Am Anfang ist es ein kleiner Hauch von Hollywood. Der Mann da im Kiosk, der noch eine entscheidende Rolle spielen wird, sieht aus wie Filmstar Johnny Depp. Das war’s aber schon mit großem Kino. Dabei könnte „Der böse König“ (ARD, 20.15 Uhr) das düstere Psychogramm eines Narzissten sein – wären nicht alle Charaktere, wie so oft im Ludwigshafener „Tatort“, total überfrachtet. Das mag bei den stark kontrastierenden Farben wirken, mit denen Regisseur Martin Eigler die Hochsommerhitze in seinem Krimi bildlich einfängt. Bei den Figuren ist es unrealistisch.
Der Kioskbesitzer im "Tatort" Ludwigshafen hat 73 Cent im Hals
Spätkauf-Besitzer Sandro Esposito (Christoph Gaugler) lebt – warum auch immer – in einem Wohnwagen und liegt eines Abends tot zwischen den Regalen. Schwer malträtiert, mit Münzen im Wert von 73 Cent im Rachen. Schnell konzentrieren sich Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter) auf drei Verdächtige: Antoine Maler (Christopher Schärf), das Johnny-Depp-Double. Jannik Berg (Pit Bukowski), Kapitän einer Darts-Mannschaft, drogensüchtig und ohne ersichtlichen Grund in einer Art Lagerhalle wohnhaft. Außerdem Murat Korkmaz (Özgür Karadeniz), mit dem Opfer durch unbeglichene Schulden verbunden und offensichtlich homosexuell. Das wird mehrfach unterschwellig angedeutet, ohne dass es für den Fall irgendwie wichtig wäre.
Maler steht im Mittelpunkt des Tatort heute – da, wo er immer stehen möchte: Er gibt sich wie die Hilfsbereitschaft in Person, seine (Ex-)Freundin nennt ihn „Engel“. Er schmeichelt sich bei Polizisten ein, macht Kommissarin Stern schöne Augen. Der Zuschauer muss nicht erst wie die Ermittlerin seine Pupillenweite messen, um zu merken, dass Maler ein falsches Spiel spielt.
Dieser Odenthal-"Tatort" ist nur selten spannend
Der Narzisst ist an sich ein Charakter mit großem Krimipotenzial, in diesem „Tatort“ aber viel zu berechenbar. Der Niederösterreicher Christopher Schärf, 42, spielt Maler trotzdem toll. Doch während die Kommissarinnen mal diesen, mal jenen verdächtigen und ein weiterer Mann sein Leben lässt, ist die spannendste Frage für den Zuschauer eine andere: Kann er den Überblick behalten bei all dem Hin und Her, wer denn nun wie oft am Tatort war, ob er da Bier oder Wein gekauft hat, auf Drogen oder nüchtern? All das ist anstrengend – und höchstens beim Finale im dunklen Haus Johanna Sterns einmal kurz spannend.
Was positiv auffällt – wie schon beim letzten Ludwigshafener „Tatort“ im rechten Milieu: Stern und Odenthal sind ein richtiges Team geworden, Ulrike Folkerts’ Figur profitiert davon, die harte Hülle fallen lassen und Mitgefühl zeigen zu dürfen. Eine Sensibilität, von der man sich ein bisschen mehr auch bei den Machern dieser Folge gewünscht hätte.
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