Das Bett im Leoparden-Look, an der Wand baumeln Lederriemen und in der Ecke ist ein Käfig montiert: In diesem Bordellzimmer treffen sich die Stuttgarter „Tatort“-Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare), um geheime Infos auszutauschen. So unauffällig wie möglich. Nur die Besitzerin ist eingeweiht. Sie wird vom Landeskriminalamt bezahlt. Die Folge „Freigang“ gibt Einblicke in die Arbeit verdeckter Ermittler und in die Netzwerke eines angeblichen Vorzeigegefängnis.
Um einen Mord zu klären, schlüpft Lannert in die Rolle eines JVA-Bediensteten. Denn der Hauptverdächtige saß zur Tatzeit eigentlich hinter Gittern, was die Ermittler Verdacht schöpfen lässt. Mit der Zeit lernt Lannert ein Geflecht aus willigen Wärtern und gewieften Gefangenen um einen korrupten Sicherheitschef (Herbert Knaup) kennen. Den nennen sie „King“, er spricht von „seinem Gefängnis“ und „seiner Familie“. „Wir hier drinnen halten zusammen“, sagt er gerne.
"Tatort": Immer wieder halten Gefängnisse als Schauplatz her
Die Erfolgsstory "Tatort"
Der Tatort ist die älteste Krimireihe im deutschen Fernsehen. Zahlen und Fakten:
Der erste Tatort "Taxi nach Leipzig" vom NDR wurde am 29. November 1970 ausgestrahlt.
Am 28. November 2010 feierte der "Tatort" mit der Ausstrahlung der 781. Folge sein 40-jähriges Jubiläum.
Während der "Tatort" zu Beginn nur einmal monatlich auf Sendung ging, ermitteln die Kommissare heute oft vier Mal im Monat.
In 44 Jahren Tatort wirkten bisher über 100 Ermittler im Einsatz, viele davon als Team.
Die meisten Fälle haben die Hauptkommissare Batic und Leitmayr (Miro Nemec und Udo Wachtveitl) aufgeklärt: in 69 Einsätzen ermittelte das Team vom BR aus München bisher.
Seit dem Start der Reihe im Jahr 1970 wird der "Tatort" durch denselben Vorspann eingeleitet, der bis auf geringfügige Modernisierungen seither unverändert geblieben ist.
Die Musik zum"Tatort"-Vorspann stammt von Klaus Doldinger. Augen und Beine im Vorspann gehören dem ehemaligen Schauspieler Horst Lettenmayer.
Nach wie vor ist der "Tatort" die meistgesehene Krimireihe im deutschen Fernsehen.
Am 16. Februar 2014 wurde der 900. "Tatort" ausgestrahlt.
Die Drehbuchautoren Sönke Neuwöhner und Martin Eigler, der auch Regie führte, erzählen eine Geschichte um Vertrauen, Verzweiflung, Verrat und Suizid. Dass vor und hinter Gittern jeder jeden beobachtet, zeigen immer wieder Szenen, in denen der Monitor der Überwachungskamera abgefilmt wird oder die Kamera durch Scheiben schaut.
Alles in allem sind diese Spielereien vielleicht generell etwas viel. Und etwas viel Liebe zur Fiktion. Zwischendurch wird der Zuschauer von einem Panoramablick auf das Gefängnisgelände abgelenkt – inklusive Kamerafahrten entlang von Sicherheitsdraht und Knastmauern, die dann doch sehr an ein Werbevideo erinnern.
Stuttgart-Tatort in der JVA: Leider keine originelle Idee
Generell ist die Idee, einen „Tatort“ ausgerechnet im Gefängnis oder um Häftlinge spielen zu lassen, wenig einfallsreich. Das kam in letzter Zeit immer wieder vor. Erst in der vorletzten Folge aus Stuttgart kooperierten Lannert und Bootz mit einem Ganoven.
Bei den Kölner Kollegen starb Anfang dieses Jahres in einer dramatischen Folge Assistentin Franziska den Fernsehtod als Geisel im Gefängnis. Gegen Nick Tschiller alias Til Schweiger zog die Mafia im März aus der JVA heraus die Fäden. Und erst am 25. Mai wiederholte die ARD die Frankfurter Folge über einen Foltermord in einem Jugendknast.
Gefängnis-Tatort: "Häufung nur Zufall"
„Die Programmplanung ist extrem dusselig“, meint François Werner, Betreiber der Fanseite „tatort-fundus.de“. „Tatorte“ in Gefängnissen habe es zwar immer schon gegeben, in den vergangenen zwei Jahren aber häuften sie sich. „Das finde ich ein bisschen einfallslos und eindimensional.“ , sagt Werner. Allerdings finde er die Stuttgarter Folgen eh wenig innovativ. Laut einer Sprecherin des SWR ist die Häufung allerdings nur Zufall und liegt an den Ideen der Autoren.
Tatort: Wird der verdeckte Ermittler etwa enttarnt?
In Stuttgart spielen diese unaufgeregt mit üblichen Fragen: Fliegt Lannert auf? Kann die wichtigste Zeugin gerettet werden? Und kippt in letzter Minute noch der skrupellose Plan der vermeintlichen Strippenzieher?
Das ist deutlich weniger packend als die Kölner Folge „Franziska“. Zu sehen war, wie eine Schlinge um den Hals der röchelnden Assistentin immer enger wurde. Das einzige Stöhnen, das bei den Schwaben zu hören ist, kommt aus einem Nebenzimmer ihres geheimen Besprechungsraums. (AZ/dpa)