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Tatort-Kritik: Tatort "Kriegssplitter" aus Luzern zeigt Polit-Drama

Tatort-Kritik

Tatort "Kriegssplitter" aus Luzern zeigt Polit-Drama

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    Die "Tatort"-Kommissare Reto Flückiger (Stefan Gubser, rechts) und Liz Ritschard (Delia Mayer) im neuen Krimi aus Luzern.
    Die "Tatort"-Kommissare Reto Flückiger (Stefan Gubser, rechts) und Liz Ritschard (Delia Mayer) im neuen Krimi aus Luzern. Foto: Daniel Winkler/ARD Degeto/dpa

    Na endlich, es gibt die Dame wirklich. Was uns an den letzten „Tatort“-Versuchen der Schweizer am meisten interessiert hat, waren die geheimnisvollen Flirtversuche des Reto Flückiger (Stefan Gubser). Der Flirt bekommt nun ein Gesicht in Form der Schauspielerin Brigitte Beyeler, die bei der ARD und den Eidgenossen in der Besetzungsliste einfach „Frau“ heißt. Verheiratet ist sie, was die Ermittlungen beeinflusst. Was der wortkarge Kommissar nicht ahnt, der bei seiner Amour fou plötzlich so was wie Leben in sich entdeckt.

    Dass wir die „Kriegssplitter“ als „Tatort“-Feinbeobachter mit Drang zum Nebensächlichen angehen, hat seinen Grund. Weil der Krimi aus dem Nachbarland ziemlich misslungen ist. Die Schweizer arbeiten die beiden Tschetschenien-Kriege auf, was mit einem in Luzern lebenden tschetschenischen Kriegsverbrecher zu tun hat, der – und da wird es schon komplizierter – von einem Killer, einer jungen Frau und der russischen Regierung gejagt wird. Ach ja, und gleich zu Beginn kommt ein Journalist zu Tode.

    "Tatort" aus Luzern: Ein wenig Geschichtsaufklärung

    Damit könnten wir leben, aber aktuell-außenpolitisch strukturierte Krimis sehen anders aus. Dahinter steckt hoffentlich nicht ein abgelagertes Drehbuch, sondern die Vorstellung, dass die Saat der Gewalt in der Generation der Kriegswaisen erneut aufgeht. So zieht die junge Rächerin Nura (Yelena Tronina) auch ihren Zwillingsbruder

    Reto Flückiger (Stefan Gubser) verhaftet im neuen "Tatort" einen Verdächtigen.
    Reto Flückiger (Stefan Gubser) verhaftet im neuen "Tatort" einen Verdächtigen. Foto: Daniel Winkler/ARD Degeto/dpa

    Aber dramaturgisch enttäuscht „Kriegssplitter“ mit seiner verschachtelten Story. Da hilft auch Ermittlerin Liz Ritschard (Delia Mayer) als belebendes Element nicht weiter. Das „Tatort“-Publikum ist wählerischer geworden. Den personellen Umbruch (Mini-Krise?) des TV-Klassikers mit einem Schweizer Beitrag zu begleiten, ist mutig, aber nicht klug.

    Wissenswertes zum "Tatort"

    Der ARD-"Tatort" ist die langlebigste und erfolgreichste Krimireihe im deutschen Fernsehen.

    DER ERSTE FALL: Der erste "Tatort" war "Taxi nach Leipzig", der am 29. November 1970 lief. Der Hamburger Hauptkommissar Paul Trimmel (Walter Richter) musste einen deutsch-deutschen Mordfall klären. Der 1000. Tatort heißt ebenfalls "Taxi nach Leipzig".

    DIE ERSTE KOMMISSARIN: Als erste Ermittlerin der Reihe schickt der Südwestfunk (SWF) 1978 Kommissarin Marianne Buchmüller (Nicole Heesters) mit "Der Mann auf dem Hochsitz" ins Rennen. Bis 1980 gibt es drei Folgen.

    GIFTSCHRANK: Einige wenige Folgen dürfen nicht wiederholt werden. Sie haben senderintern einen Sperrvermerk. Die Gründe sind verschieden. So spielen bei "Wem Ehre gebührt" verletzte religiöse Gefühle eine Rolle, bei "Krokodilwächter" die große Brutalität im Film.

    DER MISSGLÜCKTESTE "TATORT": Zu den Tiefpunkten der "Tatort"-Reihe zählen Kritiker die Fälle (1996 - 1998) des Berliner Kommissars Ernst Roiter (Winfried Glatzeder). Aus Kostengründen hatten die Folgen eine billig wirkende Optik. Zudem warf man den Filmen vor, zu sexistisch, brutal oder zu wirr zu sein. Die Quoten waren trotzdem passabel.

    DIE MEISTEN ZUSCHAUER: "Rot - rot - tot" sahen am Neujahrstag 1978 mehr als 26 Millionen Menschen. Das entspricht einer Quote von 65 Prozent. In heutiger Zeit wäre das undenkbar.

    DIE MEISTEN TOTEN: Die Folge "Im Schmerz geboren" mit Ulrich Tukur als Felix Murot stellt einen Leichenrekord in der "Tatort"-Geschichte auf. Experten vom "Tatort-Fundus" zählen 51 Leichen.

    DER VORSPANN: 30 Sekunden mit spannender, hastiger Ohrwurmmusik, zwei Augen in Nahaufnahme, das rechte im Fadenkreuz, ein Mann, der abwehrend die Arme hebt, rennende Beine auf nassem Asphalt und ein Fingerabdruck, dessen Linie den Flüchtenden einkreist.

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