen Monaten nach Syrien gereist war. Es gebe Hinweise, dass er über das Internet Anweisungen zum Bau einer Bombe erhalten hat. Die Eltern des mutmaßlichen Attentäters reisten am Mittwoch aus Kirgistan an und sollten ihren Sohn identifizieren. Zudem sollten sie von den Ermittlern befragt werden, berichtete das russische Staatsfernsehen.

    Bei dem Anschlag am Montag in der U-Bahn waren mindestens 14 Menschen ums Leben gekommen. Elf Menschen starben direkt bei der Explosion, drei weitere erlagen später ihren Verletzungen, wie Gesundheitsministerin Weronika Skworzowa mitteilte. Am Dienstag lagen noch 49 Verletzte in Kliniken. Einige waren in kritischem Zustand.

    Russische Ermittler veröffentlichten die ersten Namen von Todesopfern. Zehn Personen seien identifiziert worden, teilte das Staatliche Ermittlungskomitee mit. Bei vier Leichen müsse die Identität mit einer Genanalyse festgestellt werden. Auf der Liste fand sich auch ein 20-jähriger Student aus Kasachstan, der zeitweilig als möglicher Attentäter verdächtigt worden war. Der Älteste auf der vorläufigen Liste war ein 71-jähriger Russe.

    Der Kreml schloss nicht aus, dass der Bombenanschlag auf den Besuch von Präsident Wladimir Putin in St. Petersburg am Montag zielen sollte. "Allein die Tatsache, dass der Terroranschlag verübt wurde, während das Staatsoberhaupt in der Stadt war, zwingt zum Nachdenken", sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Personelle Konsequenzen bei den Sicherheitsbehörden wegen des Anschlags werde es nicht geben.

    Mutmaßlicher Attentäter: "Er konnte jede Arbeit verrichten"

    U-Bahnen als Ziel von Anschlägen

    U-Bahnen waren schon oft Ziel terroristischer Anschläge. Häufig waren Russland oder frühere sowjetische Republiken betroffen. Die verheerendsten Angriffe:

    März 2016: Islamistische Terroristen verüben in der belgischen Hauptstadt Brüssel einen Doppelanschlag auf den Flughafen und in der U-Bahn. 32 Menschen werden ermordet, mehr als 320 verletzt. Zudem kommen drei Selbstmordattentäter um.

    April 2011: Bei einem Bombenanschlag in der Metro der weißrussischen Hauptstadt Minsk werden 15 Menschen getötet und etwa 150 verletzt. Die Verdächtigen sollen im Auftrag Oppositioneller gehandelt haben, heißt es zunächst. Der Präsident der autoritär regierten Ex-Sowjetrepublik, Alexander Lukaschenko, sagt später, es gebe keine Hinweise auf die Drahtzieher. Zwei Arbeiter werden zum Tode verurteilt und hingerichtet.

    März 2010 in Moskau: In zwei Metro-Zügen sprengen sich Selbstmordattentäterinnen in die Luft. Sie reißen 40 Menschen mit in den Tod. Der Anführer der Islamisten im Nordkaukasus, Doku Umarow, bekennt sich zu den Anschlägen.

    Juli 2005 in London: Beim ersten Selbstmordanschlag in Westeuropa zünden vier Muslime mit britischem Pass in drei U-Bahnen und einem Doppeldeckerbus Sprengsätze. 56 Menschen sterben, etwa 700 werden verletzt. Eine Geheimorganisation Kaida al-Dschihad bekennt sich zu den Anschlägen.

    August 2004 in Moskau: Eine mutmaßliche Tschetschenin sprengt sich am Eingang einer belebten U-Bahn-Station in die Luft. Elf Menschen sterben, darunter die Attentäterin und ihr Komplize, ein seit langem gesuchter Terrorist aus der nordkaukasischen Teilrepublik Karatschai-Tscherkessien. Rund 50 Menschen werden verletzt. Die Terrorgruppe Islambuli-Brigaden der El Kaida bekennt sich zu der Tat.

    Juni 1996 in Moskau: Auf einer viel befahrenen Linie explodiert unter einem Sitz eine Bombe. Vier Menschen sterben, zwölf weitere Fahrgäste werden verletzt.

    Juli 1995 in Paris: Algerische Islamisten zünden eine Bombe in einer Untergrundbahn. Acht Menschen werden getötet, mehr als 100 verletzt.

    März 1995 in Tokio: Mitglieder der japanischen Aum-Sekte setzen in mehreren U-Bahn-Waggons das Nervengas Sarin frei. Zwölf Menschen sterben, mehr als 5300 werden zum Teil schwer verletzt.

    Mai 1994 in Baku (Aserbaidschan): Zwischen zwei Stationen explodiert in einem U-Waggon ein Sprengsatz, im Tunnel bricht Feuer aus. Sieben Reisende kommen ums Leben, zehn Menschen werden verletzt.

    März 1994 in Baku: 13 Menschen sterben, als in einem voll besetzten Zug eine Zeitbombe explodiert. 50 Menschen werden verletzt. Die Behörden vermuten militante Muslime oder Armenier dahinter.

    Januar 1977 in Moskau: Zwischen zwei Stationen explodiert ein unter einer Sitzbank versteckter Sprengsatz. Für den Mord an sieben Fahrgästen werden drei Armenier 1979 hingerichtet.

