Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Tebartz-van Elst: Umstrittener Limburger Bischof in Rom - Proteste vor dem Dom

Tebartz-van Elst

Umstrittener Limburger Bischof in Rom - Proteste vor dem Dom

    • |
    Doch in Rom: Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst.
    Doch in Rom: Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Foto: Arne Dedert/Archiv (dpa)

    Kalt und zugig ist es an diesem Sonntag auf dem Domplatz in Limburg. Im scharfen Wind knattern die Fahnen des Bistums. Darunter haben sich nach der Sonntagsmesse trotz der ungemütlichen Witterung rund 150 Gläubige versammelt. Um Punkt zwölf Uhr mittags brandet spontaner Beifall auf: Die Domuhr - sie hat nicht zwölf, sondern dreizehn Mal geschlagen. Das ungewöhnliche Geläut ist Teil einer spontanen Protestaktion gegen den heftig umstrittenen

    Tebartz-van Elst reist mit Billig-Flieger nach Rom

    Der umstrittene Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ist derweil offenbar in Rom. Der 53-Jährige reiste am Sonntag nach längerem Verwirrspiel in den Vatikan, wo er mit Papst Franziskus über seine Zukunft sprechen will. Mehrere Medien berichteten, er sei mit der Billig-Airline Ryanair geflogen. Zeugen hätten den Geistlichen am Sonntagmorgen am Hunsrückflughafen Hahn gesehen.

    Im Vatikan stünden Gespräche auf der Agenda, sagte Bistumssprecher Martin Wind am Sonntag. Der genaue Zeitplan sei ihm nicht bekannt. Auch wann der Bischof nach Limburg zurückkehrt, konnte der Sprecher nicht sagen

    Der Fall Tebartz-van Elst

    Der Fall des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst - eine Chronologie:

    19. August 2012: Tebartz-van Elst sei erster Klasse nach Indien geflogen, um dort soziale Projekte zu besuchen, berichtet das Magazin «Der Spiegel». Das Bistum weist die Vorwürfe zurück.

    29. Mai 2013: Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Bischof wegen möglicher Falschaussage über seinen Flug nach Indien.

    28. Juni: Die umstrittene neue Bischofsresidenz hat nach Angaben des Limburger Bistums knapp 10 Millionen Euro gekostet - rund viermal so viel wie ursprünglich geplant. Der Bischof betont, dass der Bau schon 2007 vor seinem Antritt beschlossen worden sei.

    9. Juli: Das Bistum korrigiert die Gesamtkosten für die neue Residenz nach oben. Sie lägen deutlich über 10 Millionen Euro.

    25. August: Im Bistum beginnt mit einem Offenen Brief eine Unterschriftensammlung gegen die Amtsführung des Bischofs. Gefordert wird eine umfassende Aufklärung über die Kosten der Residenz.

    29. August: Das streng konservative «Forum Deutscher Katholiken» ruft zur Solidarität mit dem Oberhirten auf.

    1. September: Tebartz-van Elst bittet alle Gläubigen seines Bistums in einem Brief um Vertrauen und räumt Fehler ein.

    6. September: Gläubige überreichen dem Bischof ihren Offenen Protestbrief mit rund 4400 Unterschriften.

    9. September: Der päpstliche Gesandte Giovanni Kardinal Lajolo besucht Limburg. Der Bischof sichert wenige Tage später zu, alle Kosten für die Baumaßnahmen Prüfern zugänglich zu machen.

    23. September: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, kritisiert Tebartz-van Elst wegen der Finanzaffäre. Eine Kommission werde untersuchen, warum die Kosten für das neue Domizil explodierten.

    7./8. Oktober: Das Bistum beziffert die Kosten für den neuen Bischofssitz jetzt auf 31 Millionen Euro. Kritiker werfen dem Bischof Täuschung vor und fordern seinen Rücktritt.

    10. Oktober: Tebartz-van Elst verteidigt die Kostenexplosion. «Wer mich kennt, weiß, dass ich keinen pompösen Lebensstil brauche», sagt er der «Bild»-Zeitung. Die Hamburger Staatsanwaltschaft beantragt in Zusammenhang mit dem Flug nach Indien einen Strafbefehl.

    12. Oktober: Einem Medienbericht zufolge will der Bischof rasch nach Rom fliegen. Er wolle damit Erzbischof Robert Zollitsch zuvorkommen, der am Donnerstag mit Papst Franziskus über die Limburger Situation rede.

    13. Oktober: Der Druck auf Tebartz-van Elst wächst weiter: «Welt am Sonntag» und «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» berichten über bis zu 40 Millionen Euro Gesamt-Finanzbedarf für die Limburger Residenz und Versuche, die Kostenexplosion zu verschleiern. Der Bischof reist am Vormittag nach Rom - zu Gesprächen mit dem Papst.

