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Tebartz-van Elst: Der Bischof tritt zurück - und beschuldigt einen anderen

Tebartz-van Elst

Der Bischof tritt zurück - und beschuldigt einen anderen

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    Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ist zurückgetreten - und weist dennoch alle Vorwürfe von sich. In der Kirche sind trotzdem viele Menschen erleichtert.
    Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ist zurückgetreten - und weist dennoch alle Vorwürfe von sich. In der Kirche sind trotzdem viele Menschen erleichtert. Foto: Boris Roessler/dpa

    Papst Franziskus nahm den Amtsverzicht von  Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst am Mittwoch an. Zum Apostolischen Administrator wurde der Paderborner Weihbischof Manfred Grothe (74) ernannt. Tebartz-van Elst (54) werde "zu gegebener Zeit mit einer anderen Aufgabe betraut werden", teilte der Vatikan mit. Kirchenkreise reagierten mit Erleichterung. Jetzt bestehe die Chance auf einen Neuanfang im Bistum Limburg.

    Tebartz selber wies ab Mittwochabend Vorwürfe aus dem am selben Tag veröffentlichten Abschlussbericht der Prüfungskommission zurück. In dem Bericht heißt es, Tebartz-van Elst habe beim Bauprojekt auf dem Limburger Domberg systematisch zu niedrige Kosten angegeben, Kontrollen verhindert und kirchliche Vorschriften umgangen. Durch hohe Qualitätsanforderungen des Bischofs und seinen Wunsch nach schnellen Baufortschritten seien die Kosten zusätzlich in die Höhe getrieben worden, so die Prüfkommission.

    Nach dem 108-seitigen Bericht hat der Bischof etwa 213.000 Euro für ein Wasserbecken für Zierfische ausgegeben. Für die Ausführung von Fensterrahmen in Bronze wurden 1,7 Millionen Euro abgerechnet. Auch dem Domkapitel und dem Diözesanvermögensverwaltungsrat hielt die Prüfkommission schwere Versäumnisse vor.

    Die Vorwürfe gegen Bischof Tebartz-van-Elst

    Zu autoritär, zu prunkvoll, falsche Angaben: Wochenlang hatten die Vorwürfe gegen den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst die Schlagzeilen bestimmt. Die zentralen Kritikpunkte:

    AMTSFÜHRUNG: Mehrere Priester warfen dem Bischof bereits 2010 einen autoritären Kurs vor. In ihrem Schreiben soll von «klerikalem Dünkel», vom «Abtauchen der Kirchenleute» und von «selbstverliebten Ritualen» die Rede gewesen sein.

    Auch Ende August 2013 wendeten sich Gläubige gegen den Führungsstil von Tebartz-van Elst: Frankfurter Katholiken sprachen in einem offenen Protestbrief von einer Vertrauenskrise.

    BISCHOFSRESIDENZ: Unter enormen Druck geriet der Bischof wegen seines millionenteuren Amtssitzes.

    Im Dezember 2010 waren die Um- und Neubaukosten noch offiziell mit 5,5 Millionen Euro beziffert worden. Mittlerweile geht es um eine Summe von mindestens 31 Millionen Euro - und der Geistliche wird wegen angeblicher Prunksucht angeprangert.

    Eine von der Deutschen Bischofskonferenz berufene Kommission begann im Oktober 2013 mit der Untersuchung der Kostenexplosion und legte den Bericht Anfang März im Vatikan vor.

    STRAFANTRAG: Auch die Justiz ermittelte gegen den Bischof. Die Hamburger Staatsanwaltschaft beantragte einen Strafbefehl gegen Tebartz-van Elst.

    Vorwurf: Der Bischof gab im Zusammenhang mit einem Erste-Klasse-Flug nach Indien eine falsche eidesstattliche Erklärung ab. Das Verfahren wurde gegen Zahlung von 20 000 Euro eingestellt.

    Laut Staatsanwaltschaft räumte der Kirchenmann die falschen Angaben ein. Die Limburger Ermittlungsbehörde prüft seit Monaten, ob sie ein Verfahren wegen Untreue gegen ihn einleitet.

    REAKTION DES BISCHOFS: Es gibt nicht viele Äußerungen von Tebartz-van Elst. Die erste Woge des offenen Protestes im August 2013 versuchte er mit einem Brief zu glätten, in dem er um Vertrauen bittet und Fehler einräumt.

    «Rückblickend gibt es Dinge, die ich anders angehen würde», erklärte er.

    Zu den Verschwendungsvorwürfen sagte er später: «Wer mich kennt, weiß, dass ich keinen pompösen Lebensstil brauche.» Man solle nicht den Stab über ihn brechen.

    In einer Stellungnahme wies Tebartz-van Elst insbesondere den Vorwurf zurück, er habe dem vom Vatikan entsandten Kurienkardinal Giovanni Lajolo die wahre Summe der Baukosten verschwiegen. Einen Teil der Verantwortung für das Finanzgebaren schob der Bischof seinem damaligen Generalvikar Franz Kaspar zu.

    Zur Unterrichtung Lajolos sagte der Bischof, bei dem Treffen mit dem Kurienkardinal am 10. September 2013 habe ihm die "differenzierte Gesamtsummenrechnung" noch gar nicht vorgelegen. Durch mögliche Abschreibungen hätte sich die Gesamtsumme zu diesem Zeitpunkt noch verringern können. Das Gespräch mit Lajolo habe zudem vor dem 11. September stattgefunden, an dem er das Protokoll unterzeichnet habe, in dem die hohe Bausumme festgestellt worden sei. Er habe sich also erst nach dem Gespräch mit dem Kurienkardinal mit den Details der Kostenaufstellung befassen können.