    Der Täter soll eine Hochschule besucht und seinem Vater in einer Autowerkstatt geholfen haben, meldete Interfax. Der Mann habe in St. Petersburg gelebt und sei im Februar 2017 für einige Wochen nach Kirgistan gereist. "Er ist als völlig veränderter Mensch zurückgekehrt", zitierte Interfax die Quelle. Die Behörden gehen davon aus, dass er bei dem Besuch von Extremisten angeworben wurde.

    Die Familie lebte laut Interfax seit rund fünf Jahren in der Stadt Osch im Ferghana-Tal im Süden Kirgistans. Nachbarn beschrieben den Mann als tüchtig. "Er konnte jede Arbeit verrichten", sagte ein Nachbar. Der 22-Jährige habe "goldene Hände" gehabt.

    Montagmittag war zwischen zwei U-Bahnhöfen in einem Zug ein Sprengsatz explodiert. Eine zweite Bombe wurde rechtzeitig entschärft. Das Ermittlungskomitee geht von einem Terroranschlag aus.

    Unter den Opfern sollen drei Ausländer sein

    Die U-Bahn in St. Petersburg

    Die Untergrundbahn in St. Petersburg gilt als die tiefste der Welt.

    Aufgrund des sumpfigen Grundes mussten die Tunnelschächte in bis zu 100 Metern Tiefe und mehr gegraben werden. Die Rolltreppen in den Stationen sind entsprechend lang.

    Der Bau begann zu Sowjetzeiten. 1955 wurde im damaligen Leningrad die erste Linie eröffnet, 10,8 Kilometer lang mit acht Stationen.

    Heute gibt es fünf Metrolinien mit einer Streckenlänge von etwa 110 Kilometern und 67 Stationen.

    Täglich werden schätzungsweise etwa drei Millionen Menschen befördert.

    Der Gouverneur von St. Petersburg, Georgi Poltawtschenko, sagte, dass unter den Opfern nur drei Ausländer seien. Die Stadtverwaltung nannte die Länder Kasachstan, Usbekistan und Weißrussland. Den Angaben des Gouverneurs zufolge sind keine Staatsbürger westlicher Länder unter den Opfern. Poltawtschenko versprach, die Stadt werde alles tun, um die Sicherheit von Touristen in der Ost-Metropole zu garantieren. Im Juni ist St. Petersburg Spielort der Confederations Cup und im kommenden Jahr bei der Fußball-WM.

    Der Anschlag löste weltweit Entsetzen und Anteilnahme aus. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte den "barbarischen und feigen Terroranschlag". UN-Generalsekretär Antonio Guterres drückte den betroffenen Familien sein Mitgefühl aus.

    US-Präsident Donald Trump verurteilte nach Angaben des Weißen Hauses in einem Telefonat mit Putin die Tat und bot volle Unterstützung bei der Jagd nach den Tätern an. Er habe zudem den Opfern und ihren Familien sowie dem russischen Volk sein Beileid ausgesprochen.

    Die Sicherheitsvorkehrungen in St. Petersburg wurden nach dem Anschlag massiv verstärkt. Alle Zugänge zu der U-Bahn werden zusätzlich bewacht, teilte der Metro-Betreiber mit. Zudem werden Busse und Straßenbahnen stärker überprüft.

    Die Stadtverwaltung von St. Petersburg rief eine dreitägige Trauer aus. Menschen stellten vor den Zugängen der U-Bahn-Stationen Kerzen auf und legten Blumen für die Opfer nieder. Auch in Moskau in der Nähe der Kremlmauer wurde der Toten gedacht.

    Ganz Russland wirkt wie in Schockstarre

    Die Haltestelle Sennaja Ploschtschad, an der das Attentat passierte, liegt im Herzen St. Petersburg, hier zieht es Einwohner wie auch Touristen hin, die nach den Schauplätzen von "Schuld und Sühne" suchen - dem St. Petersburg-Epos von Fjodor Dostojewski. Es ist einer der belebtesten Orte in der ganzen Stadt.

    Nicht nur St. Petersburg, sondern ganz Russland wirkt wie in Schockstarre: Jahrelang wähnten sich das Land und seine Millionenstädte in einer relativen Ruhe. 

    Viele Terroranschläge, Bomben und Geiselnahmen hatten die Menschen in den vergangenen Jahren nicht miterlebt. Die Szene in St. Petersburg erinnert vom Ablauf her genau an die Anschläge in Moskau vor sieben Jahren: Zwei Sprengsätze gespickt mit Schrauben und Nägeln explodierten am Morgen in den Metro-Stationen Lubjanka und Park Kultury im Zentrum der Hauptstadt - und töteten 38 Menschen. Der tschetschenische Guerillakämpfer und Terrorist Doku Umarow übernahm damals die Verantwortung. In der Fünf-Millionen-Stadt St. Petersburg war es immer sehr ruhig, in den vergangenen 20 Jahren gab es keinen Anschlag oder Angriff. dpa/afp/AZ

    Lesen Sie dazu: Terroranschlag in St. Petersburg: Wer sind die Hintermänner?

    Mutmaßliche IS-Anwerber festgenommen - keine Verbindung zu U-Bahn-Anschlag 

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