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Südafrika: Oscar Pistorius wegen Totschlags zu sechs Jahren Haft verurteilt

Südafrika

Oscar Pistorius wegen Totschlags zu sechs Jahren Haft verurteilt

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    Pistorius ist wegen Totschlags an seiner Freundin verurteilt worden.
    Pistorius ist wegen Totschlags an seiner Freundin verurteilt worden. Foto: Marco Longari (dpa)

    Ein südafrikanisches Gericht hat den früheren Spitzensportler Oscar Pistorius wegen der tödlichen Schüsse auf seine Freundin zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Damit wich die zuständige Richterin Thokozile Masipa am Mittwoch in Pretoria erheblich von den gesetzlich vorgesehenen mindestens 15 Jahren ab. Sie betonte, dass die "mildernden Umstände schwerer wiegen als die belastenden Faktoren". Damit komme ein geringeres Strafmaß in Frage. 

    Verteidigung und Berufung konnten noch am Mittwoch Berufung einlegen. Die Verteidigung will jedoch nicht gegen die Entscheidung vorgehen, wie der örtliche Nachrichtensender eNCA berichtete. Der unterhalb der Knie amputierte Sportler hatte am Valentinstag 2013 seine damalige Freundin Reeva Steenkamp durch die geschlossene Toilettentür in seiner Villa erschossen. Der 29-Jährige beteuerte stets, Einbrecher dahinter vermutet zu haben. 

    Er war in erster Instanz wegen fahrlässiger Tötung zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein und erzielte Ende 2015 in zweiter Instanz eine Verurteilung wegen "Mordes", was im deutschen Rechtssystem dem Totschlag entspricht. 

    Richterin über Pistorius: "Er ist ein gefallener Held"

    Oscar Pistorius und Reeva Steenkamp bei einer Sport-Gala in Johannesburg.
    Oscar Pistorius und Reeva Steenkamp bei einer Sport-Gala in Johannesburg. Foto: Frennie Shivambu/Archiv (dpa)

    Der Paralympics-Star Pistorius galt in seiner Heimat als eine Art Volksheld. "Er ist ein gefallener Held, er hat seine Karriere verloren, er ist finanziell ruiniert", erklärte Masipa. Außerdem sei Pistorius ein Ersttäter. Es sei unwahrscheinlich, dass er noch einmal das Gesetz brechen werde. Masipa betonte auch, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass Pistorius und Steenkamp eine gewalttätige Beziehung führten.

    Pistorius hörte den Ausführungen der Richterin regungslos zu und blickte häufig auf den Fußboden. Er wirkte sichtlich angeschlagen, auch die Familie der Toten war im Gerichtssaal. Steenkamps Vater, Barry Steenkamp, hatte bei der Anhörung über der Strafmaß im Juni mit einer emotionalen Aussage gerührt. Er sprach unter Tränen über den Verlust seiner Tochter. Richterin Masipa erklärte, keine Entscheidung eines Gerichts könne der Familie Reeva zurückbringen. 

    Masipa folgte bei ihrer Entscheidung der Version der Verteidigung, dass Pistorius aus Angst um sein Leben schoss. Der 29-Jährige trug zum Tatzeitpunkt seine Prothesen nicht und habe sich daher verletzlich gefühlt. dpa

    Der Fall Pistorius - eine Chronologie

    14. Februar 2013: Steenkamps Leiche wird in Pistorius' Wohnung gefunden. Der Sportler hatte die 29-Jährige durch die geschlossene Toilettentür mit vier Schüssen aus einer seiner Schusswaffen getötet. Er wird festgenommen.

    15. Februar 2013: Bei einem ersten Gerichtstermin, bei dem Pistorius Mord an seiner Freundin zur Last gelegt wird, bestreitet er den Mordvorwurf.

    19. Februar 2013: Pistorius macht geltend, er habe hinter der Toilettentür einen Einbrecher vermutet und "furchtbare Angst" gehabt.

    22. Februar 2013: Pistorius wird gegen eine Kaution von umgerechnet 75.000 Euro freigelassen.

    März 2014: Zum Prozessauftakt sagt eine Zeugin aus, sie habe in der Tatnacht "schreckliche Schreie" einer Frau und Schüsse gehört. Pistorius übergibt sich bei der Verlesung des Autopsieberichts.

    April 2014: Pistorius beginnt seine Aussage mit einer Entschuldigung bei Steenkamps Familie. Immer wieder bricht er im Kreuzverhör in Tränen aus und verwickelt sich auch in Widersprüche.

    30. Juni 2014: Nach sechswöchiger Pause, in der sich Pistorius psychiatrischen Untersuchungen unterziehen muss, erklären drei Psychiater und ein Psychologe, dass der Angeklagte zur Tatzeit voll schuldfähig war.

    11. September 2014: Richterin Thokozile Masipa spricht Pistorius von den Vorwürfen des Mordes und des Totschlages frei.

    12. September 2014: Pistorius wird wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässigen Waffengebrauchs in einem Fall schuldig gesprochen.

    21. Oktober 2014: Das Strafmaß wird verkündet: maximal fünf Jahre Gefängnis. Pistorius muss seine Haft sofort antreten.

    10. Dezember 2014: Die Berufung wird zugelassen.

    19. Oktober 2015: Pistorius wird auf Bewährung und unter Auflagen vorzeitig aus der Haft in den Hausarrest entlassen.

    3. November 2015: Im Berufungsverfahren fordert die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung wegen Mordes

    3. Dezember 2015: Pistorius wird wegen Mordes schuldig gesprochen, der Fall wird an die Vorinstanz zurückverwiesen.

    3. März 2016: Das Verfassungsgericht weist eine Beschwerde des Sportlers gegen den Schuldspruch zurück.

    6. Juli 2016: Pistorius wird zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Er tritt seine Strafe sofort an. Sowohl Anklage als auch Verteidigung können Berufung gegen das Strafmaß einlegen.

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