Natürlich ist der Tatort auch immer ein Ort für Experimente. Im Fall des Wiener Tatorts "Sternschnuppe" am heutigen Sonntagabend kann man sagen: zum Glück. Denn weil sich die Sendeanstalten im Tatort austoben dürfen und eine eingene Note setzen können, der Tatort "Sternschnuppe" so gelungen. Geht es nach dem ORF, braucht man nur hinter die Kulissen einer Castingshow zu schauen, um die Abgründe des Menschseins zu erblicken. "Sternschnuppe" ist darum ein guter Titel für die Inszenierung eines Spektakels um Eitelkeit, Eifersucht und verlorene Träume. Wo doch Sternchen kurz aufleuchten meist rasch verglühen und dann der Vergessenheit anheimfallen.
Tatort aus Wien: Kommissarin Bibi Fellner glänzt in "Sternschnuppe"
Wenn es nur das wäre. Aber blöd, dass ein Juror vor dem Finale stranguliert aufgefunden wird, mit einem zerknüllten Zettel in der Kehle samt dem Liedtext, den der Favorit singen sollte. Schon sind wir mittendrin in einer augenzwinkernd-schrägen, nicht immer logischen Geschichte, die ein wenig an österreichische Krimiautoren wie Stefan Slupetzky, Thomas Raab und Wolf Haas erinnert.
Zum Glück sind Oberstleutnant Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Major Bibi Fellner (Adele Neuhauser) - so der polizeiliche Rang - auch in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern vermittelbar. Die beiden retten den mitunter dramaturgisch holprigen Krimi mit ihren Dialogen. Wenn etwa das Duo über sexuelle Fantasien recherchiert und beim Therapeuten landet.
Dass Bibi ihr neues Wissen bei einem Date testen will, ist ein Freifahrtschein für die starke Schauspielerin Neuhauser, die damit mühelos alle mit ihrem Seelenleben kämpfenden "Tatort" Kolleginnen aus dem Norden Deutschlands aussticht. Eh kloar. Fragt die Bibi den Moritz: "Hast Du was am Laufen?". Sagt der Moritz glatt in einer Art krummem Monaco-Franze-Deutsch: "Nicht konkret, aber durchaus ambitioniert."