Ach, sie sind wieder die Alten. Staatsanwältin Klemm (Mechthild Großmann) pafft Kette, reibeisert den Kripo-Assistenten an („Herr Staatsbürgerkunde!“) und brüllt der ganzen Rasselbande bei der Observierung die Ohren wund. „Alberich“ Silke Haller (Christine Urspruch) muss den 7968. Witz über ihre Körpergröße schlucken.
Vor allem aber, na klar, tragen Thiel (Axel Prahl) und Boerne (Jan Josef Liefers) im Tatort heute nach Herzenslust ihr ironisch-kalauerisches Scheingefecht aus, selbst wenn das Organisierte Verbrechen hinter der Tür lauert. Thiel: „Ist ja verrückt, Sie können einen von oben herab anschauen, selbst wenn Sie von unten nach oben schauen.“
Der letzte „Tatort“ aus Münster („Limbus“) war nur ein Ausflug ins Kammerspielartige, für seine Verhältnisse fast schon Experimentelle – mit einem selbstkritischen Boerne im Wartezimmer zwischen Himmel und Hölle. Am Sonntag, 20.15 Uhr im Ersten, kommt der Deutschen liebster Krimi wieder konventioneller daher. In „Es lebe der König!“ (Regie: Buket Alakus) stürzt Manfred Radtke, einst Kirmes-König und erst seit kurzem Besitzer eines altehrwürdigen Wasserschlosses, nächtens in den Burggraben und ertrinkt.
"Es lebe der König!", ruft die überdrehte Tochter
Weil er eine Ritterrüstung trägt und sich diese kaum selbst angelegt haben kann, gerät die gesamte bucklige Verwandtschaft in Verdacht, beim Ableben des alten Herrn nachgeholfen zu haben: der unsichere Sohn, die überdrehte Tochter (stark: Sandra Borgmann), die mysteriöse Ehefrau.
Jeder schweigt auf seine Weise, also kann’s jeder gewesen sein. Die drei eint nur das Problem, dass ihnen finanziell das Wasser bis zum Hals steht. Die Aufführung von Mittelalterspielen soll ihre Existenz retten, toter Patron hin oder her, ganz nach dem Motto: Der König ist tot, es lebe der König.
Mit der früheren Burgbesitzerin, die Radtke per kompromittierendem Video erpresst hat, und einem international gesuchten Drogenbaron schließt sich der Kreis der Verdächtigen. Ach ja, die attraktive Theater-Assistentin Rosemarie (geheimnisvoll: Mai Duong Kieu) macht Boerne schöne Augen, hat aber ganz anderes im Sinn...
Quotenkönig Münster-"Tatort" - was denn sonst?
Bis es zum Showdown bei der Premiere der Festspiele kommt, darf Thiel mit Vaddern beim Angeln philosophieren, Boerne in Ritterrüstung zu Michael Jacksons „Bad“ tanzen (na ja) und sich Klemm an ihrem hypernervösen Kollegen von der Staatsanwaltschaft abarbeiten.
Das ist bewährte Sonntagabend-Erdnüsschen-Unterhaltung, und natürlich dient der Kriminalfall nur als Kulisse. Am Ende, wie soll es anders sein, wird „Es lebe der König!“ den Status des Münster-„Tatorts“ als Quotenkönig untermauern. Nur Nadeshda, Thiels verblichene Assistentin, die fehlt immer noch.
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