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TV-Kritik: "Tschiller - Off Duty": Kritik zum Til-Schweiger-Tatort

TV-Kritik

"Tschiller - Off Duty": Kritik zum Til-Schweiger-Tatort

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    Til Schweiger im Einsatz: Eine Szene aus dem Tatort "Tschiller - Off Duty".
    Til Schweiger im Einsatz: Eine Szene aus dem Tatort "Tschiller - Off Duty". Foto: Warner Bros./Nik Konietzy, NDR

    Der Tatort ist in der Sommerpause. Seit dem Münchner Fall "Freies Land" ist die Saison 2017/18, die von Ende August bis Juni gelaufen war, zu Ende. Während der Sommerpause stehen wochenlang hauptsächlich Wiederholungen im Programm, wobei es dieses Jahr eine Ausnahme und Unterbrechung gibt: die TV-Ausstrahlung von Til Schweigers über zwei Stunden dauerndem Kino-Tatort mit dem Titel "Tschiller - Off Duty", der im Ersten lief.

    Handlung: Worum ging es im Schweiger-Tatort?

    Nach seinen Alleingängen im Zusammenhang mit dem Ausbruchsversuch seines Erzfeindes Firat Astan, der Ermordung seiner Exfrau Isabella Schoppenroth und einer aufsehenerregenden Geiselnahme wurde LKA-Ermittler Nick Tschiller (Til Schweiger) für eine Weile außer Dienst gesetzt. Er will die Zeit nutzen, um sich als nun alleinerziehender Vater endlich mehr um seine Tochter Lenny (Luna Schweiger) zu kümmern. Doch dann verschwindet diese.

    Tschillers loyaler Partner Yalcin Gümer (Fahri Yardim) kann Lennys Handy in Istanbul orten. Das Mädchen will in der Türkei wohl auf eigene Faust ihre Mutter rächen. Als Nick erfährt, dass auch noch sein Erzfeind aus dem türkischen Knast entkommen konnte, weiß er, dass seine Tochter in Gefahr ist. So muss er wieder das tun, was er am besten kann: Er greift zur Waffe...

    Trailer zum Tatort mit Til Schweiger

    Kritik: Hat sich der Tatort "Tschiller - Off Duty" gelohnt?

    In den seelischen Abgründen des Mannes schlummert er, der Macho. Einer wie Bruce Willis, der Amerika vor Finsterlingen rettet und zynische Sprüche reißt. Spätpubertär, aber legitim. Zumindest wenn es in ein raffiniertes Spannungskonzept eingebettet ist und der Film richtig teuer sein darf.

    Ein solcher Typ wäre Til Schweiger auch gern. Der Produzent, Regisseur, Schauspieler und Karrierehelfer seiner Töchter beweist das mit seinen Nick-Tschiller-Beiträgen zur „Tatort“-Reihe. Wie man sich als Action-Cop im Gegensatz zu Bruce Willis überheben kann, zeigte 2016 die Kinoversion „Tschiller – Off Duty“, die an den Kassen floppte. Aber da das in die Länge gezogene 130-Minuten-Teil schon mal da war, musste es gestern das Sommerloch im Ersten füllen. Auch wenn der Meister Schweiger mault und – wie im Kino – wenige Zuschauer erwartet.

    Was erwartete nun die Zuschauer von diesem Schweiger, dessen Stärke eher bei Komödien wie „Keinohrhasen“ oder der Geschichte eines Alzheimerkranken („Honig im Kopf“) liegt? Ein ziemlich sinnentleertes Action-Stück als TV-Premiere; ein Versuch, Hollywood nach Deutschland zu importieren; ein Kontrastprogramm zu den wie in Fließbandproduktion gedrehten Tatort-Flüchtlingsgeschichten. Tschiller reißt Wände ein, rast durch Straßenschluchten und tut das, was ein Mann glaubt tun zu müssen – die teilweise brutale Handlung hat dabei ihre Denkfehler. Zwar muss ein Action-Thriller nicht den Gesetzen der Logik folgen, dennoch stören die Ansätze zur Selbstjustiz, die Tschiller und Tochter Lenny (Luna Schweiger) verfolgen.

    Tschiller-Tatort: Je nach Sichtweise menschenverachtend oder lächerlich

    Die besorgt sich in Istanbul eine Waffe, um den Mörder ihrer Mutter zu erschießen. Prompt wird die 17-Jährige verschleppt und als Zwangsprostituierte nach Russland verhökert. Dass ihr Vater als Hobby-Chirurg am Ende seiner Tochter eine Bombe aus dem Leib schneidet, ist – je nach Sichtweise – der Gipfel der Menschenverachtung oder in aller Absurdität lächerlich.

