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Tatort-Kritik: 10 Jahre Tatort Münster: In den Kuhdung gegriffen

Tatort-Kritik

10 Jahre Tatort Münster: In den Kuhdung gegriffen

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    Das "Tatort"-Team aus Münster: Jan Josef Liefers und Axel Prahl.
    Das "Tatort"-Team aus Münster: Jan Josef Liefers und Axel Prahl. Foto: dpa

    Tatort-Kritik: Seit genau 10 Jahren geht das Ermittlergespann Axel Prahl und Jan Josef Liefers als Kommissar Thiel und Rechtsmediziner Boerne auf Verbrecherjagd. Auch beim Jubiläum des Münsteraner Tatorts in der ARD schalteten mit 12,11 Millionen (Marktanteil: 31,7 Prozent) wieder rekordverdächtig viele Zuschauer ein.

    Der Münsteraner Tatort nimmt eine Sonderstellung in der Krimi-Reihe ein. Kein anderes Ermittler-Duo setzt so sehr auf die Überzeichnung der Darsteller und komödiantische Elemente. Bei ihrem Jubiläumsfall, in dem es Thiel und Boerne in die ländliche Münsteraner Region Wolbeck verschlägt, schien es bisweilen allerdings ein bisschen zu viel des Guten zu sein. Auch wenn die Münsteraner wie immer mit lustigen Einlagen glänzten, blieb die Handlung dem Zuschauer diesmal zu sehr im Verborgenen.

    Komödie statt Krimi zwischen Kuhdung und Traktoren

    Zwischen Kuhdung und Traktoren gehen die beiden Tatortkommissare Thiel und Boerne einem seltsamen Mord auf die Spur. Der Heilpraktiker Lembeck wird auf seinem Hof, auf dem unfruchtbaren Damen auf wundersame Weise zu ihrem Kinderglück verholfen wird, tot aufgefunden. Sein Gesicht ziert der Abdruck eines Siegelrings, den der Täter getragen haben muss als er den Mann niederschlug.

    Eigentlich hätte der Tatort hier schon vorbei sein können, denn Rechtsmediziner Boerne gelingt es, neben der Leiche Haare sicherzustellen, die er fast sicher dem Mörder zuordnete. Doch beim Besuch auf dem Hof des tatverdächtigen Bauern Moritz Kintrup macht sich eine Ziege an Boernes offenem Kofferraum zu schaffen und verzehrt die am Tatort sichergestellten Beweise noch vor einer möglichen DNA-Untersuchung. Auch eine Not-OP hilft nicht mehr, die Spuren sind bereits verdaut, die Ziege wird wieder zusammen geflickt und entwickelt eine Freundschaft zum exzentrischen Rechtsmediziner. Schon hier deutet sich an, dass die Krimi-Handlung wesentlich zu kurz kommt und Boernes fragwürdig komische Ausflüge zu viel des Guten sind.

    Thiel ermittelt erfolgreich - Boerne kalauerhaft

    Kommissar Thiel dagegen hat mit der Befragung der drogensüchtigen Ehefrau des Ermordeten und der drei Gebrüdern Krien, die diesem den Hof verkauft hatten, alle Hände voll zu tun. Während Frau Lembeck wegen ihres Rausches zunächst nur wenig zur Aufklärung des Mordes beitragen kann, geben sich die drei Landeier in totaler Verschwiegenheit. Dabei gelingt es Thiel mit Kalkül und Schlitzohrigkeit aus den drei Brüdern nach und nach die Wahrheit über ihre Geschäfte mit Lembeck herauszukitzeln.

    Boerne schafft es währenddessen durch ärztliche Hilfe bei der Rinderzucht das Vertrauen des Bauern Moritz Kintrup zu gewinnen, um von diesem zum Siegelring des Täters geführt zu werden. Als Zuschauer fragt man sich allerdings, ob es bei allem Humor dazu wirklich die kalauerhafte Darstellung einer rektalen Untersuchung beim Zuchtbullen gebraucht hätte, in der Boerne eine Ladung Kuhdung ins Gesicht geschossen bekommt.

    Auch sonst scheinen vor allem die Ermittlungen des Professors für forensische Medizin die Krimi-Handlung nur bedingt weiter zu bringen und können nicht mit dem üblichen Esprit der Wortgefechte zwischen den beiden Ermittlern mithalten.

    Tatort Münster: Die Handlung kommt zu kurz

    Dass mit dem Fund eines Hochzeitsfotos des Bauern Kintrup, auf dem er den Siegelring trägt, auch noch ein von der ersten Minute bekanntes Beweisstück den Täter entlarvt, kommt nach dem ganzen überspielten Bauern-Hick-Hack letztlich sehr enttäuschend daher. Genauso wie die Tatsache, dass der eigentlichen Handlung um die verbitterte Mutter des Täters, die den Ermordeten aufgrund ihrer eigenen Geschichte auf dem Boden liegend verbluten ließ, wegen Boernes Kalauer-Einlagen viel zu kurz kam. Dies führt letztendlich dazu, dass es einem als Zuschauer so vor kam, als würde diesem Münsteraner Jubiläumstatort aufgrund Boernes Einlagen etwa zehn Minuten fehlen, um die Geschichte komplett zu erzählen.

    Ob einen das Spekulieren in Nachhinein glücklich macht oder eher frustriert, ist Sache des persönlichen Geschmacks. Letztendlich bewies der Münsteraner Jubiläumstatort, dass die Gratwanderung zwischen Komödie und Krimi eine schwierige ist, bei der nicht immer die richtige Balance gefunden wird.

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