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TV-Kritik: Unser Star für Oslo: Farbloses Finale

TV-Kritik

Unser Star für Oslo: Farbloses Finale

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    Lena Meyer-Landrut
    Lena Meyer-Landrut Foto: sei

    Ach, was war das aufregend. Das Finale von "Unser Star für Oslo", die Kür des deutschen Teilnehmers beim Eurovision Song Contest in Norwegen in der ARD, war das nervenaufreibende Ende einer ebenso bedeutsamen wie wochenlangen Suche nach einem Künstler, der die Republik in Skandinavien würdig vertreten kann.

    Das war zumindest das, was dem Zuschauer am Freitagabend etwas krampfig über 150 Minuten unter die Nase gerieben wurde. Ob das Publikum diese Botschaft geschluckt hat?

    Das Moderatoren-Duo Matthias Opdenhövel und Sabine Heinrich mühte sich jedenfalls nach Kräften. Heinrich kam vor lauter (echter) Aufregung gleich zu Beginn ins Stolpern und machte Stockholm kurzerhand zu Norwegens Hauptstadt. Doch den Wettstreit zwischen den Finalteilnehmerinnen Jennifer Braun oder Lena Meyer-Landrut zu einem mitreißenden Duell zu stilisieren, dafür reichte die anschließend eher herbeigeredete Aufregung nicht.

    Als Jennifer zum ersten Mal die Bühne betrat, war die Sendung bereits 30 Minuten alt und Einspieler, Show-Initiator Stefan Raab und die Jury (bestehend aus Stefanie Kloß von Silbermond und Popsänger Xavier Naidoo) hatten sich bereits bemüht, die bisherigen Leistungen der 18-Jährigen und die enorme Herausforderung des Final-Abends zu unterstreichen.

    Vielleicht mochte man all das nicht mehr glauben, weil sowohl Jennifer als auch Lena so unglaublich gute Sängerinnen sind - und das auch bisher in jeder Show gezeigt haben. Da war kaum ein schiefer Ton dabei, kaum eine schlechte Performance, warum sollte sich das ändern?

    Und natürlich tat es nicht: Mit beängstigender Sicherheit legte Jennifer den ersten Song des Abends, "Bee", hin. Eine fröhliche Popnummer, ohne erkennbare Schwächen gesungen, die "schöne Jury" (Heinrich) war zufrieden. Naja, vielleicht nicht ganz so sehr wie bei Lena, die den Song anschließend noch etwas ausdrucksstärker und eigenständiger darbot. "Ich glaube, dass die Leute dir das abkaufen, wenn man dich mit diesem Song nach Oslo schicken würde", fand Xavier Naidoo und lag richtig.

    Richtig gelegen hätte er damit aber auch bei Jennifers zweitem Auftritt mit "Satellite" - und für die schnellere Interpretation des Songs von Lena doch wieder einen neuen Superlativ finden müssen. "Bei dir ist neben der Musik immer noch Theater", stellte Stefan Raab treffend fest.

    Der sorgte übrigens im Vorfeld bereits dafür, dass sich in Oslo niemand blamiert, weil er einen peinlichen Song singt. Aus "300 bis 400 Liedern" hat der Showmaster Titel für die letzte Show auf dem Weg nach Norwegen ausgesucht, von denen die jungen Damen drei singen mussten: "I care for you" (Jennifer) und "Love me" (Lena) waren auch darunter, wurden von den jungen Damen aber selbst ausgewählt, weil sie vermeintlich am besten zu ihnen passen.

    Und Jennifer lag mit der Einschätzung richtig: Auch das Publikum wählte "I care for you" zu ihrem vermeintlichen Oslo-Song, bei Lena war es "Satellite". "Das ist geil", schrie Jennifer, Lena schien etwas bedröppelt. "Jetzt geht's ans Eingemachte", versuchte Sabine Heinrich die Spannung hochzuhalten.

    Das Studiopublikum war nach 105 Minuten Live-Show bereits müde. Song, Jurykommentare, nächster Song, nächste Statements - die Show blieb sich auch beim Finale treu. Jennifer setzte um 22.14 Uhr den musikalischen Schlusspunkt des Abends. Zeit für den Polizeiruf.

    Aber, ach, die Entscheidung stand ja noch aus. Wer wird denn nun unser Star für Oslo? Zeit, endlich Zeit für das "final judgement" (Opdenhövel). Und genau die spielte eigentlich gar keine Rolle mehr. Zu gut, vielleicht sogar zu ähnlich waren sich die beiden Kandidatinnen, als dass die Zuschauer echtes Herzblut in ihre Entscheidung hätten legen können oder wollen.

    Und kann eine Wahl aus gepflegter Gleichgültigkeit eine gute sein? Die Diktion der Sendung will es so: es ist keine schlechte. Dass Lena Meyer-Landrut nach Norwegen fährt, wird bis zum Finale am 29. Mai ebenso wenig kritisch diskutiert oder hinterfragt werden wie ihr Song ("Satellite"), den sie beim Eurovision Song Contest singen wird.

    "Man muss es mal wieder krachen lassen", sagte Raab in Anspielung auf eben jenen Abend. Mit "Unser Star für Oslo" ist es ihm über weite Strecken nicht gelungen.

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