    Tebartz-van Elst beschuldigt seinen Generalvikar

    Der Fall Tebartz-van Elst

    Der Fall des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst - eine Chronologie:

    19. August 2012: Tebartz-van Elst sei erster Klasse nach Indien geflogen, um dort soziale Projekte zu besuchen, berichtet das Magazin «Der Spiegel». Das Bistum weist die Vorwürfe zurück.

    29. Mai 2013: Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Bischof wegen möglicher Falschaussage über seinen Flug nach Indien.

    28. Juni: Die umstrittene neue Bischofsresidenz hat nach Angaben des Limburger Bistums knapp 10 Millionen Euro gekostet - rund viermal so viel wie ursprünglich geplant. Der Bischof betont, dass der Bau schon 2007 vor seinem Antritt beschlossen worden sei.

    9. Juli: Das Bistum korrigiert die Gesamtkosten für die neue Residenz nach oben. Sie lägen deutlich über 10 Millionen Euro.

    25. August: Im Bistum beginnt mit einem Offenen Brief eine Unterschriftensammlung gegen die Amtsführung des Bischofs. Gefordert wird eine umfassende Aufklärung über die Kosten der Residenz.

    29. August: Das streng konservative «Forum Deutscher Katholiken» ruft zur Solidarität mit dem Oberhirten auf.

    1. September: Tebartz-van Elst bittet alle Gläubigen seines Bistums in einem Brief um Vertrauen und räumt Fehler ein.

    6. September: Gläubige überreichen dem Bischof ihren Offenen Protestbrief mit rund 4400 Unterschriften.

    9. September: Der päpstliche Gesandte Giovanni Kardinal Lajolo besucht Limburg. Der Bischof sichert wenige Tage später zu, alle Kosten für die Baumaßnahmen Prüfern zugänglich zu machen.

    23. September: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, kritisiert Tebartz-van Elst wegen der Finanzaffäre. Eine Kommission werde untersuchen, warum die Kosten für das neue Domizil explodierten.

    7./8. Oktober: Das Bistum beziffert die Kosten für den neuen Bischofssitz jetzt auf 31 Millionen Euro. Kritiker werfen dem Bischof Täuschung vor und fordern seinen Rücktritt.

    10. Oktober: Tebartz-van Elst verteidigt die Kostenexplosion. «Wer mich kennt, weiß, dass ich keinen pompösen Lebensstil brauche», sagt er der «Bild»-Zeitung. Die Hamburger Staatsanwaltschaft beantragt in Zusammenhang mit dem Flug nach Indien einen Strafbefehl.

    12. Oktober: Einem Medienbericht zufolge will der Bischof rasch nach Rom fliegen. Er wolle damit Erzbischof Robert Zollitsch zuvorkommen, der am Donnerstag mit Papst Franziskus über die Limburger Situation rede.

    13. Oktober: Der Druck auf Tebartz-van Elst wächst weiter: «Welt am Sonntag» und «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» berichten über bis zu 40 Millionen Euro Gesamt-Finanzbedarf für die Limburger Residenz und Versuche, die Kostenexplosion zu verschleiern. Der Bischof reist am Vormittag nach Rom - zu Gesprächen mit dem Papst.

    23. Oktober: Papst Franziskus verordnet dem Bischof eine mehrmonatige Auszeit, belässt ihn aber im Amt.

    26. März 2014: Franz-Peter Tebartz-van Elst kehrt nicht in sein Bistum zurück. Nach einer monatelangen Hängepartie nahm Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch des seit Oktober suspendierten Bischofs an.

    Mit Blick auf den Vorwurf der Prüfkommission, der Bischof habe Mitwirkungsrechte der Kontrollgremien missachtet, wies Tebartz-van Elst die Verantwortung auf seinen damaligen Generalvikar Kaspar. Er selber sei kein Fachmann auf dem Gebiet der kirchlichen Verwaltung, so der Bischof. Kaspar habe als einziger einen umfassenden Einblick in die Vermögensstruktur des Bischöflichen Stuhls gehabt. Er sei für das Vorgehen verantwortlich. Kaspar habe zudem seit seinem Amtsantritt 2009 zahlreiche Kompetenzen wie die des Bischöflichen Ökonoms und das Anlagegeschäft an sich gezogen. Beim Bau des Bischofshauses habe er den Wechsel vom zweiten zum dritten Architekten "wesentlich betrieben". Auch die umstrittene Kunstausstattung habe Kaspar wesentlich beeinflusst und ohne die Kenntnis des Bischofs Mobiliar erworben.

    Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, begrüßte die Entscheidung des Papstes. "Es ist gut, dass der Papst heute eine Entscheidung herbeigeführt hat, die für das Bistum Limburg eine Zeit der Unsicherheit beendet und einen Aufbruch und Neubeginn möglich macht", sagte Marx in Berlin. Dazu seien "Bereitschaft zur Versöhnung, neues Vertrauen und die Kraft des Gebetes notwendig". Mit Blick auf Forderungen nach mehr Transparenz sieht Marx die Kirche auf einem guten Weg: Eine bereits im vergangenen Jahr eingesetzte Arbeitsgruppe beschäftige sich systematisch mit der finanziellen Transparenz und dem Vermögen der Kirche und erarbeite Handlungsempfehlungen. KNA/AZ

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