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Foto: AZ
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Im Tatort am Sonntag ermittelt das Dortmunder Ermittlerteam um Kommissarin Martina Bönisch. Daniel Wirsching hat die Folge kommentiert.

Tatort
19.02.2021

"Heile Welt": Lohnt sich der Dortmunder "Tatort" am Sonntag?

Von Daniel Wirsching

In "Heile Welt" gerät Ermittlerin Martina Bönisch in einen folgenschweren Shitstorm. Während die Neue in der Dortmunder Mordkommission enttäuscht.

Es brennt nicht nur in Dortmund, auch der Hass glimmt immer wieder auf. Im Netz und rund um den Gerberkomplex, eine Wohnanlage, in der Menschen mit verschiedenen ethnischen und religiösen Hintergründen leben. Alles andere als „Heile Welt“, wie der Tatort heute (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr) aus dem Ruhrpott heißt, in dem Kommissarin Martina Bönisch (Anna Schudt) im Vordergrund steht.

Der "Tatort" aus Dortmund: Jede Figur ist ein Klischee

Im Gerberkomplex wird nach einem Brand die verkohlte Leiche von Bewohnerin Anna Slomka, 24 und im vierten Monat schwanger, gefunden. Slomka wurde erschlagen, es gibt Anzeichen einer versuchten Vergewaltigung. Ihre Leiche liegt im Keller des Gerber-Hochhauses, der sich irritierenderweise auf dem Dach befindet. Mit als Erste am Tatort: Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger), die Neue in der Dortmunder Mordkommission. Nora Dalay (Aylin Tezel) hatte ja Ende 2020 aus Ärger über Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) im Jubiläums-„Tatort“ zum 50. Bestehen der Krimi-Reihe die Brocken hingeschmissen.

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Foto: Martin Menke/WDR/Bavaria Fiction GmbH, dpa
Foto: Martin Menke/WDR/Bavaria Fiction GmbH, dpa

Martina Bönisch (Anna Schudt) und Peter Faber (Jörg Hartmann) sind am Sonntag in der "Tatort"-Folge "Heile Welt" zu sehen.

Soweit die Ausgangslage, aus der man etwas hätte machen können. Hat man auch, allerdings nichts Gutes. Denn die Folge besteht aus einer Aneinanderreihung von Klischees. Jede Figur ist ein Klischee: Ermittler Faber (traurig-zerknittert), die muslimische Familie Khaled (Drogen, Islamismus), der Hausmeister (ein Spanner). Sowie Rosa Herzog, die reichlich naiv durch ihren ersten Fall stolpert. Das Dortmunder Ermittlerteam könnte getrost auf sie verzichten, die Zuschauer auch. Nur Bönisch gestehen Drehbuch und Regie etwas Tiefe zu. Sie wird bei der ruppigen Festnahme des Imam-Sohnes Hakim Khaled (Shadi Eck) gefilmt, das Video im Internet verbreitet.

In der linken Szene gilt sie fortan als „Nazischlampe“, während der an AfD-Rechtsaußen Höcke erinnernde Politiker Nils Jacob (Franz Pätzold) von der Partei „Neue Mitte Deutschland“ sie zur Märtyrerin machen will – und den Hass auf den vermeintlichen Mörder Slomkas, Hakim Khaled, schürt.

Migranten, Linke, Rechte, Polizeigewalt, Fake News - alles wird im "Tatort" ambitionslos miteinander verrührt

Migranten, Linke, Rechte, Polizeigewalt, Fake News, Shitstorm und pathetischer Höhepunkt – alles ambitionslos miteinander verrührt. Aufgeklärt wird der Mord eher nebenbei und zufällig. Eine Folge zum Gar-nicht-erst-Einschalten, gäbe es nicht zu Beginn den besten „Tatort“-Dialog seit langem. Wer sich die Vorfreude nicht nehmen lassen will – nicht weiterlesen! Für die anderen: Faber fährt bei Bönisch im silbergrauen Opel Manta B GSI vor. Bönisch: „Was ist das denn?“ Faber: „Das ist ein Schnäppchen, hat mir ein Kumpel verkauft.“ Bönisch: „Seit wann haben Sie Freunde?“ Faber: „N’ Kumpel. Is im Ruhrpott viel mehr als n’ Freund.“ Dann legt er eine Kassette ein. Mit dem Lied „Sunshine Reggae“.

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