    23. Oktober: Papst Franziskus verordnet dem Bischof eine mehrmonatige Auszeit, belässt ihn aber im Amt.

    26. März 2014: Franz-Peter Tebartz-van Elst kehrt nicht in sein Bistum zurück. Nach einer monatelangen Hängepartie nahm Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch des seit Oktober suspendierten Bischofs an.

    Unter den Demonstranten in Limburg ist auch Joachim Schaefer, Pastoralreferent der katholischen Domkirchengemeinde Wetzlar. Wie seine Mitstreiter in den Glockenturm gelangt sind, um an der Uhr zu drehen, will er nicht verraten. Man habe ein Zeichen setzen wollen, sagt er nur. "Ich schätze, dass 90 bis 95 Prozent der Gläubigen im Bistum für den Rücktritt des Bischofs sind." Ihnen wolle man ein Forum geben, um Protest auszudrücken. Viele hätten immer noch Angst, ihre Meinung öffentlich zu äußern - für Schaefer ein Teil des Problems: "Es gibt in der katholischen Kirche keine demokratische Kultur, keine Streitkultur."

    Die Messe um 10.15 Uhr ist mit rund 200 Gläubigen gut besucht. Den Bischof bekommen sie indes nicht zu Gesicht. Der ist inzwischen nach Rom gereist, wie sein Sprecher am Sonntag bestätigt. Den Gottesdienst leitet Dompfarrer Gedeon Rehberg.

    Einige Messbesucher äußern sich im Anschluss zurückhaltender über Tebartz-van Elst als die Kritiker vor dem Dom. "Wir hatten die letzten fünf Jahre einen sehr guten Bischof, der viel für die Gemeinde getan hat", sagt Manfred Schäfer aus Limburg. Nun werde der Bischof vorverurteilt, viel Dreck über ihm ausgeschüttet. "Das finde ich ein bisschen unfair." Eine ältere Dame, die anonym bleiben möchte, sieht die Affäre sogar positiv: "Jetzt können wir uns wieder auf das Wesentliche konzentrieren, auf die Botschaft Christi." Durch die Aufdeckung der Vorfälle um den Bischof habe die Kirche gezeigt, dass sie demokratisch sei.

    "Ich schätze es so ein, dass der Bischof psychisch krank ist"

    "Ich schätze es so ein, dass der Bischof psychisch krank ist", sagt dagegen Gerhard Krach, der nach eigenen Angaben seit 1945 allen Bischöfen als Messdiener gedient hat. Allen - außer Tebartz-van Elst. Zur Ehrenrettung des Bischofs müsse er aber sagen, dass ihm der Bischof persönlich auf einen Beschwerdebrief geantwortet, ihn sogar zum Gespräch eingeladen habe. Dazu gekommen ist es bislang nicht.

    Um fünf Minuten vor zwölf stimmen die Kritiker auf dem Domplatz um Joachim Schaefer ein Lied an mit dem Titel: "Andere Lieder wollen wir singen." Frank Speth, ein Theologe aus Hadamar, der das geistliche Forum moderiert, ergänzt: "Lieder nicht des Reichtums und des Klerikalismus wollen wir singen. Sondern Lieder von Transparenz und Demokratie."

    Einige Gläubige äußern sich über ein offenes Mikrofon. "Ich bin hier, weil ich mir meinen Glauben nicht kaputtmachen lassen will", sagt eine Frau. "Ich bete für die Heilung von der Großmannssucht unseres Bischofs", erklärt ein anderer Katholik. Zum Ende der Kundgebung nehmen sich die Gläubigen an den Händen und bilden eine Menschenkette. Singend umringen sie den Bischofssitz.

    Neue Vorwürfe gegen Tebartz-van Elst

    Noch vor Reise des Bischofs nach Rom waren neue Vorwürfe laut geworden. Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) sollen jahrelang Baukosten unter der Verantwortung des Bischofs verschleiert worden sein. Zudem drohen dem Bistum weitere Rechnungen wegen Schäden an Straßen und Hausfassaden. Bistumssprecher Martin Wind bestätigte am Sonntag: "Für Bauschäden muss aufgekommen werden." Die Höhe der Zusatzkosten sei bislang nicht bekannt, das müssten Sachverständige prüfen.

    Nach Medienberichten soll der Bischof zudem seit Jahren von den hohen Kosten für seine Residenz gewusst, aber eine niedrigere Summe verbreitet haben. Nach "FAS"-Informationen sollte auch die Aufsicht des Vatikans und des Vermögensverwaltungsrats umgangen werden. Im Sommer 2011 sei dem Rat ein Kostenvolumen von 17 Millionen Euro vorgelegt worden, zerlegt in zehn einzelne Projekte. Die Posten hätten damit unter der Summe von 5 Millionen Euro gelegen, ab der Bauvorhaben dem Vatikan angezeigt werden müssten. (dpa/AZ)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden