Sie hätten ein Käse-Imperium nehmen können. Was steht noch für die Schweiz? Ach ja, eine Bank. Oder Taschenmesser. Nun, das Mordopfer Hans-Konrad Chevalier im neuen Züricher Tatort heute (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD) war Kopf einer Schokoladen-Fabrik. Geht auch. Deshalb der Titel „Schoggiläbe“ – Schokoladenleben, was so viel heißt wie: auf der Sonnenseite des Lebens. Natürlich stehen die Protagonisten im Krimi alles andere als auf eben jener Sonnenseite.
"Tatort" aus der Schweiz mit vielen Verdächtigen
Der Fall selbst gleicht auch nicht einem luftigen Baiser mit Zartbitter-Streusel, vielmehr einer kriminalistischen Kalorienbombe. Unter Verdacht stehen: die machthungrige Mutter des Opfers, dessen nicht weniger ambitionierte Tochter, ihr dubioser Verlobter, zugleich Anwalt des Toten, die Hals über Kopf untergetauchte Haushaltshilfe, ein junger Stricher, der ein Verhältnis mit dem schwulen Chevalier hatte, ein geheimnisvoller Mann, der mit der Mordwaffe unterwegs ist. Das allein ist schon schwere Kost. Noch schlimmer ist, dass die Drehbuchschreiber Stefan Brunner und Lorenz Langenegger die Charaktere und ihre möglichen Motive am Ende nicht miteinander verbinden, keine Raffinesse zu erkennen ist, kein Clou.
"Tatort" am Sonntag: Ermittlerinnen machen den Reiz aus
Das ist viel Tafelschokolade Vollmilch vom Discounter (was lecker sein kann) und wenig maître chocolatier (was man sich bei diesem Thema aus einer Schweizer Krimi-Konditorei irgendwie erhofft). So mancher Verdächtiger purzelt einfach aus dem Film wie ein Schokokügelchen von einer Glasplatte. Am Ende bleibt ein Täter übrig, der in dramaturgischer Hinsicht so aufregend ist wie bei einer Merci-Großpackung die Sorte Edel-Rahm.
Trotzdem ist „Schoggiläbe“ nicht ohne Reiz – dank des Ermittler-Teams. Es ist ja der zweite Fall für Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler). Der Start war etwas unglücklich. Grandjean trug den Waffenholster einmal falsch herum, sie hätte ihre Pistole gar nicht ziehen können. Die Häme im Netz war ihr sicher. Und dass nun beide einen kurzen Monolog direkt in die Kamera halten, dessen Sinn sich nicht wirklich erschließt – geschenkt.
Aber die beiden haben Potenzial. Hier die Kommissarin Grandjean, zugleich aufreizend ruhig wie emotional zerbrechlich, da die unsichere, aber umso ehrgeizigere Profilerin Ott, die im Übrigen der Wiener „Tatort“-Kommissarin Bibi Fellner verblüffend ähnelt. Grandjean und Ott, zwei ungleiche Frauen, deren Zusammenarbeit beendet scheint, noch bevor sie richtig begonnen hat. Ott lässt die Kollegin bei einem gefährlichen Einsatz im Stich und bringt sie dadurch in Lebensgefahr. Aber Fall drei scheint trotzdem gesichert zu sein. Marzipan und Nuss-Nugat vertragen sich in einer Pralinenschachtel ja auch ganz gut.
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