    Til Schweiger im Einsatz: Eine Szene aus dem Tatort "Tschiller - Off Duty".
    Til Schweiger im Einsatz: Eine Szene aus dem Tatort "Tschiller - Off Duty". Foto: Warner Bros./Nik Konietzy, NDR

    So gesehen relativieren sich auch die Action-Szenen. Die Prügeleien und Fluchten über die Dächer von Istanbul sind eher gängige Kino-Schnittmuster. Da macht das russische Duell zwischen einem Lada und einem Mähdrescher schon mehr her. Und die Landmaschine auf dem Roten Platz abzustellen, scheint in Moskau das größte Verbrechen zu sein. Mit Ironie tut sich „Tschiller – Off Duty“ sowieso schwer.

    Noch eine Dialog-Kostprobe: Sagt der abgekämpfte Nick zu seinem Freund Yalcin: „Ich wollte dir mal sagen, dass ich dich lieb hab.“ Yalcin: „War das jetzt ein Heiratsantrag?“ Wer sagt denn, dass Action-Helden keine Gefühle haben?

    Kritiken und Quoten: So war die Resonanz der Tatort-Saison

    36 neue "Tatort"-Folgen gab es in der vergangenen Saison. Top-Quoten holten 2018 einmal mehr Münster und Köln. Aber auch inhaltlich war viel geboten. So gab es zum Beispiel einen Krimi, der sich um die Pornobranche drehte ("Hardcore" aus München, 8.10.), ein Aufarbeitungsversuch zur RAF ("Der rote Schatten" aus Stuttgart, 15.10.), einen Krimi um eine Partei nach Art der AfD ("Dunkle Zeit" aus Hamburg, mit Wotan Wilke Möhring, 17.12.), einen verrückten Film im Film im Film ("Meta" aus Berlin, 18.2.) sowie einen Thriller in Anlehnung an den realen Fall Bögerl mit Maria Furtwängler ("Der Fall Holdt", 5.11.), der wie der echte Fall von 2010 ungelöst blieb und damit manche Zuschauererwartung enttäuschte.

    Für Aufsehen sorgte im Herbst auch ein Film aus Bremen. Kommissar Stedefreund (Oliver Mommsen) war in der Folge "Zurück ins Licht" (22.10.) full frontal, wie es im Fachjargon heißt, also mit Penis nackt zu sehen. Das gab es vorher so noch nicht - zumindest bei keinem Hauptdarsteller der Reihe. Das Bremer Duo Lürsen/Stedefreund verabschiedet sich übrigens bald. 2019 ist Schluss.

    Außergewöhnlich waren auch ein übersinnlicher Gruselfilm aus Frankfurt ("Fürchte dich", 29.10.) sowie erneut ein Impro-Krimispiel mit Ulrike Folkerts ("Waldlust", 4.3.). Ein erster "Tatort" mit improvisierten Dialogen des Filmemachers Axel Ranisch wurde Anfang 2017 viel kritisiert, vor allem wegen beteiligter Laiendarsteller.

    Der Film "Babbeldasch" hatte auch ARD-intern Überlegungen über eine Experimentebeschränkung befördert, die dann aber im Dickicht der vielen beteiligten Anstalten unterging. Ranischs zweiter "Tatort" ohne Drehbuch kam bei Zuschauern und Kritik deutlich besser an.

    Highlight der Tatort-Saison: Ein Pinguin in der Rechtsmedizin bei Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Prof. Boerne (Jan Josef Liefers) in Münster.
    Highlight der Tatort-Saison: Ein Pinguin in der Rechtsmedizin bei Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Prof. Boerne (Jan Josef Liefers) in Münster. Foto: Thomas Kost/WDR/ARD (dpa)

    Folkerts Figur Lena Odenthal verlor diese Saison außerdem nach mehr als 20 Jahren und fast 60 Fällen ihren Kollegen Kopper. Er beendete nach einem rätselhaften und recht persönlichen Mafiafall (Titel "Kopper", 7.1.) den Polizeidienst und ging nach Italien. Schauspieler Andreas Hoppe machte kein Geheimnis daraus, dass er gerne an Bord geblieben wäre, sein Abgang also unfreiwillig war.

    Ein weiterer Abschied, ebenfalls nicht ganz im Frieden mit dem zuständigen Sender: Alwara Höfels gab in Dresden nach sechs Filmen ihre Rolle als Henni Sieland auf. Unter anderem ein "fehlender künstlerischer Konsens" führte dazu, wie sie es formulierte. Ein Online-Dating-Fall ("Wer jetzt allein ist", 21.5.) war ihr letzter. Und noch eine Ankündigung kam diese Saison heraus: In der Schweiz hören Flückiger und Ritschard auf (Stefan Gubser und Delia Mayer). Statt in Luzern soll bald in Zürich ermittelt werden.

    Wegen Sommerpause: Wiederholungen. Wie geht es beim Tatort weiter?

    15. Juli: "Tatort: Macht und Ohnmacht" (Wdh., München) 22. Juli: "Tatort: Taxi nach Leipzig" (Wdh., Kiel/Hannover) 29. Juli: "Tatort: Im Schmerz geboren" (Wdh., Wiesbaden) 05. August: "Tatort: Die Musik stirbt zuletzt" (Wdh., Luzern)

    (drs, rup, dpa)

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