Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

"Tagesspiegel": Wegen Schmähgedicht: Böhmermann droht Merkel wohl mit Klage

"Tagesspiegel"

Wegen Schmähgedicht: Böhmermann droht Merkel wohl mit Klage

    • |
    TV-Moderator und Komiker Jan Böhmermann droht Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einer Klage, weil sie sein Schmähgedicht als "bewusst verletzend" bezeichnet hatte.
    TV-Moderator und Komiker Jan Böhmermann droht Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einer Klage, weil sie sein Schmähgedicht als "bewusst verletzend" bezeichnet hatte. Foto: Henning Kaiser/dpa

    TV-Moderator Jan Böhmermann droht einem Zeitungsbericht zufolge Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einer Klage. Hintergrund ist ihr Verhalten während der sogenannten Böhmermann-Affäre im Frühjahr 2016. Der Anwalt des Satirikers halte ihre Einschätzung, Böhmermanns Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sei "bewusst verletzend" gewesen, für rechtswidrig, berichtet der in Berlin erscheinende "Tagesspiegel".

    Klage gegen Merkel: Böhmermann kritisiert Bewertung

    Jan Böhmermann wolle dem Bericht zufolge die Bundeskanzlerin verklagen, falls sie ihre öffentliche Bewertung nicht zurücknehme. Ein Regierungssprecher teilte dazu mit: "Der Eingang eines Schreibens der Rechtsanwälte von Herrn Böhmermann kann bestätigt werden. Zu Eingaben und Anliegen, mit denen sich private Dritte an das Bundeskanzleramt wenden, äußern wir uns grundsätzlich nicht."

    Die Böhmermann-Affäre im Überblick

    Jan Böhmermanns Gedicht über den türkischen Präsidenten hat hohe Wellen geschlagen. Was bisher geschah:

    31. März: Der Satiriker benutzt in seiner ZDF-Sendung "Neo Magazin Royale" im Gedicht «Schmähkritik» über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan Formulierungen, die unter die Gürtellinie zielen. Er will damit nach eigenen Angaben den Unterschied zwischen erlaubter und verbotener Satire zeigen.

    1. April: Das ZDF gibt bekannt, dass der Beitrag aus der Mediathek gelöscht und nicht wie vorgesehen wiederholt wird.

    3. April: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisiert das Gedicht in einem Telefonat mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu als "bewusst verletzend".

    10. April: Es wird bekannt, dass die Türkei in einer Verbalnote an das Auswärtige Amt rechtliche Schritte gegen Böhmermann verlangt.

    15. April: Die Bundesregierung gibt den Weg für ein Strafverfahren gegen Böhmermann wegen Beleidigung des türkischen Staatschefs nach Paragraf 103 Strafgesetzbuch frei.

    16. April: Böhmermann kündigt "eine kleine Fernsehpause" an.

    22. April: Merkel bezeichnet ihre Äußerung, Böhmermanns Gedicht sei "bewusst verletzend", als Fehler. Dadurch sei der Eindruck entstanden, dass ihre persönliche Bewertung etwas zähle.

    3. Mai: Böhmermann kritisiert in der Wochenzeitung Zeit Angela Merkel: "Die Bundeskanzlerin darf nicht wackeln, wenn es um die Meinungsfreiheit geht." Erdogan nennt darin er einen "nervenkranken Despoten".

    12. Mai: Der Moderator kehrt mit seiner Sendung "Neo Magazin Royale" zurück.

    17. Mai: Das Landgericht Hamburg erlässt auf Antrag Erdogans eine einstweilige Verfügung gegen Böhmermann. Der Moderator darf seine "Schmähkritik" zu großen Teilen nicht öffentlich wiederholen. Böhmermann will die einstweilige Verfügung nicht akzeptieren.

    27. Mai: Ein Satz aus "Neo Magazin 4Royale" löst Spekulationen über Böhmermanns Zukunft beim ZDF aus. Zu seinem Gast Steven Gätjen sagt er: "Du hast gerade den Sprung geschafft vom Privatfernsehen zum öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Ich hab' ja demnächst vor, das andersrum zu machen." Doch schiebt er nach: "Nein, ist ein Spaß."

    2. Juli: Erdogan will das Gedicht komplett verbieten lassen. Erdogans Anwalt reicht daher eine Privatklage beim Hamburger Landgericht ein. Die Verhandlung ist für den 2. November dieses Jahres vorgesehen.

    30. Juli: Erdogan kündigt an, seine Strafanzeigen wegen Beleidigung des Staatspräsidenten zurückzuziehen. Später wird allerdings klargestellt, dass dies für die Klagen in Deutschland nicht gilt.

    4. Oktober: Die Staatsanwaltschaft Mainz gibt die Einstellung der Ermittlungen gegen Böhmermann bekannt. Es seien "strafbare Handlungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen".

    10. Oktober: Wie die Staatsanwaltschaft in Mainz offiziell erklärt, hat der Anwalt Erdogans Beschwerde gegen die Einstellung der Ermittlungen gegen Böhmermann eingelegt. Diese wird in Koblenz geprüft.

    Auch der Berliner Rechtsanwalt Christian Schertz, der Jan Böhmermann vertritt, sagte dazu am Dienstag auf Anfrage der dpa lediglich: "Wir möchten uns nicht zu einer laufenden Rechtsangelegenheit äußern." Böhmermann hatte das Gedicht, das diplomatische Verwicklungen mit der Türkei zur Folge hatte, Ende März 2016 in seiner Satiresendung "Neo Magazin Royale" vorgetragen.

    Dem "Tagesspiegel" zufolge wirft Böhmermanns Anwalt Schertz Bundeskanzlerin Merkel in einem Schreiben an das Kanzleramt, das der Zeitung nach deren Angaben vorliegt, vor, sie habe mit ihrer Kritik eine "juristische Bewertung des Werkes seines Mandanten vorgenommen, die einer Vorverurteilung gleichkommt".

    Klage gegen Merkel: Was Böhmermann fordert

    Dieses Verhalten sei rechtswidrig gewesen, weil Merkel für eine solche Einordnung nicht zuständig gewesen sei. Nach Einschätzung des Anwalts habe sie den Grundsatz der Gewaltenteilung verletzt. Er fordere binnen einer Woche eine Erklärung, wonach Merkel ihre Einschätzung in der Rückschau als rechtswidrig einstufen solle. Sonst werde er seinem Mandanten zur Klage raten. Merkel habe ihre Bewertung außerdem "ohne Kenntnis des vollständigen Sachverhalts vorgenommen", zitiert die Zeitung das Rechtsanwaltsschreiben. 

    Eine Auskunftsklage des "Tagesspiegels" gegen das Kanzleramt habe ergeben, dass sich die Kanzlerin zunächst nur über einen Online-Artikel über das "Schmähgedicht" informiert habe, der nur einen Ausschnitt des Beitrags gezeigt habe. dpa/sh

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden