Ein vergifteter Hund, Stasi-Seilschaften in Höchstform und ein Mann, der versehentlich mit seiner eigenen Tochter schläft: Der Bremer Tatort bohrte am Sonntag wieder einmal ein dickes Brett - und trug ein wenig zu dick auf.
Eine Frau liegt tot in ihrer Wohnung in Bremen. Alles deutet auf einen natürlichen Tod hin, als Kommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel) und ihr Kollege Stedefreund (Oliver Mommesen) die Räume betreten. Doch irgendetwas stimmt nicht. Und der neue Gerichtsmediziner findet - wenn auch widerwillig - heraus, was passiert ist: Die Rentnerin ist ermordet worden - mit einem kaum nachweisbaren Gift, das einst von der Stasi entwickelt wurde.
So beginnt der Bremer Tatort am Sonntag in der ARD. Doch was folgt, ist alles andere als klar. Denn die Drehbuchautoren Wilfried Huismann und Dagmar Gabler drehen für die aktuelle Tatort-Folge "Schlafende Hunde" am ganz großen Geschichts-Rad.
20 Jahre nach der Maueröffnung sind demnach immer noch alte Stasi-Seilschaften in Deutschland aktiv. Mittendrin: Der windige Geschäftsmann Heinz Rodenburg, überzeugend gespielt von Jürgen Prochnow, und der diabolische Stasi-Mann Schröder (Heinz Werner Kraehkamp), der sich mit Wanzen und Kameras seine kleine Ex-DDR erschaffen hat und heute eine Sicherheitsfirma leitet. 20 Milliarden haben die Geheimdienstler bei der Wende zur Seite geschafft, um ihre Macht zu sichern und ihrem üblen Treiben weiter nachgehen zu können.
Dass Schröder auch im Jahr 2010 noch fröhlich mit Giftstoffen hantiert, Partisanen in Südamerika mit Boden-Luft-Raketen versorgen lässt und zudem noch Kommissarin Lürsen mit ihrer linken Vergangenheit als ehemalige IM "Schneewitchen" in Verlegenheit bringt, ist für den Zuschauer in den 90 Tatort-Minuten allerdings nur schwer zu erfassen. Auch die Rolle der ermordeten Rentnerin wird erst nach und nach etwas klarer.
Viel zu viel haben Drehbuch und Regie in diesen Tatort gepackt: Eben jenen Unternehmer und linken Sympatisanten Rodenburg, der versehentlich mit seiner Tochter (gespielt von Laura Tonke) ein Verhältnis anfängt, die Stasi-Vergangenheit der Kommissarin, die Zweifel ihres Kollegen, die mysteriöser Staatsanwältin. Dazu einen kleiner Hund, der in der Wohnung von Kommissarin Lürsens vergiftet wird, die Milliarden, mit denen sich die Stasi nach der Wende die Weltherrschaft sichern wollte - und eine erstaunlich unspannende Verfolgungsfahrt.
Der böse Stasi-Mann findet letztlich sein verdientes Ende. Der perfide Mord an der Bremer Rentnerin auf der Rolltreppe ist geklärt. Rodenburg alias Jürgen Prochnow darf mit seiner Tochter reinen Tisch machen, und Kommissarin Lürsen und ihr Kollege haben sich auch wieder lieb.
Alles in allem ist dieser Tatort solide, zielstrebig und ohne Längen umgesetzt. Trotzdem bleibt der Zuschauer unbefriedigt zurück. Diesem Bremer Tatort hätte es gut getan, auf Ballast zu verzichten und sich auf die eigentliche Story zu konzentrieren. So unrealistisch sie in diesem Fall auch sein mag.
Manchmal ist weniger eben mehr. Sascha Borowski